Dirigent voller Elan

Saarbrücken · Bei den Sängern genießt er bereits großen Rückhalt: Der 27-jährige Matthias Rajczyk hat im Januar den Taktstock beim Saarknappenchor übernommen. Mitgebracht hat er Können und frischen Wind.

 Matthias Rajczyk in der Saarknappenchor-Uniform. Foto: A. Karger

Matthias Rajczyk in der Saarknappenchor-Uniform. Foto: A. Karger

Foto: A. Karger

Der Saarknappenchor, ein Bergbauchor ohne Bergbau. Ein Verein trauriger alter Männer, die "Glück auf" singen? Mitnichten: Weltweit konzertiert der Saarknappenchor seit seiner Gründung 1948. CD-Aufnahmen, Fernsehauftritte, Preise und ein bewunderungswürdiger Erneuerungswille zeichnen diesen "Botschafter des Saarlandes" aus. Junge Dirigenten zu verpflichten, die voller Elan am Beginn ihrer Karriere eine Wegmarke setzen wollen, kommt dem großen Ehrgeiz der Chorsänger entgegen. Matthias Rajczyk, 1987 in Bunzlau/Polen geboren und in Homburg aufgewachsen, übernahm im Januar dieses Jahres den Taktstock von Vorgänger von Joachim Oehm, der aus gesundheitlichen Gründen ausschied.

Rajczyk begann mit acht Jahren das Klavierspiel, kam mit 15 zu Orgel und Kirchenmusik, studierte aus Freude am Unterrichten aber Schulmusik (Klavier und Gesang) und Theologie. Mit 17 leitete er seinen ersten Chor, heute studiert er an der Hochschule für Musik Saar bei Georg Grün Chorleitung und bildet selbst im Saarländischen Chorverband Chorleiter aus. Auch andere saarländische Chöre hören auf sein Kommando, und als Tenor ist Rajczyk ein gefragter Solist. Das alles will organisiert sein. Hilfe erhält er unter anderem vom ersten Vorsitzenden und ehemaligen Bergmann Walter Engel, der sein Leben in den Dienst des Saarknappenchors gestellt hat.

Zur Bewerbungsprobe als Leiter des Saarknappenchors brachte Rajczyk ein zeitgenössisches geistliches Chorstück mit, das die Saarknappen mit dem Vorgänger auch schon aufgeführt hatten. Es habe sofort gepasst, "wahnsinnig gutes Material, phantastische Stimmen", eine spürbare Lust des Chores, "neue Klangfarben zu produzieren, neue Wege zu gehen", so Rajczyk. Die "alten Männer" gaben ihre positive Rückmeldung über sms und facebook.

Hoch ist der Anspruch an die Qualität auch künftiger Mitglieder, die nicht nur vorsingen, sondern sich nach dreimonatiger Probezeit noch einer Prüfung stellen müssen. Das hohe Niveau bringe die Sänger dazu, weite Wege auf sich zu nehmen, um zwei Mal pro Woche zu proben. Frischen Wind brauche es, um "nicht von jungen Ensembles von rechts überholt zu werden", so Rajczyk. Er sieht sich als Experten, dem ein hochwertiges Instrument - der Chor - anvertraut werde, um achtsam damit umzugehen. Mit der falschen Arbeit könne man die Leute nachhaltig schädigen. Physiologische Zusammenhänge zu kennen, die Begrifflichkeiten zu klären, sei unabdingbar. Den eigenen Bewegungsapparat kennenzulernen, halfen ihm Ausbilder Jan Brögger und der Neunkircher Frauenchor: "Mir wurde klar, dass jede Bewegung eine Auswirkung hat, ich vorne so stehen muss, wie es klingen soll." Aufrecht und geerdet steht er - für einen pompösen Klang, mit der Körpersprache eine "Assoziation von Schwere erzeugend". Rajczyk möchte den Chor kein "Best of" singen lassen oder einen "Knaller nach dem anderen, der das Publikum mitreißt", sondern durch Auswahl und Anordnung der Stücke die Zuhörer auf eine Reise mitnehmen und eine Geschichte erzählen. Gerade Vokalmusik eigne sich für solche Dramaturgie. Die Geschichte des Bergbaus im Saarland lasse sich anhand von Liedgut erzählen. Und: Dem Ende des Bergbaus im Saarland wäre noch eine Neukomposition zu widmen.

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