Er bleibt ein Kind "seiner" Stadt

Ich hätte mir nie träumen lassen, eines Tages Bürgermeister von Ottweiler zu sein", hatte Hans-Heinrich Rödle gesagt, als er im August 1990 seine Antrittsrede in eben diesem Amt hielt

Ich hätte mir nie träumen lassen, eines Tages Bürgermeister von Ottweiler zu sein", hatte Hans-Heinrich Rödle gesagt, als er im August 1990 seine Antrittsrede in eben diesem Amt hielt. Gut 22 Jahre später stellt er nun fest: "Ich sage tschüss als Bürgermeister, als Bürger bleibe ich erhalten!" Der im Niedersächsischen (Hülsede bei Hannover) Aufgewachsene und beruflich zunächst am Rhein (Königswinter) Verortete, ist seit langem endgültig zum Saarland "übergelaufen" - samt Familie. So wird man den unübersehbaren 1,89-Meter-Mann auch künftig durch Ottweiler radeln sehen, wo er "immer wieder an Projekten vorbeikommt, an denen man selbst mitgewirkt hat".Dass er mit Erreichen der Altersgrenze von 68 Jahren in diesem Monat in den Ruhestand "komplimentiert" wird, schmeckt Rödle nicht so ganz. Er hätte gerne in seinem "sehr, sehr schönen Beruf" noch eine Weile für Ottweiler weitergearbeitet. "Ein bisschen Wehmut ist schon dabei", gesteht er. "Ich war gerne Bürgermeister." Das blieb er 22 Jahre in Ottweiler und schlug in dieser Zeit zwei Angebote anderer Städte aus. Allenfalls, wenn die SPD bei der Landtagswahl 1999 die politische Macht erhalten hätte, wäre er vielleicht abtrünnig geworden - als Staatssekretär in Saarbrücken.

Ottweiler zu einer "noch attraktiveren Stadt" zu machen, war ein klar postuliertes Ziel in der Antrittsrede des neuen Rathauschefs. Dafür steht optisch in erster Linie die neu gestaltete Innenstadt und deren Umfeld - für Rödle ein Schlüsselprojekt, das er gegen viele Widerstände durchgesetzt habe. "Ich habe der Stadtmitte ein neues Gesicht gegeben", nimmt er zu Recht für sich in Anspruch.

Auf der Erfolgsskala für mehr Lebensqualität unterstreicht der engagierte Atomgegner auch das Klimaschutzkonzept für Ottweiler als "Fahrplan in eine Zukunft als Null-Emissions-Stadt". Er führt an, dass mit den Bürgern aller vier dörflichen Stadtteile Dorfentwicklungspläne erarbeitet wurden. Vieles Weitere wäre zu erwähnen: etwa die neuen Baugebiete Betzelhübel, der beim Land erkämpfte Hochwasserschutz, der Ausbau von Schulen und Kindergärten - hier ist der scheidende Bürgermeister besonders stolz darauf, das die vom Bund geforderte 35-Prozent-Quote an Krippenplätzen im nächsten Jahr fristgerecht erreicht wird. Nicht zuletzt wäre da auch der Tourismus, angekurbelt unter anderem durch die "Auferstehung" historischer Persönlichkeiten und den Ausbau der Museums-Szene. Für seinen aufragenden Schlussakkord, einen Aussichtsturm auf dem Betzelhübel, konnte Rödle jetzt noch den Grundstein legen. Für das Projekt hatte er an seinem 65. Geburtstag knapp 16 000 Euro an Spenden eingeworben.

Die wie bei allen Kommunen klamme Ottweiler Stadtkasse konnte das natürlich nicht retten. Dennoch: "Der Spagat zwischen Investitionen und Ausgaben für die Unterhaltung sowie der Konsolidierung des Haushalts ist aus meiner Sicht gelungen", sagt der Verwaltungschef, auch mit Blick darauf, dass Ottweiler bei der Pro-Kopf-Verschuldung zur "besseren Hälfte" der saarländischen Gemeinden gehört.

"Ich werde das Gespräch mit Ihnen suchen", kündigte Hans-Heinrich Rödle den Ottweilern bei seiner Jungfernrede ebenfalls an. Der Dialog mit den Bürgern habe ihm ebenso am Herzen gelegen wie das Anliegen, "den Schwachen zu helfen", resümiert Rödle. Das hat ihm zwei überzeugende Wiederwahlen ins Amt durch die Bürger (2000 und 2008) eingebracht. Wenn auch seine bisweilen etwas patriarchalisch angehauchte Art der Amtsführung - von manchen Kritikern als Sturheit ausgelegt - zuletzt den Bürgerwillen falsch einschätzte. Rödles mit aller Überzeugungskraft verfochtener Plan, die leidige Verkehrsachse B 41 als Stadtkerntangente auf die Bahntrasse zu legen, ließen die Bürger bei einer Abstimmung durchfallen. Eine Niederlage, die er als Demokrat vorbehaltlos akzeptiert hat, die aber wohl noch eine Zeit lang an ihm nagen wird.

Jetzt schaut der Familienvater "mit Neugier" einer Lebensphase entgegen, in der er mehr Zeit für sich und seine Familie hat. Denn gerade die Familie - das sind seine Ehefrau Lore, seine Tochter Mira sowie seine Söhne Moritz, Tillman und Clemens - stehe bei ihm ganz oben und sei ihm immer "Motor und Antriebskraft" gewesen, betont Rödle. Sie war ihm auch Rückhalt, als ihn vor vier Jahren eine bedrohliche Gesundheitskrise lange außer Gefecht setzte - eine bakterielle Infektion nach einer Hüftgelenksoperation. Diese Krankheit hat der lebenslange Bartträger schadlos überstanden, wenn sie auch Anlass war, die geliebte Pfeife zur Seite zu legen.

Für das "Leben nach dem Bürgermeisterleben" hat sich der Rentner in spe Reisen, Radtouren, Gesundheitspflege oder auch Kochen mit Freunden vorgenommen. Daneben will er sein ehrenamtliches Engagement fortführen, etwa beim DRK, im Museumswesen und beim Schwesternverband. Als politischer Mensch können die SPD und die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik weiterhin mit ihm rechnen.

Mit dem Bewusstsein "Ich habe stets mit Hingabe und Leidenschaft für Ottweiler gearbeitet" verabschiedet sich Rödle und hofft, dass dies die Bürger genauso sehen. Seine feste Überzeugung: "Ottweiler ist eine Stadt, in der man prächtig leben kann!" Und deshalb bleibt er auch hier.

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