Das Echo der Erinnerung

Bosen · In ihrem Bosener Manifest hat sich die Arbeitsgemeinschaft für rhein- und moselfränkische Mundart – Bosener Gruppe – zum Ziel gesetzt, die Mundarten der Region in ihrer Schönheit darzustellen. Als Konsequenz hieraus soll die Regionalsprache als Möglichkeit einer anspruchsvollen literarischen Gestaltungsform präsentiert werden. Dazu wird einmal im Monat ein Text interpretiert.

 Ursula Kerber Foto: bosener gruppe

Ursula Kerber Foto: bosener gruppe

Foto: bosener gruppe

Das Gedicht "Em alten Haus" der saarländischen Autorin Ursula Kerber ist Mundarttext des Monats im Oktober, darauf hat sich das Kolloquium der Bosener Gruppe auf seiner letzten Tagung geeinigt. Dieser Text wurde ausgesucht, so Karin Klee, Autorin und eine Sprecherin der Gruppe, weil Ursula Kerber darin wie nebenbei einige ganz fundamentale Einsichten über das, was ein Menschenleben ausmacht, mit poetischer Strahlkraft versieht.

Zu dem ausgesuchten Text schreibt der Autor und Sprecher der Bosener Gruppe Peter Eckert: Wenige "Sachen" sind so sehr mit den Zyklen eines Menschenlebens verknüpft wie das Haus, in dem dieses Leben gelebt wird. Als stabiler Lebensmittelpunkt sieht es seine Bewohner kommen und gehen. Fast wird es darüber selbst so etwas wie ein Lebewesen. Wie oft mag das Haus, von dem Ursula Kerber spricht, dieses Kommen und Gehen schon erlebt haben? Einst war es fast zu klein für all das lebendige Treiben seiner Bewohner, nun scheint es, obwohl selbst unverändert, viel zu groß. Nach und nach sind fast alle Bewohner fortgegangen, ihre Zimmer "fallen in Ruhe". Geblieben sind Spuren gelebten Lebens; noch immer wohnt es in allen Winkeln. Seine Stimmen flüstern zuweilen Antworten auf Selbstgespräche der verbliebenen Bewohner. Aber auch sie ziehen sich zurück auf den kleinen Raum, den sie für sich und ihre Erinnerungen noch brauchen.

Vordergründig scheint Ursula Kerber nur unspektakuläre Szenen aus einem ganz normalen Menschenleben zu skizzieren. Aber die Art, wie sie sich ausdrückt, macht aus Alltäglichem berührende poetische Bilder.

Meinung:

Em alten Haus

Von Ursula Kerber

Beinääkscht ze klään fó allegaaren

haut vill ze grooß fó deich allään

Lachen Kreischen Mussik Lewen

un wéi se kómm sénn

sénn se nòénanner gang

Hall bloß kää Angscht

et éss doch émmer

noch et selwich Haus

Et Echo vaan de Stémmen

waant weider én de Ecken

un wann de mét der selwer schwätscht

péschbert alsemòòls

vaan irjentwo en Antwort

Zémmer fó Zémmer

fällt én Rouh

Erénnerongen brauchen

wenich Plätz

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