Abenteuerlicher Weg zum Aldi-Markt

Völklingen · Am 10. April 2013 haben wir an dieser Stelle über die unvollständige und unlogische Fußgängerführung und Beschilderung am Völklinger Amtsgerichtskreisel und am Karolinger Kreisel berichtet. Ein Jahr später ein erneuter Rundgang, Ergebnis: Es hat sich nichts geändert.

Täglich kann man im Fernsehen Menschen zusehen, die sich tapfer durch entlegene und gefährliche Gegenden schlagen. Derlei Mutproben lassen sich preiswert auch in der Heimatstadt vollbringen. Man versuche etwa, eine praxisnahe Übung, zu Fuß vom unteren Heidstock zum Aldi in der Straße Im Betzen zu kommen. Wer mit diesem Ziel die Karl-Janssen-Straße heruntergeht und am Kreisverkehr nach links schwenkt, wird von einem Schild "Verbot für Fußgänger" (Zeichen 259) gestoppt. Also zurück nach oben und in Höhe der alten Mühle Quirin rechts ab und über einen der beiden anderen Verkehrsarme wieder nach unten. Dort sind zwar keine Gehwege vorhanden, aber das kümmert tatsächlich erstaunlich viele Passanten nicht. Und siehe da, wieder unten am Kreisverkehr angekommen, finden sie kein Verbotsschild für Fußgänger vor (sie haben das von vorhin nun im Rücken) und können durch den mehrere Meter breiten (für wen eigentlich?) Gehweg unter der Eisenbahnbrücke in Richtung Aldi gehen.

Auch wer zu Fuß vom Amtsgericht in Richtung Aldi möchte, trifft auf keinerlei Verbotsschild und kann sich - regelkonform? - irgendwie über die Straßenarme des Riesenkreisels durchschlagen Richtung Süden. Dies alles ist aber gefährlich und kann, wenn überhaupt, nur wachen und robusten Zeitgenossen empfohlen werden. Die vom Kreisverkehr hin- und wegführenden Straßen werden nämlich sehr flott befahren, nicht alle Autofahrer rechnen mit Fußgängern; sie haben mit dem unübersichtlichen Geschehen und sich selbst genug zu tun. Was dem Fußgänger fehlt, sind Überwege oder sonstige "Rettungsanker" , die wenigstens ein Gefühl von Sicherheit geben könnten.

Ortsfremde ratlos

Die Saarbrücker Wilhelm-Heinrich-Brücke mit ihrer Fußgängerführung und den Ampeln könnte vielleicht ein Vorbild werden. Sei es drum, wer vom Aldi wieder auf dem exakt selben Weg zurück möchte, wird an der Mündung Im Betzen/Karolinger Straße (Auto Bunk) von gleich zwei Schildern "Verbot für Fußgänger" aufgehalten. Sie wurden vor etwa einem Jahr frisch aufgestellt, um eine Anordnung aus dem Jahr 2003 aufzufrischen. Warum gerade dann und warum doppelt, das konnten weder unsere Zeitung, noch Karl-Heinz Remark je in Erfahrung bringen. Der Kommunalpolitiker der IG Pro Völklingen hatte unsere Berichterstattung im April 2013 angestoßen und wartet immer noch, dass sich im Interesse der Fußgänger etwas ändert. Immerhin, so berichtet er aus den Planungen der Politik, sei das Thema im Gange, werde über Lösungen für Tunnel und Fußgänger diskutiert.

Mit Herrn Remark und der zufällig des Weges kommenden Fürstenhausener Bürgerin Gaby Otto schlugen wir am Donnerstag vor Ostern alle Wege in dem Quartier noch einmal ein. Und wir gingen auch "legal" zu Aldi - ein Weg, dessen Anfang sich nur Kundigen erschließt, denn es gibt keine Wegweiser. Ein Ortsfremder käme, anders als die Eingeweihten, nie auf die Idee, am Hallenbad vorbei in Richtung City zu gehen, dann über den Zebrastreifen nach links in die Alte Schulstraße und von dort durch den breiten Fußgängertunnel in den Alten Brühl. Linker Hand kann er nun den Aldi ahnen, muss aber geradeaus, hinter der Araltankstelle vorbei und steht fragend vor dem Treppen- und Rampenabgang, der unter der Karolinger Straße hindurch führt und gegenüber bei Shell endet. Selbst couragierte Menschen wollen durch das dunkle Loch ab dem späten Nachmittag möglichst nicht mehr längs, der Tunnel ist verschmiert, oft vermüllt und stinkt nach Fäkalien.

Ort zum Gruseln

Die Betonrampe, sagenhafterweise in der Treppe angelegt statt beim Geländer am Rand (wo gibt es sowas noch einmal?), hat als Hilfe für Rollatoren, Räder und Rollstühle nicht einmal Alibi-Funktion, denn sie ist so schmal und steil, dass nicht einmal Skater sie benutzen. Fazit: ein menschenfeindlicher Ort zum Gruseln, aber schlichtweg der offizielle, legale Fußweg zum Aldi.

Wer nun frustriert der Tourismus-Stadt Völklingen in Richtung Fürstenhausen entfliehen möchte, begibt sich auf der (frisch renovierten) Karolinger Brücke in nicht minder eklatante Schwierigkeiten. Denn die Zu- und Abfahrten der Autobahn wollen ebenfalls ohne Überwege und Ampeln überwunden werden. Vor allem auf der westlichen, der Aral-Seite, hat man es schwer, weil der "Feind" von hinten kommt. Freundliche Autofahrer, die den Passanten rüberlassen, riskieren, dass ihnen andere Verkehrsteilnehmer ins Heck krachen. Erst an der großen Kreuzung zu McDonald's/Saarwiesen genießt der Fußgänger den Schutz einer Ampel.

Unsere Beobachtung ergab allerdings, dass die meisten Passanten auf Ampelhilfe verzichten, weil es ihnen zu lange dauert, bis sie Grün bekommen. Mutmaßung: Die Taktung hat jemand eingestellt, der überwiegend nicht zu Fuß geht. Wer auf der Aral-Seite zurück in die Stadt schlendert, kriegt vor dem Abgang zur Tankstelle tatsächlich auf einem Schild "City" und "Aldi" angezeigt - da muss in einem Amt jemand an die Leute da draußen gedacht haben. Zehn Meter weiter stehen sie dann aber vor dem beschriebenen Tunnel-Loch. In einem Jahr wollen wir nochmal gehen. "Immer wieder ein Abenteuer", schmunzelt Karl-Heinz Remark. > Mehr auf

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