Mein erstes Auto

- Volker Fuchs (50): Sommer 1980, mein erstes eigenes Auto. Ein roter R 4, natürlich gebraucht. Ein Auto, das mir jahrelang die Treue gehalten hat. Bis der Rost die Bleche zerfressen hat. Ein Auto, bei dem ich noch (fast) alles selbst machen konnte: Rostflecken wegschmirgeln, verspachteln und neu lackieren? Kein Problem. Die undichte Frontscheibe abdichten? Locker

- Volker Fuchs (50): Sommer 1980, mein erstes eigenes Auto. Ein roter R 4, natürlich gebraucht. Ein Auto, das mir jahrelang die Treue gehalten hat. Bis der Rost die Bleche zerfressen hat. Ein Auto, bei dem ich noch (fast) alles selbst machen konnte: Rostflecken wegschmirgeln, verspachteln und neu lackieren? Kein Problem. Die undichte Frontscheibe abdichten? Locker. Ölwechsel? Kinderkram. Selbst die Bremsbeläge habe ich selbst gewechselt, kurz vor dem Urlaub mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau. Und da fuhren wir sogar über den Großglockner. Heute unvorstellbar. Kein anderes Auto habe ich so gehegt und gepflegt.Und mit keinem anderen so viele Abenteuer erlebt. Zum Beispiel im dicksten Winter auf der Hunsrückhöhenstraße. Ich auf dem Heimweg von der Universität Mainz nach Krettnich. Mit meinem 27-PS-Gefährt mit runderneuerten Winterreifen. An jedem Berg bleiben sie hängen, die dicken Mercedes, BMW und wie sie alle heißen. Nur mein R4 nicht. Den ersten Gang rein, den Berg raufklettern. Klasse Gefühl. Endlich bin ich nicht nur besser, sondern schneller. Nicht der Motor, sondern der Rost macht meinem Erstauto schließlich den Garaus. Als bei Höchstgeschwindigkeit, immerhin rund 120 Sachen, die beiden Kotflügel wie kleine Seitenflügel leicht abheben, wird es höchste Zeit für den Abschied. - Hannelore Hempel (57): 18 Jahre alt - Führerschein - Fernweh: Doch ganz so einfach war das nicht. Mit Ferienjobs und Unterstützung der Eltern reichte es zunächst für einen gebrauchten VW Käfer ohne Tankanzeige und funktionierender Heizung, aber mit vielen weiteren Mucken, den ich mir zudem noch mit meinem Bruder "teilen" musste. Aber die Technik war schnörkellos, selbst für eine nicht so Begabte leicht zu handhaben und zum Einstieg in die Geheimnisse des Autofahrens genau richtig. So war denn auch das erste "richtige" Auto in meinem alleinigen Besitz ebenfalls ein Käfer aus zweiter Hand, allerdings ein neueres Modell. Mit dem traute ich mich auf große Fahrt. 1978 startete ich mit drei Kommilitonen von der Uni Mainz in Richtung Irland. Drei Wochen lang bereisten wir zu viert mit Campingausrüstung und Gepäck die Insel. Mein Käfer war dabei ein treuer Begleiter, und wir hatten zwar wenig Platz, aber jede Menge Spaß.

- Melanie Mai (35): Eigentlich wollte ich als Jugendliche immer einen Renault Clio haben - schön aufgemotzt mit Spoiler und allem Drum und Dran, natürlich tiefer gelegt. Dafür sparte ich fleißig. Bis ich das Geld zusammen hatte, durfte ich den Ford Escort meiner Mutter fahren, wann immer ich wollte. Außerdem hatte ich ja noch einen Motorroller. Bei schönem Wetter machte es viel mehr Spaß, mit dem Roller zu fahren.

