„Das ist eine historische Chance“

Saarbrücken · Das Saarland steckt in der Klemme: Es gibt mehr aus, als es einnimmt, viele Kommunen sind hochverschuldet. Um die Überlebensfähigkeit des Landes zu sichern, hat die Zukunftsinitiative Saar einige radikale Vorschläge parat – und mahnt die Landesregierung, auch vor der „gesetzlichen Keule“ nicht zurückzuschrecken.

 Kämpfen für die Eigenständigkeit des Landes: Martin Lindemann, Christiane Krajewski, Kurt Bohr und Hanspeter Georgi von der Zukunftsinitiative Saar. Foto: Oliver Dietze

Kämpfen für die Eigenständigkeit des Landes: Martin Lindemann, Christiane Krajewski, Kurt Bohr und Hanspeter Georgi von der Zukunftsinitiative Saar. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Die CDU/SPD-Landesregierung hat dem Saarland einen harten Sparkurs verschrieben, um die Schuldenbremse einhalten zu können - aus Sicht der Zukunftsinitiative Saar (ZIS) jedoch nicht hart genug. "Wir sind noch lange nicht am Ziel", warnt Hanspeter Georgi, Ex-CDU-Wirtschaftsminister und Mitglied des "Lenkungsausschusses" der ZIS. Damit das Saarland bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen kann, müsse deutlich mehr geschehen - und das in schnellerem Tempo.

Die ZIS ist eine Bürgerinitiative, die 2011 ins Leben gerufen wurde - damals von rund 40 Unterstützern, heute sind es 285. Ein überparteiliches Bündnis, das sich für die Eigenständigkeit des Saarlands einsetzt und mehrere Ex-Landespolitiker versammelt. Im SZ-Redaktionsgespräch stellten Georgi, Ex-Finanzministerin Christiane Krajewski, Ex-Staatskanzleichef Kurt Bohr (beide SPD) und der Wirtschaftsingenieur Martin Lindemann (ZF) das neue Manifest der Initiative vor. Bereits vor drei Jahren hatte die ZIS ein Manifest mit drastischen Sparvorschlägen präsentiert - im Kern sind ihre Forderungen die Gleichen geblieben. Die Verwaltungsstrukturen müssen verschlankt, die Hochschulen reformiert und die Sparkassen mit der Saar-LB fusioniert werden. Allerdings haben sie nun die Kommunen stärker in den Blick genommen.

"Es ist albern, was für konkurrierende Strukturen in den Kommunen aufrecht erhalten werden", sagt Krajewski - etwa bei der Müllentsorgung, den Bauhöfen, aber auch bei Schwimmbädern und Veranstaltungshallen. Hier müsse das Land stärker eingreifen, einen Landesentwicklungsplan aufstellen und den Kommunen vorgeben, wo was benötigt wird. Außerdem müsse es Anreize setzen, damit sich kleinere Kommunen zusammenschlössen. "Es muss ja keine Gebietsreform im Ganzen sein, aber wir brauchen eine stärkere Bündelung", sagt Krajewski. Ihr Mitstreiter Georgi geht einen Schritt weiter: "Wenn sich die Kommunen nicht freiwillig zusammenschließen, braucht es eben die gesetzliche Keule." Sprich, das Land solle die Kommunen zur Gebietsreform zwingen. Eine weitere Forderung der ZIS: Die Schuldenbremse müsse auch für die Kommunen gelten. Die Kommunalaufsicht sei in der Vergangenheit bei der Genehmigung der Haushalte recht großzügig gewesen, sagt Bohr: "Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden bald alle Kommunen überschuldet sein." Da sei der Kommunale Entlastungsfonds "nur ein Tropfen auf den heißen Stein".

Bei all dem solle das Land mit gutem Beispiel vorangehen, fordern die Ex-Politiker. Statt der geplanten 2400 Stellen sollten 4000 Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut werden. Wo genau dies geschehen soll, dazu äußern sie sich nicht. So weit wollten sie der Landesregierung nicht vorgreifen.

Stellenabbau, Einsparungen, Gebietsreform - mit diesen Themen lassen sich schwerlich Wähler gewinnen. Das ist den ZIS-Unterstützern bewusst, deshalb sehen sie jetzt auch "eine historische Chance", wie Georgi sagt. Nun - wo beide großen Volksparteien an der Regierung sind und nicht eine allein die Verantwortung übernehmen müsste - müsse der Umbau des Landes vorangetrieben werden. Doch Georgi betont auch: "Ohne Altschuldenfonds wird's nicht gehen."

Die ZIS werde sich weiterhin für die Konsolidierung des Landes einsetzen. "Durch uns wurde die Eigenständigkeit des Landes überhaupt wieder zum Thema", betont Krajewski. Und einige ihrer Ideen, die sie hinter verschlossenen Türen mit den Regierungsvertretern besprechen, fänden sich in mancher Regierungserklärung wieder.

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