Chance auf ein Leben ohne Krebs

Wolfersweiler · Als Kevin Reitenbach Anfang Januar diesen Jahres eine Nachricht von der Stefan-Morsch-Stiftung erhielt, war er überrascht. Man teilte ihm mit, dass er als Spender für einen leukämieerkrankten Jungen in Italien in Frage käme. Der 20-Jährige sagte zu, denn er hatte sich vor knapp einem Jahr typisieren gelassen.

 Der 20-jährige Kevin Reitenbach hat sich im August 2013 typisieren lassen.Foto: Stefan-Morsch-Stiftung

Der 20-jährige Kevin Reitenbach hat sich im August 2013 typisieren lassen.Foto: Stefan-Morsch-Stiftung

Foto: Stefan-Morsch-Stiftung

Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke ist für den 20-jährigen Kevin Reitenbach "echt wichtig". Deswegen ließ er sich vor fast einem Jahr als möglicher Lebensretter bei der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands ältester Stammzellspenderdatei, registrieren. Außerdem ist er Mitglied im Verein der Naseniggele in Wolfersweiler . Immer wieder unterstützt der Verein mit Benefiz- und Sportveranstaltungen die Birkenfelder Stiftung. Vor wenigen Wochen hat der Auszubildende Knochenmark für einen kleinen Jungen in Italien gespendet, um ihm im Kampf gegen Blutkrebs zu helfen. Jetzt möchte er anderen die Angst vor der Typisierung und der Spende nehmen: "Es ist eine coole Sache, dass man so einfach Leben retten kann."

Im August 2013 ließ sich Kevin Reitenbach an der Laurentiuskirmes in Wolfersweiler als Stammzellspender registrieren. Die Naseniggele riefen dort gemeinsam mit der Stiftung zur Typisierung auf, und auch der 20-Jährige half am Verkaufsstand des Vereins kräftig mit. "Und dann habe ich mich bei der Gelegenheit noch grade typisieren lassen", erzählt er.

Gewebe bei Datei gespeichert

Aus einer Speichel- oder Blutprobe wurden seine genetischen Gewebemerkmale (HLA-Werte) analysiert und bei der Spenderdatei gespeichert. Seitdem stehen sie anonym im deutschen Zentralregister (ZKRD) in Ulm, wo sie mit denen der Patienten weltweit verglichen werden können. Um als Spender in Frage zu kommen, sollten im Idealfall zehn von zehn der HLA-Werte mit denen eines Patienten übereinstimmen.

In St. Wendel macht der Fan des FC Bayern eine Ausbildung zum Fahrzeuglackierer bei der HIL GmbH. Gerade hat er die Gesellenprüfung hinter sich gebracht. Auf die Ergebnisse muss er noch ein paar Wochen warten. Der Sommer ist seine liebste Zeit. Dann geht er mit Freunden so oft wie möglich zelten, ist fast jeden Tag am nahegelegenen Bostalsee zum Schwimmen oder Tretboot fahren.

Freundin ist stolz auf ihn

Anfang Januar bekam er eine Nachricht der Stefan-Morsch-Stiftung. Er kam als Spender in Frage. "Ich war überrascht, dass es so schnell ging. Vor einem Jahr wurde ich schon einmal angeschrieben. Aber da wurde nichts aus der Spende." Seine Familie hat ihn sofort unterstützt. Auch die Vorgesetzten. Seine Freundin hat sich gefreut: "Ich bin stolz auf ihn", sagt sie nach der Entnahme. Manche reagierten aber auch skeptisch: "Einige hatten Bedenken, weil der Entnahmetermin kurz vor der Prüfung war. Was, wenn was passiert?" Aber für Kevin Reitenbach stand fest: "Die Prüfung kann ich noch in einem halben Jahr machen. Aber der Patient hat nur jetzt die Chance."

Bevor der 20-Jährige spenden durfte, wurde er genau aufgeklärt und gründlich untersucht. Bei der Voruntersuchung wird zur Sicherheit des Spenders abgeklärt, ob er ganz gesund ist. Und er wird komplett über die Chancen und Risiken, aber auch über den Ablauf der Spende aufgeklärt.

Mit der Übertragung von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut - ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Bei der klassischen Methode - der Knochenmarkspende - punktieren die Ärzte den Beckenknochen des Spenders - niemals das Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. "Von Anfang an stand die Knochenmarkspende fest. Darüber war ich froh. Denn in Vollnarkose kriegt man nichts mit. Ich bin kein Freund von Blutabnahmen", gibt der Auszubildende zu. Am Tag vor dem Eingriff fährt ihn ein Mitarbeiter der Stefan-Morsch-Stiftung nach Ratingen, zum Augusta Krankenhaus. Nervös war Reitenbach wenig: "Ich ließ alles auf mich zukommen. Direkt am nächsten Morgen ging es dann los." Schmerzen spürt er nach der Spende kaum: "Je nachdem wie ich mich bewege, zwickt es. Man sieht nur noch zwei ganz kleine Einstiche. Man muss davor keine Angst haben und sollte an den Patienten denken. Dass es ihm wieder gut geht, war mein oberstes Ziel."

