Ein Lächeln von Sarah vertreibt alle Sorgen

Brücken. Als Sarah zur Welt kam, kreisten unsere Gedanken immer um die gleichen, quälenden Fragen: Warum hat sie diese schlimmen Krampfanfälle, bei denen sie schrille Laute von sich gibt und ihr Körper zuckt? Warum wird sie nie sprechen, nie alleine essen, nie Fahrradfahren können? Unsere Tochter war erst 17, als sie Sarah zur Welt brachte

 Sarah braucht die Nähe ihrer Großeltern. Foto: SZ

Sarah braucht die Nähe ihrer Großeltern. Foto: SZ

Brücken. Als Sarah zur Welt kam, kreisten unsere Gedanken immer um die gleichen, quälenden Fragen: Warum hat sie diese schlimmen Krampfanfälle, bei denen sie schrille Laute von sich gibt und ihr Körper zuckt? Warum wird sie nie sprechen, nie alleine essen, nie Fahrradfahren können? Unsere Tochter war erst 17, als sie Sarah zur Welt brachte. Sie braucht Zeit für sich selbst, kümmert sich aber regelmäßig um Sarah. Die Frage, weshalb sie behindert ist, stellen wir uns nicht mehr. Wir lieben Sarah so, wie sie ist, und werden sie nicht mehr hergeben. Wenn sie morgens mit einem Lächeln im Gesicht aufwacht, sind wir glücklich und für den Tag gestärkt. Sarah liebt Tiere. Deshalb hat sie eine Reittherapie gemacht und dabei zum ersten Mal auf einem Pferd gesessen. Sie ist aufgeblüht, hat die ganze Zeit gegrinst und gebrabbelt. Solche schönen Erlebnisse halten wir auf Film fest.Am Anfang wussten wir nicht, ob wir es schaffen würden: Es gab Zeiten, in denen Sarah Tag und Nacht schrie. Wir haben im Wechsel rund um die Uhr auf sie aufgepasst. Inzwischen geht es Sarah besser, sind wir gelassen geworden. Aber es gibt nach wie vor Krisen und Operationen, die wir mit Sarah durchstehen müssen. Doch wenn einer von uns beiden nicht mehr kann, entlastet ihn der andere und baut ihn auf. Unsere alten Freunde haben wir verloren, sie melden sich einfach nicht mehr. Vielleicht haben sie Berührungsängste.Wir versuchen, es Sarah so schön wie möglich zu machen, etwa indem wir ihr Flötenmusik vorspielen, die sie sehr mag. Sarah hat es verdient, dass man ihr eine Freude macht. Schließlich wird sie nie das tun können, was andere Kinder tun.Eigene Pläne schmieden können wir nicht. Wir, aber auch unsere zwei Söhne (20 und 22 Jahre alt) müssen uns nach Sarah richten. Jeder Tag ist ein Überraschungspaket: Wenn es ihr nicht gut geht, braucht sie besonders viel Aufmerksamkeit und fordert dies schreiend ein.Wir sind selbstständig, bieten Kurierdienste an. Vormittags, wenn Sarah in der Schule ist, müssen wir uns auf die Arbeit konzentrieren. Zeit zum Abschalten bleibt da natürlich nicht. Doch wenn Sarah lächelt, sind alle Sorgen vergessen - so wie heute, als wir sie geduscht haben. Ihre Verkrampfung hat sich gelöst, ihr Körper war fast wie Gummi, ihre Augen leuchteten. Wir bekamen eine Gänsehaut. So fröhlich und entspannt war sie lange nicht mehr. Wenn wir auf die Zeit vor Sarah zurückblicken, merken wir, dass wir uns oft über Unwichtiges den Kopf zerbrochen haben. Inzwischen haben wir gelernt, worauf es wirklich ankommt, und wissen jede kostbare Kleinigkeit, jeden einzelnen Augenblick zu schätzen. "Inzwischen haben wir gelernt, worauf es wirklich ankommt."Sabine und Andreas Lautermann

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