Dem Altern den Kampf angesagt

Wemmetsweiler · Was passiert, wenn ein Mann in den Ruhestand versetzt wird und dann noch mit ansehen muss, wie seine Frau mit einem jüngeren Liebhaber durchbrennt? Die Antwort gab's beim Theaterverein Wemmetsweiler.

 Madame Robert (Martina Zimmer, links) ist besorgt: Maxime und Alexandra (Gerd Kessler, Heike Cupelli) wirken nach einem Tennis-Match wie erschlagen. Foto: Anika Meyer

Madame Robert (Martina Zimmer, links) ist besorgt: Maxime und Alexandra (Gerd Kessler, Heike Cupelli) wirken nach einem Tennis-Match wie erschlagen. Foto: Anika Meyer

Foto: Anika Meyer

Ist man ehrlich, verfolgt oder erwartet wohl fast jeder das eigene Altern mit einem gewissen Missmut. So war es alles andere als schwierig, sich in die Lage des Maxime, gespielt von Gerd Kessler, hinein zu versetzen. Die Hauptfigur des am Sonntag vom Theaterverein Wemmetsweiler aufgeführten Stückes "Lifting" (Pierre Chesnot) fühlt sich auf das Abstellgleis des Alters geschoben und ist mehr als schlecht gelaunt. Zwangsversetzt in den Ruhestand muss er auch noch zusehen, wie seine Frau Juliette (Monika Riefer) mit ihrem fünfzehn Jahre jüngeren Geliebten davonbraust. Und der ist auch noch braun gebrannt und sportlich. "Und er sitzt in meinem Auto!", stellt Maxime entsetzt fest. "Nur die Frau neben ihm, die ist wenigstens alt."

Die elegante Haushälterin Madame Robert (Martina Zimmer) und eine Gartenschere, angeschafft in Erwartung eines aufgabenlosen Rentnerdaseins, sind seine einzigen Begleiterinnen, als Maxime ein Haus am Meer bezieht. Urkomisch und sympathisch gibt Kessler den in Selbstmitleid versunkenen Grantler, über den sich das Publikum köstlich amüsierte. Doch Maximes Stimmungstief weicht bald wahren Höhenflügen: Dr. Ferenbach von der nahen Schönheitsklinik nimmt sich seiner an - zieht, zupft und sticht und entlässt einen völlig neuen Menschen: Gejohle und Applaus, als Kessler mit üppiger Lockenperücke und rosigen Wangen, mit lässig über die Schultern geworfenem Pulli auf der Bühne erscheint.

Das Rathaus Wemmetsweiler war gut gefüllt, die leichte Unterhaltungskomödie kam bestens an. Sehr stimmungsvoll: Zwischen den Szenen schlenderte eine Akkordeon-Spielerin durch die Kulisse und spielte französische Melodien. "Die Pausen müssen überbrückt werden und da hat sich das zufällig ergeben", verriet Kessler. Dabei sei Maike Puhl vom Verein für einen ursprünglich engagierten Musiker eingesprungen. Beim Bühnenbild hat man sich größte Mühe gegeben: Gespielt wird auf drei Ebenen und so mussten eine untere und eine obere Terrasse sowie ein Balkon errichtet werden. Bäume, Blumen und Efeuranken lassen das Haus am Meer zu einem lauschigen Plätzchen werden.

Dort fühlt sich alsbald Nachbarin Alexandra (Heike Cupelli) außerordentlich wohl. "Sehr beruhigend, einen jungen Mann in der Nähe zu haben!", flirtet sie Maxime an. "Wir hatten ja schon länger die hochgezogenen Jalousien bemerkt, anfangs aber nur einen ganz alten Mann gesehen!" Was Maxime nicht weiß: Auch Alexandra ist geliftet. Ein äußerst vergnüglicher Wechsel von Flunkereien und Ausflüchten, bei dem jeder versucht, sein Lifting und sein wahres Alter geheim zu halten, entspinnt sich gleichzeitig mit einer leidenschaftlichen Affäre zwischen beiden. Taucht Juliette auf, gibt Maxime, um ihre Eifersucht nicht zu schüren, wieder den alten Mann. Taucht Alexandras Tochter (Lisa Jochum) auf, wird sie als jüngere Schwester ausgegeben. Während die Verliebten sich beim Tanzen, Schwimmen und Tennis gegenseitig ihren jugendlichen Elan zu beweisen versuchen und dabei Hitzewallungen, beziehungsweise einen Hexenschuss und sogar ein Beinahe-Ertrinken erleiden, sorgt Alexandras dementer Vater (Martin König) mit seinen Ansprachen für die komischsten Irritationen. Doch irgendwann, so viel sei verraten, pocht das Alter auf sein Recht.

Dagmar Spaniol war eine der Zuschauerinnen, die den Verein zum ersten Mal in Aktion sahen: "Ganz toll! Herzerfrischend und wie aus dem Leben gegriffen!" Ursula Oswald hat "Lifting" bei einer früheren Aufführung vor neun Jahren schon einmal gesehen: "Es ist ein reines Unterhaltungsstück, aber sehr gut gemacht!"

Weitere Aufführungen: Samstag, 29. März, und Sonntag, 30. März, jeweils um 20 Uhr im Rathaus Wemmetsweiler. Karten gibt es bei Schreibwaren Peter (Wemmetsweiler) und Schreibwaren Weis (Merchweiler). Reservierung und Infos unter Telefon (0 68 56) 89 29 34 oder per E-Mail an Fidelitas1905@aol.com.

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Auf einen BlickMitwirkende: Gerd Kessler (Regie, Maxime), Heike Cupelli (Alexandra), Martina Zimmer (Madame Robert), Patrick Leonhardt (Dr. Ferenbach), Monika Riefer (Juliette), Martin König (Vater von Alexandra), Lisa Jochum (Tochter von Alexandra), Maike Puhl (Akkordeon). ani

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