Aber dann, mit 20, wollte ich doch mein eigenes Auto. Ich ließ mir in unserem Ort beim Renault-Händler ein Angebot machen. Und staunte nicht schlecht. Mit all den Extras, die mir vorschwebten, war der Clio doch nicht so günstig, wie ich dachte. Und dann tauchte plötzlich Schwimm-Star Franziska van Almsick auf. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. In einem Werbespot tauchte sie mit dem neuen Opel Tigra unter der Straße durch - und auf der anderen Seite wieder auf. Ich hatte mich verliebt. In diesen lila-blauen Opel Tigra mit der extrem großen Heckscheibe. Ich hätte nicht gedacht, dass das meine Preisklasse sein würde. Und trotzdem informierte ich mich. Und siehe da: Der Tigra, der damals schon viele Annehmlichkeiten serienmäßig eingebaut hatte, war doch tatsächlich günstiger als mein Wunsch-Clio. Für 16 125 Mark bekam ich im Sommer 1995 mein Traumauto. Sieben Jahre und rund 240 000 Kilometer lang hielt es mir die Treue. Und ich habe viele Erinnerungen an dieses erste Auto. Die beiden Cabrios, die folgten, können da, obwohl teurer, nicht mithalten. - Dagobert Schmidt (64): Auf den Führerschein folgt automatisch das eigene Auto - an diesen heute fast üblichen Automatismus war 1966 noch nicht zu denken. So mussten fremde Autos für die ersten Fahrversuche herhalten. Und so wurde jede Chance, endlich mal selbst Gas geben zu dürfen, ausgiebig genutzt, was nicht immer ganz ungefährlich war. Bis zum ersten eigenen, selbst bezahlten Auto dauerte es noch eine ganz Weile. In der Zwischenzeit war der Zweitwagen der Familie der Begleiter. In der ersten Zeit ein Renault 4, den ich mit Bruder und Schwester teilen musste. Geteilt wurde nicht nur die Freude, sondern auch das Leid. So praktisch und sparsam der kleine Franzose war, er hatte auch seine Schwächen. Die Gelenkwellen des Frontantrieblers waren den Kräften, die an ihnen zerrten, nur bedingt gewachsen. Immer wieder mussten sie erneuert werden. Dazu galt in der Familie der Grundsatz: Wer fahren will, muss auch reparieren können. Mit den Jahren stellte sich so eine gewisse Routine. Auch bei den R4-Nachfolgern Mercedes 180, Ford 17 M, VW Käfer, alles abgelegte der Verwandtschaft, wurden Wartungs- und Reparaturarbeiten, wenn es irgend ging, selbst erledigt. Eine Liebesbeziehung hat sich dadurch zu keinem der fahrbaren Untersätze entwickelt. Wie auch, wenn die Dinger immer wieder mal streikten und man entweder fast in oder unter sie kriechen musste. Fortbewegungsmittel, um von A nach B zu kommen, sind so meine Autos, inzwischen selbst bezahlt, für mich bis heute geblieben. Das wird sich auch nicht mehr ändern.

- Volker Schmidt (33): Mein erster fahrbarer Untersatz war ein weißer Opel Corsa. Baujahr 84 mit 45 PS. Das einzige Extra: ein Aschenbecher. Die restlichen Vorzüge des Autos sind meinen Nachbarn wahrscheinlich ebenso gut in Erinnerung wie mir. Vor dem Losfahren galt es nämlich, den Choke zu betätigen, was das Gefährt in einen recht lautstarken Nebelwerfer verwandelte. Besonders im Winter. Der Benzingeruch im Innenraum ließ die Auswirkungen auf die Außenwelt erahnen. Einziger Vorteil der Kraftstoffdämpfe war, dass sie den penetranten Geruch nach preiswertem Sekt verdeckte, der ansonsten im Innenraum herrschte. Die Folgen einer vergessenen Flasche Schaumwein im Kofferraum, die der Sommerhitze nicht standgehalten hatte.

