Brandschutzbedarfsplan Namborner Feuerwehr funktioniert als Kette

Namborn · Doch die einzelnen Löschbezirke sind tagsüber schwache Glieder, lautet eine Erkenntnis aus dem überarbeiteten Brandschutzbedarfsplan.

 Einsatzbeispiel: Als 2018 die Kompostieranlage in Namborn brannte, musste die Feuerwehr zum Löschen ausrücken.

Einsatzbeispiel: Als 2018 die Kompostieranlage in Namborn brannte, musste die Feuerwehr zum Löschen ausrücken.

Foto: Dirk Schäfer/Feuerwehr

Wie viel Feuerwehr braucht die Gemeinde Namborn? Das war die grundlegende Frage, die sich Roland Demke im Vorfeld der jüngsten Sitzung des Namborner Gemeinderates zu stellen und hernach den Ratsmitgliedern zu beantworten hatte. Branddirektor Demke ist Schulleiter der staatlichen Feuerwehrschule in Würzburg und anerkannter Experte für Brandschutzbedarfspläne. Als solcher hatte er den Namborner Bedarfsplan von 2008 erstellt, der nach gesetzlicher Vorgabe von jeder Gemeinde zu erarbeiten und kontinuierlich fortzuschreiben ist. Alle fünf Jahre soll der Plan überarbeitet und den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. „Wir sind ein bisschen in Zeitverzug“, räumte Namborns Bürgermeister Sascha Hilpüsch (SPD) in diesem Zusammenhang ein, denn die letzte Fortschreibung rührt aus dem Jahr 2013. „Aber damit sind wir nicht alleine im Landkreis“, erklärte er den Ratsmitgliedern, ehe er dem Experten das Wort erteilte.

Demke berichtete zunächst von der Risiko-Analyse, die am Anfang seiner Untersuchung stand. Demnach hat sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Feuerwehr zu einem Einsatz ausrücken muss, erhöht. 43 Ereignisse gab es im vergangenen Jahr zu bewältigen – das sind zehn mehr als zuvor – bei 100 Alarmierungen. Dass die zweite Zahl die erste deutlich übersteigt, liegt daran, dass bei einigen Ereignissen mehrere Bezirke ausrücken mussten. Dennoch: „Von der Gefährdung her lebt es sich sicher in Namborn“, sagte Demke.

War die Feuerwehr in der Gemeinde vor zehn Jahren laut Expertise mit 190 aktiven Mitgliedern überproportional gut aufgestellt, hat sich die personelle Situation mit aktuell 127 deutlich verschlechtert. Der Rückgang um rund 33 Prozent bedeutet nämlich, dass die Soll-Stärke von 135 nicht mehr erreicht wird. Die größten personellen Engpässe gibt es beim Löschbezirk Mitte, dem fünf Mitglieder fehlen, um die Soll-Stärke von 27 zu erreichen. Im Löschbezirk Gehweiler sind es derzeit 14, gefordert wären 18. Heisterberg bräuchte wie auch Baltersweiler ebenfalls 18 , hat aber nur 15 Feuerwehrleute, Baltersweiler immerhin 17. Keine Probleme gibt es indes in Namborn, wo 27 gefordert, aber 35 Wehrleute aktiv sind. 27 sollten es auch in Hirstein sein – hier kommen die Nothelfer nur auf eine Mannstärke von 22.

 Was den Fuhrpark angeht, ist die Feuerwehr in der Gemeinde Namborn vergleichsweise gut aufgestellt.

Was den Fuhrpark angeht, ist die Feuerwehr in der Gemeinde Namborn vergleichsweise gut aufgestellt.

Foto: dpa/Carsten Rehder

Mit 46 den höchsten Altersdurchschnitt aller Namborner Löschbezirke hat Heisterberg. Die jüngste Truppe mit einem Schnitt von 31 Jahren ist die Namborner. Dazwischen liegen Hirstein (35), Mitte (37), Baltersweiler (41) und Gehweiler (42).

„Wesentliche Wurzel der Feuerwehr ist Jugendwehr“, hielt der Experte fest. Hier sind in Namborn löschbezirksübergreifend 32 junge Menschen aktiv. „Das ist für eine Gemeinde dieser Größe nicht schlecht“, sagt Demke. Aber auch hier sei die Zahl gegenüber 2008 um mehr als die Hälfte zurückgegangen.

