Gärtner im Schafspelz

Bedersdorf · Auf dem Saargau weidet eine besondere Herde: Rund 230 Waldschafe, eine geschützte Rasse, hütet Schäferin Sigrid Jakobs. Die Wolligen machen sich nützlich – zurzeit in Bedersdorf, wo der Bärenklau wütet.

 Schäferin Sigrid Jakobs hütet rund 230 Waldschafe in der Herde der Naturlandstiftung Saar. Derzeit sind sie bei Bedersdorf auf dem Saargau unterwegs. Fotos: Thomas Seeber

Schäferin Sigrid Jakobs hütet rund 230 Waldschafe in der Herde der Naturlandstiftung Saar. Derzeit sind sie bei Bedersdorf auf dem Saargau unterwegs. Fotos: Thomas Seeber

"Mäh!" Das mit dem Blöken klappt schon gut - und das mit dem Laufen wird noch. Vorerst stakst das vorösterliche Lämmchen noch etwas unsicher hinter Mama her, schließlich ist es erst wenige Minuten alt. Die beiden können sich auf ihrer Weide in aller Ruhe beschnuppern - denn der Rest der Herde arbeitet sich voran. Drüben am Bach beugen sich unter Aufsicht von Schäferin Sigrid Jakobs und Hütehund Jule rund 230 Schafsköpfe über den Riesen-Bärenklau. Die Pflanze hat sich bei Bedersdorf zu einer Plage entwickelt - da kamen die Landschaftsgärtner im Schafspelz gerade recht. Ihr besonderer kulinarischer Job hat sich zufällig ergeben - und passt prima zu dieser Herde, die ohnehin einzigartig ist.

Die einzige große Waldschafherde des Saarlands ist seit einem knappen Jahr auf dem Saar-Gau zu Hause. Sie ist ein Projekt der Naturlandstiftung Saar (NLS), die unter anderem Weidewirtschaft mit alten, vom Aussterben bedrohten Haustierrassen betreibt - etwa mit Waldschafen. Es geht dabei nicht um ihr Fleisch, ihre Wolle oder ihre Milch, sondern um ihre Erhaltung - und um natürliche Landschaftspflege, wie das Ausrupfen des giftigen Bärenklaus.

Die Waldschafe- weiße und dunkle, mit Hörnern und ohne - zogen 2013 vom stiftungseigenen Hofgut Imsbach bei Tholey per Lastwagen auf den Gau - zum ersten Mal in freie Wildbahn. Das verdanken sie Sigrid Jakobs, denn ohne Schäfer wäre die Hütehaltung nicht möglich. "Das Ganze ist ein Versuch, aber wir sind positiv überrascht", sagt Eberhard Veith, Geschäftsführer der NLS, die das Projekt aus Landesmitteln finanziert. "Wir hatten das schon länger vor, haben aber keinen Schäfer gefunden." Dann kam Sigrid Jakobs, "und das war ein Glück". Denn die 47-Jährige übt nicht nur den selten gewordenen Beruf des Schäfers aus, sie lebt ihn auch.

Seltener Beruf als Berufung

Jeden Tag fährt die Losheimerin nach Bedersdorf zu ihren Tieren - Freizeit ist rar, Feiertage tabu. Sie steckt Weidezäune ab, kuriert kleine Schafswunden, entwurmt, säubert Hufe und hält die Herde zusammen, mit der sie umherzieht - egal, bei welchem Wetter. "Aber das wollte ich ja so. Das hier ist das, was ich immer machen wollte." Vor sechs Jahren beschloss die Verwaltungsangestellte und Mutter einer Tochter, umzusatteln. Vom Büro auf die Weide - nach zwei Jahren Ausbildung war sie soweit. Dann bekam sie die Stelle bei der Stiftung und ihre Herde - "das war wie ein Sechser im Lotto".

Während sie erzählt, mampfen die Schafe munter am Bärenklau. "Sie kamen für uns wie gerufen", sagt der Bedersdorfer Ortsvorsteher Alois Tasch. Die Schäferin und die Stiftung hatten spontan angeboten, die Pflanze per Schafs-Appetit zu bekämpfen. Für die Tiere ist der Bärenklau, der Menschen Brandblasen bescheren kann, ungefährlich. Und sie ersparen der Gemeinde Wallerfangen Aufwand und Personal in Zeiten knapper Kassen. Bis zum Sommer leisten die wolligen Landschaftspfleger dort noch unbürokratische Amtshilfe.

Dann ziehen sie wieder in ihr anderes Quartier im alten Steinbruch auf dem Oberfelsberger Sauberg, wo sie den Kalkstein vom Wucher befreien. Dabei kann dann auch das neue Lämmchen helfen, das bis dahin schon ein Halbstarker ist.

 Die großen und kleinen Schäfchen nagen gern am Bärenklau, der bei Menschen unangenehme Verbrennungen verursacht.

Die großen und kleinen Schäfchen nagen gern am Bärenklau, der bei Menschen unangenehme Verbrennungen verursacht.

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HintergrundDie Naturlandstiftung Saar (NLS) ist eine Stiftung des Bürgerlichen Rechts, die sich seit 1976 für Umweltschutz und Landschaftspflege im Saarland einsetzt. Sie wird gefördert vom Umweltministerium. Projekte sind unter anderem das Hofgut Imsbach in Tholey oder die Illrenaturierung bei Illingen. Im Kreis Saarlouis besitzt die Stiftung Flächen auf dem Saar-Gau, wo auch ökologische Ausgleichsmaßnahmen zum Industrieprojekt Lisdorfer Berg umgesetzt werden. keswww.nls-saar.de

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