Jetzt, nach der Entnahme hat er ein weiteres Ziel: "Dass ich Leuten die Angst nehmen kann und sich dadurch noch viele typisieren lassen." Deswegen hoffen Reitenbach und die Vereinsmitglieder der Naseniggele, dass am Samstag, 27. Juni, viele zu ihrem Benefizturnier, dem Penalty Cup, auf dem Sportplatz in Wolfersweiler kommen. Dort kann man sich über die Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke informieren und sich, wie Kevin Reitenbach als potenzieller Lebensretter registrieren lassen.

stefan-morsch-stiftung.de

Wer kann sich als Stammzellspender registrieren lassen?

Stefan-Morsch-Stiftung: Prinzipiell kann sich jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 60 Jahren aufnehmen lassen. Wer nicht älter als 40 Jahre ist, kann kostenlos typisiert werden. Gleiches gilt für Jugendliche ab 16 Jahren - vorausgesetzt, die Eltern stimmen zu. Doch es gibt Ausschlusskriterien für die Stammzellspende - schwere Krankheiten und die Zahl der Schwangerschaften sind relevant. Ist der Gesundheitsfragebogen unterschrieben, wird ein Fingerhut voll Blut oder eine Speichelprobe abgenommen. Daraus werden die Gewebemerkmale des Spenders analysiert. Die Merkmale werden bei der Spenderdatei der Stefan-Morsch-Stiftung gespeichert und anonym an das deutsche Zentralregister übermittelt. So stehen sie für weltweite Suchanfragen zur Verfügung.

Ich bin bereits typisiert. Soll ich nochmal?

SMS: Wer bereits typisiert ist, sollte sich nicht noch einmal registrieren lassen. Egal, wo er registriert ist, die Daten aller Stammzellspenderdateien stehen anonymisiert über das deutsche Zentralregister des ZKRD für weltweite Suchanfragen zur Verfügung. Wer mehrfach registriert ist, würde als Mehrfach-Treffer erscheinen und so zunächst den Eindruck erwecken, es gäbe mehrere Spender zur Auswahl. Letztendlich wäre das eine trügerische Hoffnung.

Wie wahrscheinlich ist es, dass ein passender Spender gefunden wird?

SMS: Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Stammzellspender für einen Leukämie- oder Tumorpatienten zu finden liegt in der Größenordnung von 1:10 000 bis 1:1 000 000 und ist abhängig von den Gewebemerkmalen des Patienten . Je genauer die Übereinstimmung zwischen den Merkmalen dieses DNA-Teilstückes des Spenders und denen des Patienten ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten für eine Transplantation. Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv "Hoffen Helfen Heilen" bietet die Stiftung seit 1986 Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke . Hauptziel der Stiftung ist, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. Daher sind täglich Teams der Stiftung in ganz Deutschland unterwegs, um bei Typisierungsaktionen über das Thema Stammzell- oder Knochenmarkspende zu informieren. Darüber hinaus ging es den Gründern der Organisation, Hiltrud und Emil Morsch, stets darum, schnelle und unkomplizierte Hilfe für Patienten und ihre Angehörigen zu leisten. Die Stiftung trägt den Namen ihres verstorbenen Sohnes Stefan, der mit 16 Jahren an Leukämie erkrankte. Als erstem Europäer wurde ihm 1984 fremdes Knochenmark übertragen.

Im Juli 1983 entdeckt Emil Morsch in einer Zeitschrift zufällig einen Artikel, der über die Möglichkeiten einer Fremdspende berichtete - damals nur möglich in den USA. So kam es, dass Stefan 1984 als erster Europäer in Seattle von Edward Donnall ,,Don" Thomas transplantiert wurde. Dieser bekam 1990 den Medizinnobelpreis verliehen und hielt auch später Kontakt mit Stefans Eltern. International sorgte Stefans Transplantation 1984 für großes Aufsehen in den Medien. Nach Stefans Tod wollten Hiltrud und Emil Morsch die Idee umsetzen, die Stefan wenige Monate vor seinem Tod hatte: Der 16-Jährige wollte ein Computerprogramm schreiben als Basis für eine Stammzellspenderdatei, die es weltweit noch nicht gab.

Zum Thema:

Auf einen BlickDie nächsten Typisierungstermine: Samstag, 27. Juni, um 14 Uhr, Penalty- Cup, Sportplatz, Römerstraße, in Wolfersweiler ; Montag, 29. Juni, 17 bis 20 Uhr, Mehrzweckhalle, Ernst-Heinz-Straße in Wolfersweiler , Donnerstag, 2. Juli, 16.30 bis 20.30 Uhr, Kulturhalle, Parkstraße, in Hasborn. red

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