Der Frauenanteil bei der Feuerwehr in der Gemeinde liegt bei insgesamt 14 Prozent. Angestrebt sind zwar 20, aber dennoch liege man im hier im Landesdurchschnitt. Von den 18 Frauen löschen sieben in Namborn, vier in Mitte, drei in Heisterberg, zwei in Hirstein und jeweils eine in Baltersweiler und Gehweiler. Es könnten vermutlich mehr sein, wenn es überall in den Feuerwehrgerätehäuser getrennte Umkleidekabinen gäbe. Übrigens ein Mangel, den der Experte ebenso monierte, wie fehlende Abgasabsauganlagen.

Ein Problem ist die Tagesverfügbarkeit. Hier sind einige Löschbezirke alleine nicht einsatzbereit. Besonders arg ist die Situation in Baltersweiler und Gehweiler, wo zwischen 6 und 14 Uhr lediglich ein beziehungsweise zwei Feuerwehrleute alarmiert werden können. Wenn man in der Summe drauf gucke, sei das ganz okay, aber nur dann. „Einzeln sind es ganz schwache Glieder.“ Daher müsse im Falle eines Falles tagsüber auch immer das komplette Personal alarmiert werden. Das solle dann jedoch nicht „gießkannenmäßig“ ausrücken, sondern sich an zwei ausgewählten Gerätehäusern treffen.

Der Ausbildungsstand der Feuerwehrangehörigen sei gut, „aber es fehlen in allen Bezirken Atemschutzgeräteträger“.

Nun gelte es, die Feuerwehr zukunftsfähig zu machen. Dazu solle zunächst einmal um Mitglieder geworben werden. „Wichtig ist, dass die Feuerwehr und die Gemeinde das gemeinsam angehen“, hielt der Branddirektor fest. „Plakate reichen da nicht“, befand er. Vielmehr müssten Menschen gezielt angesprochen und von bereits aktiven Mitgliedern mitgebracht werden. Wichtig sei auch, dass langjährige Feuerwehrleute bei neuen Mitgliedern Patenschaften übernehmen würden. Möglich seien auch Doppelmitgliedschaften. Beziehungsweise müsse bei Neueinstellungen in der Gemeindeverwaltung oder dem Bauhof darauf geachtet werden, dass Feuerwehrangehörige bevorzugt werden. Wichtig sei auch, dass ihre Arbeit anerkannt wird. Das bedeute unter anderem, dass die Wehrleute auf eine gute Ausrüstung zurückgreifen können, dass sie gut angezogen und die Feuerwehrhäuser samt Fahrzeuge modern sind. In diesem Zusammenhang betonte Demke auch, dass die Feuerwehr nicht dafür da sei, Ölspuren wegzukehren. „Da muss eine andere Lösung her.“ Im Notfall könne man das mal machen. „Aber eigentlich ist das nicht die Aufgabe der Feuerwehr.“

Aufgabe der Feuerwehr ist es jedoch, alle möglichen Einsatzorte in einer vorgegeben Zeit von zehn Minuten zu erreichen. Das ist in Roschberg, die im Einsatzfall vom Löschbezirk Mitte oder Baltersweiler aus angefahren werden, nicht zu schaffen, wie der Brand-Experte anhand einer Karte aufzeigte. Dafür könnte die Feuerwehr Grügelborn innerhalb der Vorgabe am Einsatzort sein. Allerdings gehört Grügelborn zu Freisen. Das müsse „organisatorisch gelöst“ werden, forderte der Feuerwehr-Schulleiter die Gemeindeverwaltung auf, sich mit Freisen kurzzuschließen.

Insgesamt, so Demkes Fazit, hat Namborn „seine Hausaufgaben“ gemacht. Gerade auch was die Fahrzeuge anginge. Da gebe es aktuell keine Rückstände. „Das ist selten hier im Landkreis und im Land.“ 2027 erst muss das nächste Fahrzeug ersetzt werden.

Die Ratsmitglieder nahmen den Bedarfsplan über alle Parteigrenzen hinweg gut auf. Auch wenn es zu dem einen oder anderen Punkt Nachfragen gab. Bürgermeister Hilpüsch war als oberster Feuerwehrmann der Gemeinde „persönlich beruhigt“, dass Namborn verglichen mit anderen Kommunen recht gut dastehe. Der Verwaltungschef versprach, dass man nun in die Grundschule reingehe, um gezielt Nachwuchs für die Wehr zu werben, „wie das zum Beispiel Fußballvereine machen“.

Am Ende beschloss der Rat einstimmig, den Brandschutzbedarfsplan koordiniert und unter der Einberufung eines Ausschusses – bestehend aus Angehörigen der Feuerwehr, Mitgliedern des Gemeinderats, Mitarbeitern der Verwaltung und unter Führung des Bürgermeisters – umzusetzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort