„Drehpunkt-Ladys“ statt „Schlecker-Frauen“

Merchweiler · Fünf Mitarbeiterinnen der früheren Schlecker-Filiale in Merchweiler konnten gestern nach zwei Jahren an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren: Dank einer besonderen Initiative, durch die es im Ort jetzt wieder einen Drogeriemarkt gibt.

 Zuversichtliches Team in Grün: Jessica Bost, Therese Bradl, Anja Pink, Rosemarie Klein, Waltraud Lillig und die „Drehpunkt-Chefs“ Markus Metzger und Oliver Schäfer (von links). Foto: Andreas Engel

Zuversichtliches Team in Grün: Jessica Bost, Therese Bradl, Anja Pink, Rosemarie Klein, Waltraud Lillig und die „Drehpunkt-Chefs“ Markus Metzger und Oliver Schäfer (von links). Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

Deutschlandweit 25 000 Beschäftigte standen auf der Straße, als die Drogeriemarktkette Schlecker vor zwei Jahren Knall auf Fall sämtliche Filialen dicht machte. 281 "Schlecker-Frauen" waren im Saarland betroffen. Für viele war der Weg in die Arbeitslosigkeit unausweichlich.

Umso erwähnenswerter, dass gestern fünf von ihnen strahlend und auch sichtlich bewegt in hellgrünen Shirts im Merchweiler Illtal-Center standen. Hellgrün ist die Markenfarbe von "Meine Drogerie - Drehpunkt", die exakt dort, wo Schlecker die Pforten schloss am Donnerstag neu eröffnete. Und das Quintett um die frühere Schlecker-Filialeiterin Anja Pink wieder in Arbeit brachte.

"Das sind jetzt keine Schlecker-Frauen mehr, sondern Drehpunkt-Ladys", merkte Markus Metzger unter lebhaftem Beifall der großen Besucherschar an, die der Eröffnungszeremonie beiwohnte. Metzger und sein Kompagnon Oliver Schäfer sind die Garanten dafür, dass es in Merchweiler wieder einen Drogeriemarkt gibt. Sie betreiben seit neun Jahren im Illtal-Center eine Bäckerei- und eine Metzger-Theke und haben nun das unternehmerische Risiko für das neue Geschäft übernommen.

"Ein Drogeriemarkt hat gefehlt hier im Haus", sagt Markus Metzger zur SZ und fügt galant in Richtung seiner Mitarbeiterinnen hinzu: "Wir haben unsere Damen vermisst!" Oliver Schäfer meint scherzhaft mit Blick auf seinen Partner, der nicht nur so heißt, sondern auch den Beruf Metzger gelernt hat: "Warum sollten wir es nicht wie Anton Schlecker machen, der war auch Metzger!"

Ausgangspunkt für die gelungene Wiederbelebung waren seit gut einem Jahr Bemühungen der Gewerkschaft Verdi. Deren saarländischer Fachsekretär Alex Sauer wusste, dass es ein aus der Gewerkschaft hervorgegangenes "Netzwerk Drehpunkt" gibt, das im wahrsten Sinne des Wortes das Schicksal ehemaliger Schlecker-Mitarbeiterinnen drehen will. Inzwischen seien acht "Drehpunkt"-Drogerien in Baden-Württemberg installiert worden, eine in Bayern, berichtet der aus Stuttgart angereiste Netzwerk-Vertreter Ulrich Neumann. Und nun Merchweiler als Premiere im Saarland. Das Netzwerk unterstütze seine Drogerien beim Waren-Management und beim Marketing.

Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger, die ebenfalls zur Eröffnung gekommen war, hielt mit Blick auf das bittere Schicksal vieler Schlecker-Leute fest: "Wir haben hier eine herausragende Antwort auf die Frage: Was können wir außer Solidarität und Mitgefühl sonst noch tun?" Rehlingers Ministerium war von Verdi, DGB und den beiden Investoren ebenso eingebunden worden wie die Sparkasse Neunkirchen, die grünes Licht für die Anschubfinanzierung gab. "Wir haben den ganzen Apparat angeworfen", meinte denn auch der saarländische DGB-Chef Eugen Roth - sichtlich zufrieden, dass dieser Coup in seinem Heimatort gelang. Er sieht den Namen des Standorts, "Vier Eichen" - Nachfolger für die ehemaligen großen Eichen, die hier standen, sollen wieder aufgepäppelt werden - als gutes Omen: "Eichen sind nicht umzubringen!"

Rhythmischen Beifall erntete die DGB-Kreisvorsitzende Eva Weisgerber mit ihrem Kompliment an alle Unterstützer: "Ohne euch wäre das hier so nicht gelaufen!" Weisgerber hatte zu Beginn der kleinen Zeremonie neben zahlreichen Merchweiler Bürgerinnen und Bürgern unter anderem auch Bürgermeister Walter Dietz und Ortsvorsteher Jürgen Groß begrüßt, ebenso wie eine Reihe weiterer Kommunalpolitiker sowie Vertreter von Gewerkschaft, Arbeitsagentur und Sparkasse.

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