Futterneid: Zoff in der Männer-WG
Neunkirchen. "Du bist ein Mädchen!" Carina Johann hat sich das kleine Erdmännchen genau angesehen und ist sich dann sicher. Noch zwei Mal wird die Tierärztin im Neunkircher Zoo "Mädchen" rufen, ein Mal auch "Junge". Denn jetzt war es Zeit, bei dem im April geborenen Nachwuchs das Geschlecht zu bestimmen
Neunkirchen. "Du bist ein Mädchen!" Carina Johann hat sich das kleine Erdmännchen genau angesehen und ist sich dann sicher. Noch zwei Mal wird die Tierärztin im Neunkircher Zoo "Mädchen" rufen, ein Mal auch "Junge". Denn jetzt war es Zeit, bei dem im April geborenen Nachwuchs das Geschlecht zu bestimmen. "Und bei der Gelegenheit bekommen die Kleinen gerade noch ihren Mikrochip verpasst", lacht die Tierärztin. Mit sicherem Handgriff unter die Haut an der linken Schulter. Gespeichert darin eine Identifikationsnummer. Seit einem Jahr ist Carina Johann (29) jetzt in Neunkirchen, kam aus der Stuttgarter Wilhelma. Und Erdmännchen gehören schon zu ihren Favoriten an ihrer neuen Wirkungsstätte: "Man versucht es sich zu verkneifen, bestimmte Tiere zu bevorzugen. Ich muss ja jedem gerecht werden. Aber es gibt schon Tiergruppen, die mir besonders nahe sind." Erdmännchen gehören dazu. Und die Elefanten: "Die beiden alten Damen Kirsty und Judy habe ich schon lieb gewonnen." Und die Giraffen: "Da war ich ja dabei, als Gerry, Nangila und Nuru zu uns nach Neunkirchen gekommen sind. Wenn ich da an den ganzen Schriftverkehr denke. Da wachsen einem die Tiere eben ans Herz."Bei den beiden Elefantendamen war Carina Johann an diesem Tag des SZ-Besuchs schon. Fußpflege war dran. Derzeit laboriert Kirsty an einem Riss im einem der vier Zehennägel am linken Hinterbein. "Bei solchen Verletzungen muss man schon aufpassen", sagt Carina Johann. Bei Kirsty schaut es aber ganz gut aus. Brav hat sie ihre Nägel gezeigt, bekommt zur Belohnung Möhrchen. "Kirsty ist der kommunikativste Elefant, den ich kenne", erklärt die Tierärztin, weil der 42-jährige Dickhäuter nahezu pausenlos Töne von sich gibt - mal das bekannte Töröö, mal mehr ein zartes Fiepen. Kirsty geht gern nach draußen, die alte Judy, schon 53, bleibt lieber drinnen: "Für Judy ist das nicht attraktiv", berichtet Carina Johann. "Aber wenn Kirsty zu lange draußen ist, ruft Judy, und Kirsty kommt rein."Der Arbeitstag der Zootierärztin hat wie immer um 8 Uhr begonnen. Erst mal ins Büro in der Zooschule, sich informieren, Schreibarbeit erledigen. "Planbar ist nicht alles, ich muss auf aktuelle Ereignisse eben aktuell reagieren." An diesem Tag wird sie erstmal Kotproben ins Labor schicken, die ein oder andere Probe auch selbst unterm Mikroskop untersuchen. Nach den Elefanten folgt ein kurzer Stopp bei Pascha, dem im Februar geborenen Kamelhengst: "Nach einem schwierigen Start ins Leben hat sich der Kleine inzwischen ganz gut rausgemacht."Der nächste Patient ist Samir, ein Affe aus der vierköpfigen Männer-WG bei den Hulmans. Im Streit um Rangordnung und Futter hat ihn ein Mitbewohner gebissen. Samir wurde operiert. Jetzt braucht der Affe in der Nachbehandlung Antibiotika. Carina Johann schießt den Wirkstoff mittels Blasrohr. "Mach die Po-Backen ein bisschen locker", versucht die Tierärztin Samir zu überreden, prallt sonst doch die Ladung ab. Aber Samir ziert sich heute. Drei Versuche sind diesmal nötig. Carina Johann hört, dass der Grüne Leguan - er hat gerade eine Parasitenbehandlung hinter sich - unter Appetitlosigkeit leidet. "Die können länger ohne Futter sein. Da mach ich mir erst ernsthaft Gedanken, wenn er mal vier Wochen nichts frisst", beruhigt die Veterinärin. Später wird sie noch die geplante Wurmkur bei den Lamas machen und - das ist wieder mal nicht geplant - einer Thüringer Waldziege das gerade gebrochene Bein eingipsen. In der provisorischen Krankenstation, wo auch der Medikamentenvorrat lagert. Auch hier müssen die Bestände geprüft und frühzeitig nachbestellt werden. Der Arbeitstag endet wie so oft nochmal im Büro: "Ich führe im Computer eine Kartei zu meinen Tieren." Und die will regelmäßig fortgeschrieben sein. An diesem Tag kann Carina Johann das Geschlecht der kleinen Erdmännchen eintragen: drei Mal "Mädchen" und ein Mal "Junge".
StichwortTierärzte verhüten, lindern und heilen Leiden und Krankheiten von Tieren. Sie tragen zur Erhaltung eines leistungsfähigen Tierbestandes bei, schützen den Menschen vor Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft. Tierärzte arbeiten in Tierarztpraxen und -kliniken, in Veterinärämtern, in tiermedizinischen und pharmazeutischen Forschungsinstituten oder auch in Zoos. Tiermedizin kann man an Universitäten oder tierärztlichen Hochschulen studieren. Quelle: Berufenet