Eine Rechenaufgabe nach d'Hondt

St Wendel · „Es kommt auf jede Stimme an!“ Dieser Wahlaufruf ist eigentlich vor jeder Wahl zu lesen und zu hören. Und er stimmt. Das beweist beispielhaft das Ergebnis der Kreistagswahl im Landkreis St. Wendel. Drei Stimmen mehr für die Grünen haben den Ausschlag gegeben, dass die Partei mit einem Sitz im Kreistag vertreten ist. Die SZ erklärt, warum.

Direkt nach Schließung der Wahllokale am Sonntag, 25. Mai, haben die Helfer in den Wahllokalen die Stimmen ausgezählt und in die Rathäuser gemeldet. Von dort gingen die Ergebnisse ans Kreiswahlamt und die Landeswahlleiterin. Am Abend stand dann das vorläufige amtliche Endergebnis fest. Für die Grünen hieß das am Sonntagabend: 1580 Wähler haben für sie gestimmt.

Vorläufig heißt dieses Ergebnis deshalb, weil erst der Wahlausschuss tagen, über strittige Stimmzettel entscheiden muss und dann das amtliche Endergebnis feststellt. "Dabei verändert sich nach jeder Wahl das endgültige Ergebnis", weiß Manuela Kleinbauer, Sachbearbeiterin beim Kreiswahlamt in St. Wendel. So auch dieses Mal. Der Kreiswahlausschuss hat in seiner Sitzung über sechs umstrittene Stimmzettel abgestimmt und drei Stimmen nachträglich gültig für die Grünen gewertet (wir berichteten). Demnach haben 1583 Wähler für die Grünen gestimmt.

Mit der Folge, dass die SPD den sicher geglaubten zehnten Sitz im Kreistag verliert, der an die Grünen geht und diese nun doch mit einem Mandat im Kreistag vertreten sind. Dass dies so ist, hängt mit dem Auszählverfahren nach d'Hondt zusammen.

Für die aktuelle Kreistagswahl in St. Wendel zeigt dies die SZ-Grafik. In der obersten Zeile ist die Gesamtzahl der Stimmen zu sehen, die eine Partei erreicht hat. Für die CDU sind dies so 24 369 Stimmen, für die FDP zum Beispiel 612.

Diese Gesamtstimmen werden dann geteilt, zunächst durch 1, dann durch 2, 3, 4 und so weiter. Die 27 Sitze im Kreistag werden dann nach der jeweiligen Höchstzahl vergeben. Ganz klar, mit 24 369 bekommt die CDU den ersten Sitz. Die SPD folgt mit dem zweiten mit 15 819. Die CDU bekommt den dritten mit 12 184,50 (Teiler 2). Und so fort. Die Linken erhalten demnach den 19. Sitz, die AfD den 20. Spannend wird es beim Teiler 10. Da ist für die SPD 1581,90 ausgerechnet. Die Grünen aber kommen auf 1583. Das macht 1,1 mehr als bei der SPD . Damit fällt der 27. Sitz an die Grünen. Am Wahlabend sah das noch anders aus. Bei der SPD nach wie vor 1581,90, bei den Grünen aber 1580. Macht 1,9 mehr für die SPD , die damit den Sitz bekommen hätte. Hätten die Grünen nur zwei statt drei Stimmen mehr bekommen, also 1582, dann hätten sie mit einem Vorsprung von 0,1 den Sitz erobert.

Die SPD akzeptiert die Entscheidung des Kreiswahlausschusses nicht. Sie glaubt, dass der Ausschuss bei sechs umstrittenen Wahlzetteln falsch entschieden hat. Die Sozialdemokraten hatten deshalb eine erneute Sitzung des Wahlausschusses beantragt. Das hat Kreiswahlleiter Peter Dausend abgelehnt. Kreisvorsitzender Magnus Jung hat angekündigt, die Wahl anzufechten und die Kommunalaufsicht einzuschalten. Sollte die das Ergebnis bestätigen, dann bliebe für die SPD noch der Weg zum Verwaltungsgericht.

Keine Auswirkungen hat diese Auseinandersetzung auf die Machtverhältnisse im Kreistag. Die CDU hat mit 15 der 27 Sitze eine deutliche absolute Mehrheit. Mit großer Gelassenheit verfolge man eine mögliche Wahlanfechtung durch die SPD , schreibt der wiedergewählte CDU-Fraktionsvorsitzende Stefan Spaniol: "Unsere 15 Sitze und unsere gestaltende, absolute Mehrheit im Kreistag und in jedem Ausschuss stehen. Wir sehen der Frage, wie sich die zwölf Mandate der Opposition verteilen, völlig entspannt entgegen." Man biete den Oppositionsparteien eine vertrauensvolle Zusammenarbeit an.

Der neu gewählte Kreistag tritt erstmals am 9. Juli zusammen. Zuvor tagt der "alte" Kreistag letztmals am kommenden Montag, 16. Juni, 16 Uhr, im Landratsamt.

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