Ex-Klinikchef wegen Nötigung verurteilt

Saarbrücken · Das Landgericht hat gestern einen Ex-Uniklinik-Professor und seine Sekretärin zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die beiden hatten von lebensbedrohlich erkrankten Kassenpatienten Geld für kurzfristige Operationstermine gefordert.

Um Bestechlichkeit, Nötigung und Steuerhinterziehung ist es gestern in einem Prozess vor dem Landgericht in Saarbrücken gegangen. Angeklagt waren ein ehemaliger Universitätsprofessor und Direktor an der Homburger Klinik für Chirurgie (54) und seine damalige Chefsekretärin (57). Der Professor wurde nach einer Verständigung im Strafprozess (Geständnis gegen Milde) zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie zu einer Geldbuße von 50 000 Euro an die Landeskasse und 2500 Euro an den Verein für Bewährungshilfe verurteilt. Die Sekretärin erhielt wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung sowie eine Geldbuße von 3000 Euro.

Der Professor brachte die illegalen Einnahmen an der Steuer vorbei in die Schweiz, wo er inzwischen eine neue Anstellung gefunden hat. Auf eigenen Antrag wurde er aus dem Beamtenverhältnis als Hochschullehrer entlassen. Den entstandenen Schaden habe er inzwischen wieder gutgemacht, hieß es. Die Sekretärin forderte demnach zwar Geld und nahm es in Briefumschlägen an, habe sich aber nicht persönlich bereichert.

Für Patienten ein Rettungsanker

Der Homburger Chirurg gilt als Kapazität auf seinem Gebiet. Er wagte sich an hoffnungslose Fälle, wo andere Ärzte und Kliniken keine Chancen mehr sahen. Damit war er für Patienten der letzte Rettungsanker. Als Klinikchef lag es in seinem Ermessen, welche Patienten er persönlich operierte und welche Operationen er den Oberärzten überließ. Dieses Ermessen ließ er sich vergolden. Zwischen 400 und 5000 Euro in 21 Fällen bezahlten Patienten für dringend notwendige Eingriffe. In zwei Fällen sah das Gericht sogar den Tatbestand der Nötigung als erfüllt an. Bei den Patienten wurde der Eindruck erweckt, nur er könne noch helfen. Es ging gewissermaßen um Geld oder Leben. Bei Nichtbehandlung durch ihn drohe ein ganz empfindliches Übel, eine Alternative - wie etwa Operation durch Oberärzte - wurde den schwerkranken Patienten nicht angeboten. Der Arzt erklärte, den Patienten mit seiner Vorgehensweise "etwas Gutes" getan zu haben. Er sei als Klinikchef berechtigt gewesen, Menschen privat zu behandeln und dafür Honorare zu berechnen.

Erste Hinweise auf die Straftaten kamen aus dem Bereich der Universität. Anfangs hatte man dort versucht, die Machenschaften zu vertuschen. Wegen Verdunklungsgefahr wurde die Sekretärin daraufhin für einige Wochen in Untersuchungshaft genommen. Als nach Bekanntgabe der Ermittlungen in der Saarbrücker Zeitung eine Serie von Anzeigen ehemaliger Patienten oder Hinterbliebener einging und Büro- und Hausdurchsuchungen stattfanden, legte der Chirurg ein umfassendes Geständnis ab und erstattete eine (allerdings wirkungslose) Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung.

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