Aha-Effekt auf den zweiten Blick

Homburg · Pianist Fedele Antonicelli mit Tschaikowskys bekanntem Klavierkonzert in b-Moll steht am Sonntagabend im Zentrum, wenn das Homburger Sinfonieorchester im Saalbau spielt. Neben dem eingängigen Werk mit dem Ohrwurm verdächtigen Anfangsthema sind die Tragische Ouvertüre von Brahms und Bizets Arlésienne-Suite Nummer eins zu hören.

 Das Homburger Sinfonieorchester (hier bei einem Auftritt bei der Festa Italiana) lädt für kommenden Sonntag zum Frühjahrskonzert in den Saalbau ein. Foto: Thorsten Wolf/SZ

Das Homburger Sinfonieorchester (hier bei einem Auftritt bei der Festa Italiana) lädt für kommenden Sonntag zum Frühjahrskonzert in den Saalbau ein. Foto: Thorsten Wolf/SZ

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 Fedele Antonicelli spielt im Saalbau. Foto: Konzertagentur

Fedele Antonicelli spielt im Saalbau. Foto: Konzertagentur

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Es gibt Stücke, die kommen selbst Nicht-Klassik-Liebhabern schon beim ersten Hören irgendwie bekannt vor. Das liegt oft daran, dass eine Melodie daraus sich als so massentauglich erweist, dass mit ihr nicht nur die Ohren verwöhnt, sondern auch Seifen, Autos, Putzmittel oder Ähnliches beworben und verkauft werden. So ein Stück ist Pjotr Iljitsch Tschaikowskys (1840 bis 1893) Klavierkonzert Nummer eins in b-Moll, zu hören am Sonntag, 25. Mai, um 18 Uhr im Homburger Saalbau, wenn sich das Homburger Sinfonieorchester beim Frühjahrskonzert präsentiert. "Es ist sicher das zentrale Stück des Abends", sagt Jonathan Kaell im Gespräch mit unserer Zeitung. Es sei sehr virtuos, nicht sperrig - und ist eines der Werke, die zu den Hits unter den Klassikstücken gehören.

Allerdings: Der mächtige, Ohrwurm verdächtige Anfang "hat mit dem Rest des Stückes nichts zu tun". Die einprägsame Melodie werde nicht mehr aufgegriffen, erläutert Dirigent Kaell. Es sei ein heikles Stück, obwohl "wir schon technisch schwierigere gespielt haben", aber im Zusammenspiel sei das Werk nicht einfach, so Kaell weiter. Stellenweise sei es filigran gehalten - und das starke Anfangsthema erschließe sich erst, wenn Ende des dritten Satzes ein weiteres starkes Thema erklinge.

Der mächtige Kopfsatz des Tschaikowsky-Konzerts geht also direkt ins Ohr, und dieses erste Erkennen beim Hören steht scheinbar im Gegensatz zum Titel für das Abendprogramm: "second glance". Der zweite Blick zielt jedoch weniger auf die Eingängigkeit, sondern vielmehr auf die Entstehungsgeschichte der drei Werke - alles Stücke, die "nicht beim ersten Impuls Erfolg hatten", erklärt Kaell: Neben dem Tschaikowsky-Konzert sind die Tragische Ouvertüre von Johannes Brahms (1833 -1897) und Georges Bizets (1838 - 1875) Arlésienne-Suite Nummer eins zu hören.

Solist des Abends ist der italienische Pianist Fedele Antonicelli, der bereits mit vielen renommierten Orchestern zusammengearbeitet hat. "Ich habe ihn einfach gefragt", sagt Kaell, und er hat den Studienkollegen direkt für den Auftritt gewonnen. Dass sich immer wieder bekannte Solisten auf das Homburger Laienorchester einlassen - wie zum Beispiel die Geigerin Tanja Becker-Bender oder Bernd Glemser - , ist keine glückliche Fügung, sondern ein Kompliment. "Sogar bei ganz großen Namen ist das Orchester geschätzt. Sie freuen sich über die Einladung", so Kaell.

Die beiden anderen Stücke des Sonntagabends bilden auch einen Gegenpol zum Klavierkonzert, passen jedoch genau zum Leitfaden. Brahms "Tragische Ouvertüre" sei eher ein Schattenstück im Repertoire des Komponisten. Ursprünglich gedacht als Stück zum Dank für die Verleihung der Ehrendoktorwürde, sei sie viel zu düster geraten, wurde deswegen vom Komponisten beiseite gelegt. Die Ehrendoktorfeier bekam dann ihre Akademische Ouvertüre, eine Art heiteres Schwesternwerk zur Tragischen. In Bizets abwechslungsreicher Suite Arlésienne gehe es mehr darum, das Zusammenspiel zu trainieren, weniger um technische Schwierigkeiten, fügt Kaell hinzu.

Seit gut zwei Jahren leitet Kaell jetzt das Ensemble als Dirigent. Und "die Zusammenarbeit läuft immer besser - von beiden Seiten", betont er. Das Orchester und er seien mittlerweile ein eingespieltes Team. "Sie wissen, wie ich vorgehe, wie ich Proben aufbaue, können sich viel frühzeitiger darauf einlassen", erklärt er. "Und ich weiß, wo ihre Grenzen sind, und vor allem, wo die Schrauben sind, um diese Grenzen zu verlegen", ergänzt er. Das Orchester wachse, die Bläsertruppe sei komplett. Auch bei den Streichern sei das Orchester gut besetzt. Trotzdem sei er glücklich über jeden, der mitspielt. Auch die Altersmischung passe: "Die Stimmung ist sehr gut", sagt Kaell.

Der Blick geht zudem nach vorne. Weitere Termine stehen bereits fest. Der Auftritt bei der Festa Italiana am 13. August und das Herbstkonzert im November. Bei Letzterem wird es eine technische Herausforderung für das Orchester geben: die Scheherazade von Rimski-Korsakow, weiter angedacht ist ein Schlagzeugkonzert eines Zeitgenossen. Es bleibt also spannend beim Homburger Sinfonieorchester. Aber jetzt können sich Musikliebhaber erst einmal auf Sonntag freuen.

Karten kosten 15 Euro, Jugendliche und Studenten erhalten freien Eintritt, Tickets beim Homburger Kulturamt, Telefon (0 68 41) 10 11 66.

hkso.de

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