Die Kunst des gesteuerten Zufalls

Jägersburg · Zufall ist hier nicht gleich Zufall: Mit Wachs beeinflusst Birgitta Hüttermann das Ergebnis ihrer Stoffarbeiten und zwingt somit das Chaos in eine gewisse Ordnung. Die streng rechteckigen Kunstwerke sind jetzt in der Gustavsburg zu sehen.

 Noch bis zum kommenden Sonntag, 13. Juli, sind im großen Saal der Jägersburger Gustavsburg Arbeiten der in Homburg lebenden Textilkünstlerin Birgitta Hüttermann zu sehen. Foto: Thorsten Wolf

Noch bis zum kommenden Sonntag, 13. Juli, sind im großen Saal der Jägersburger Gustavsburg Arbeiten der in Homburg lebenden Textilkünstlerin Birgitta Hüttermann zu sehen. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Die Jägersburger Gustavsburg ist eigentlich immer einen Abstecher wert. In diesen Tagen und noch bis zum kommenden Sonntag wird diese Wertigkeit aber um ein respektables Maß gesteigert: Der Heimat- und Verkehrsverein Jägersburg präsentiert im großen Saal des historischen Baus eine Ausstellung der Textilkünstlerin Birgitta Hüttermann.

Nach der Vernissage am vorigen Freitag nahm sich die in Homburg lebende Künstlerin am Dienstag für unsere Zeitung Zeit, um ein bisschen über das zu erzählen, was sie in Stoff und Wachs Wirklichkeit werden lässt. Und schon zu Beginn des kurzen Interviews wurde schnell klar: Hüttermann ist auf erfrischende Weise uneitel, ohne dabei ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. Dies bewies schon ihre Antwort auf die Frage, ob ihre Objekte eher der Kunst oder dem Kunsthandwerk zuzuordnen seien. "Es ist mir eigentlich egal, wie man das Kind nennt. Ich hab mit dem Begriff Kunsthandwerk kein Problem."

Wer Hüttermanns textile Wandobjekte allerdings eingehend betrachtet, der wird eher dazu tendieren, die Werke als Kunst zu bezeichnen. Plastisch herausgearbeitet, wunderbar in Sekundär-Materialien wie Pappe und Holz gefasst, sprechen ihre aus Textilien und Wachs geschaffenen Objekte - immer im klaren Rechteck gefasst - eine wunderbar entschleunigende Formensprache. Und sie zeigen, dass sich Hüttermann von ihren Wurzeln in der Batik aus seit den 1970er Jahren in einer beeindruckenden und einzigartigen Art weiterentwickelt hat. "Irgendwann ist mir die klassische Batik zu langweilig geworden", erzählte die gelernte Buchhändlerin Hüttermann am Dienstag. "Aber die charakteristischen Brüche als Teil der Batik, dort ein Produkt des Zufalls, haben mich immer schon fasziniert." In einem Prozess gelang es Hüttermann, diese Brüche als grafisches Element bewusster zu nutzen, "ich nenne das einen gesteuerten Zufall". Mit der Wahl des entsprechenden Wachses steuere sie zudem den Gestaltungsprozess. "So fing es an mit der Abstraktion und der Monochromie."

Von dort aus zum aktuellen Erscheinungsbild von Hüttermanns Arbeiten war noch ein weiterer Schritt nötig: Das Wachs in den bearbeiteten Textilien zu belassen, anstatt es nach dem Färben, wie bei der klassischen Wachs-Batik üblich, wieder zu entfernen. Doch mit diesem Kniff ist es nicht getan, auch der Präsentation der Wachs-Textil-Objekte lässt Hüttermann große Aufmerksamkeit zu kommen. "Die einzelnen Wachsbänder werden in einem ersten Schritt auf Buchbinderpappe montiert. Und diese Pappe wiederum kommt zusätzlich auf Holz. Ich achte also schon darauf, dass die Arbeit insgesamt ein Objekt ergibt."

Mit weiteren Arbeitsschritten gibt Hüttermann ihren Objekten zusätzliche Charakteristika. Dass ihre aktuellen Arbeiten immer auch dem Rechteck huldigten, sei auch dem Wesen der Arbeiten verbunden. "Die Objekte haben zum Teil ja schon einen meditativen Aspekt, es sind ruhige Sachen." Doch nicht nur Arbeiten, die ihre Wurzeln in der Batik haben, zeigt Hüttermann in Jägersburg: "Zettelchen", nennt sie Objekte, die Stoff und Wachs in direkter und formgebenden Art miteinander verbinden.

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Auf einen Blick Noch bis zum kommenden Sonntag, 13. Juli, präsentiert der Heimat- und Verkehrsverein Jägersburg im Saal der Gustavsburg eine Ausstellung der in Homburg lebenden Textilkünstlerin Birgitta Hüttermann. Zu sehen sind künstlerische Objekte in Textil, Wachs und Farbe. Die Öffnungszeiten: werktags ab 15 Uhr und sonntags ab 11 Uhr jeweils bis 19 Uhr. thw

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