Trotz dieser kleinen Macken liebte ich das Fahrzeug. Die Karosserie sah nett aus, und das knappe Studentenbudget erlaubte zudem einige optische Verschönerungen: verdunkelte Scheiben und eine Disco-Kugel am Rückspiegel. Ein drittes Bremslicht, das ein Freund mir schenkte, wartet dagegen heute noch auf den Einbau. - Matthias Zimmermann (40): Also für einen begabten Autofahrer halten mich wirklich nur die allergrößten Optimisten unter Gottes Sonne. Und meine technischen Voraussetzungen, einen gebrauchten Wagen in Schuss zu halten, tendieren gleich Null. Schon beim kleinsten Fettfleck auf dem Beifahrersitz bin ich geneigt, mein Auto in eine Werkstatt zu bringen. Trotzdem ließ ich mich Mitte der 90er nicht davon abbringen, mir einen klapprigen Renault 5 zuzulegen. Da halfen auch keine Beschwörungen meines Vaters, der seinen Sohn nur allzu gut kannte. Ich zeigte mich lernresistent. Schließlich sollte mein erstes Auto rot sein. Die Farbe fegte folglich jegliche Kritik an mir und dem Zustand des Wunsch-Pkw vom Tisch. Ich zog schon bald meine Lehren daraus.

Bei einer spontanen Fahrt nach Belgien fuhr sich zuerst das Rad vorne rechts fest. Mit Ach und Krach erreichte ich das flämische Gent - und lieferte dort mein als Student mühsam zusammengespartes Urlaubsgeld bei einer Hinterhof-Reparaturanstalt ab. Es dauerte nur wenige Wochen, bis meine Füße auf der Fahrerseite in einem Kneipp-Tretbecken standen. Der Schlauch fürs Kühlwasser im Motorraum war geplatzt und setzte das Innere unter Wasser. Zufällig hatte ich einen Kasten Mineralwasser im Kofferraum, dessen Inhalt ich auf einer fünf Kilometer langen Strecke bis zur Werkstatt - Sie ahnen es - komplett in den Kühler entleerte. Die stinkende Brühe schwappte beständig in den Fußraum.

Nach zwei Jahren gab die Blechkiste endgültig ihren Geist auf. Während meiner Ausbildung nahe der polnischen Grenze sprang der Diesel in einem nicht enden wollenden Winter einfach nicht mehr an. Nicht nur der Pkw kam sich damals vor wie in Westsibirien.

Trotz all dieser Schikanen oder vielleicht genau deshalb trennte ich mich nur schweren Herzens von meinem ersten Wagen. Nie wieder habe ich eine vermaledeite Karosserie so lieb gewonnen wie jene. 125 Jahre AutoWährend sich die Automobilbranche zum 125. Geburtstag selbst feiert, blickt die SZ auf ihre ganz persönlichen Erinnerungen in Verbindung mit dem fahrbaren Untersatz zurück. Unser erster Wagen und was er uns bedeutet.

Auf einen Blick

Als Geburtsstunde des Automobils gilt der 29. Januar 1886. Damals meldete Carl Benz das Patent beim Kaiserlichen Patentamt in Mannheim an.

Wenn Sie sich noch an Ihr erstes eigenes Auto erinnern, egal, ob es 60 oder sechs Jahre her ist, schicken Sie uns doch ein Foto und Ihre kleine Geschichte dazu. War es Liebe auf den ersten Blick? Was war Ihre schönste Fahrt in diesem Auto? Welche Erinnerungen verbinden Sie damit? Schicken Sie Infos und Fotos per E-Mail: redwnd@sz-sb.de; per Post: Saarbrücker Zeitung, Redaktion, Mia-Münster-Straße 8, 66606 St. Wendel. Bitte schreiben Sie uns auch, wie wir Sie telefonisch erreichen können. In loser Folge werden wir dann Ihre persönlichen Erinnerungen an Ihren ersten fahrbaren Untersatz veröffentlichen. him

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