Mindestlohn Neuer Mindestlohn bringt mehr Kaufkraft

St. Wendel · Kreisweit profitieren 1220 Menschen im Landkreis von der Erhöhung des Entgeltes auf 9,19 Euro pro Stunde.

 Ein positiver Effekt der Mindestlohnerhöhung ist laut Experten ein Zuwachs bei der Kaufkraft. Das gilt auch für den Landkreis St. Wendel.

Ein positiver Effekt der Mindestlohnerhöhung ist laut Experten ein Zuwachs bei der Kaufkraft. Das gilt auch für den Landkreis St. Wendel.

Foto: dpa/Marc Maºller

Der Mindestlohn steigt ab Januar um 35 Cent auf jetzt 9,19 Euro pro Stunde – und mit ihm der Verdienst von 1220 Menschen im Landkreis St. Wendel. So viele Beschäftigte arbeiten hier derzeit zum gesetzlichen Lohn-Minimum. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit und beruft sich auf eine aktuelle Analyse des Pestel-Instituts aus Hannover, das die Auswirkungen der Mindestlohn-Entwicklung regional untersucht hat. Auch die Wirtschaft im Kreis profitiert demnach: Die Kaufkraft wächst durch das Mindestlohn-Plus voraussichtlich um rund 287 000 Euro.

„Mal ins Kino oder Essen gehen. Und auch mal etwas Neues für den Haushalt anschaffen – fast jeder Euro, den Mindestlohn-Beschäftigte am Monatsende extra haben, fließt in den Konsum“, sagt Mark Baumeister von der NGG-Region Saar. Denn wer zum untersten Lohn arbeite, könne nichts auf die hohe Kante legen. Für den Gewerkschafter ist der gesetzliche Mindestlohn daher auch nach der aktuellen Erhöhung zu niedrig: „Selbst für eine Vollzeitkraft ist es extrem schwer, mit dem Mindestlohn klarzukommen. Gerade dann, wenn auch noch Kinder im Haushalt leben. Und bei steigenden Mieten sowieso“, sagt Baumeister.

Die NGG fordert deshalb ein deutlich stärkeres Mindestlohn-Plus. Erst in einer Größenordnung von mehr als zwölf Euro pro Stunde werde die Lohnuntergrenze „langsam armutsfest“.

Überhaupt sieht NGG-Geschäftsführer Baumeister bei den Löhnen „Luft nach oben“ und die Arbeitgeber in der Pflicht: „In Branchen wie dem Gastgewerbe und dem Bäckerhandwerk gehen trotz guter Wirtschaftslage selbst Fachkräfte oft nur mit dem gesetzlichen Minimum nach Hause.“ Messlatte sei hier aber nicht der Mindestlohn, sondern der Tariflohn. Baumeister prangert die zunehmende Tarifflucht als Hauptgrund dafür an, „dass seit Jahren viel zu viele Menschen im Niedriglohnsektor gefangen sind.“ In diesem Zusammenhang fordert er die Unternehmen auf, sich zu Tarifverträgen zu bekennen: „In den Tarifverträgen der NGG sind meist deutlich höhere Löhne, auch in den unteren Lohngruppen, vereinbart. Und wer nach Tarif zahlt, der hat auch zufriedenere Mitarbeiter, die sich im Job engagieren.“

Laut Baumeister haben von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns seit 2015 rund vier Millionen Menschen profitiert. Allerdings werde der gesetzliche Anspruch viel zu wenig kontrolliert, weil die Finanzkontrolle Schwarzarbeit nach wie vor nicht ausreichend personell ausgestattet sei. „Es gibt viel zu viele Schlupflöcher: Arbeitszeiten werden nicht korrekt erfasst oder Überstunden nicht bezahlt, um den Mindestlohn massenhaft zu umgehen“, kritisiert der Gewerkschafter und spricht von einem „Skandal“. Deshalb fordert er die Beschäftigten auch auf, ihre Januar-Lohnabrechnung genau zu kontrollieren.

Bei seiner Einführung 2015 lag der gesetzliche Mindestlohn bei 8,50 Euro pro Stunde. Nach dem Mindestlohngesetz steigt er alle zwei Jahre. Um wie viel, hängt insbesondere von der Entwicklung der Tarifverdienste ab. Laut NGG hätte ein höherer Mindestlohn nach Berechnungen des Pestel-Instituts starke Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft: Würde der gesetzliche Mindestlohn um einen weiteren Euro auf 10,19 Euro steigen, wäre damit allein im Landkreis St. Wendel ein Anstieg der Kaufkraft um 2,5 Millionen Euro im Jahr verbunden. Denn davon würden sogar rund 3100 Menschen profitieren – nämlich neben den bisherigen Mindestlohnempfängern auch die Beschäftigten, die derzeit für einen Stundenlohn arbeiten, der nur knapp oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegt.

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