Ein Ort zum Gedenken an den Widerstand

Baltersweiler · In Baltersweiler wurde der Änne-Meier-Platz eingeweiht, einer von sieben Orten gegen das Vergessen im Kreis St. Wendel. Am Dorfgemeinschaftsplatz gelegen, lädt er zum Gedenken und Verweilen ein.

"Änne Meier war anders, sie ging ihren eigenen Weg", berichtet Margot Maier. Sie ist die Nichte von Änne Meier, die 1896 in Baltersweiler geboren wurde. Die strenggläubige Katholikin widerstand den Nationalsozialisten. Sie verweigerte zeitlebens den Hitler-Gruß und passte sich nicht dem Regime an.

Festnahme durch Gestapo

Darum wurde sie am 21. Januar 1942 von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) festgenommen und in der Saarbrücker Strafanstalt Lerchesflur für zehn Wochen in Einzelhaft gesteckt. Am 21. April wurde sie ins Frauenkonzentrationslager Ravensburg deportiert. Sie überlebte die Befreiung des KZ 1945 und schlug sich auf dem sogenannten Todesmarsch zurück in ihr Heimatdorf durch. Dort starb sie 1989 im hohen Alter.

Meier arbeitete als Lehrerin

Änne Meier war vom katholischen Glauben geprägt. Sie widmete ihr Leben der Hilfe von Familien, Kranken und Behinderten. Zwischen 1914 und 1917 bildete sie sich zur Lehrerin aus - einem Beruf, der für Frauen zur damaligen Zeit den Verzicht auf eine eigene Familie mit Kindern bedeutete. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kehrten viele Lehrer vom Feld zurück und sie musste aus dem Schuldienst aussteigen. Von 1919 bis 1921 studierte sie in Heidelberg Sozialpädagogik und wurde Fürsorgerin, dem Vorgängerberuf des heutigen Sozialarbeiters. In dieser Zeit kam sie in Kontakt mit der katholischen Sozialethik und schulte ihren ohnehin schon kritischen Geist. Sie engagierte sich überdies im Bund der katholischen Pfadfinderinnen.

Um 1930 widmete sich Änne Meier der Bekämpfung der Tuberkulose; damals eine unheilbare Krankheit. Sie legte Stammbäume der Erkrankten an, um mögliche Erbkrankheiten zu ermitteln. Für NS-Rassenforscher waren diese Daten von Interesse, könnten sie doch für die Brandmarkung körperlich und geistig geschädigter Menschen als "unwertes Leben" missbraucht werden. Meier weigerte sich trotz Androhungen standhaft, die Materialien ihren Vorgesetzten zu übergeben.

Schule gedenkt Meier

Die Baltersweiler Förderschule für Kinder und Jugendliche im Bereich geistiger Entwicklung beteiligt sich am Gedenken. Sie trägt seit 1996, dem Jahr in dem sie ihren 100. Geburtstag gefeiert hätte, den Namen Änne Meiers. Michael Sens, Rektor der Schule: "Wir haben im Unterricht den Fähigkeiten der Schüler gemäß das Leben von Änne Meier vermittelt und gemeinsam Lieder und einfache Texte geschrieben." An der Außenmauer der Schule wurde eine Tafel, gestaltet vom Adolf-Bender-Zentrums, mit dem Porträt Meiers angebracht. Norbert Jung, Beigeordneter in Namborn, bestätigte bei der Einweihung des Platzes den Plan der Gemeinde, dass Änne Meiers Grab, dessen Ruhefrist 2019 abläuft, nicht eingeebnet werden soll. Stattdessen soll eine Gedenkgrabstätte auf dem Friedhof entstehen.

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HintergrundÄnne Meier war Mitbegründerin des St. Wendeler Adolf-Bender-Zentrums (ABZ), das sich für demokratische Bildung einsetzt und das Projekt Orte gegen das Vergessen initiiert hat. Im Kreis St. Wendel werden insgesamt sieben dieser Orte errichtet. Laut Willi Portz, Geschäftsführer des ABZ, sollen die Plätze nicht nur dem Gedenken gewidmet sein, sondern auch zum Verweilen im alltäglichen Leben der Dorfgemeinschaft einladen. Die Gesamtkosten des Projekts von gut 100 000 Euro teilen sich die Kulturlandschaftsinitiative (Kulani) zu zwei und der Landkreis zu einem Drittel. ame

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