Von Limetten in Sydney zu Trauben in Kapstadt

Marpingen · Er weiß, wie er sich ins Rampenlicht rückt: Dany R. Wood. Sein Pseudonym gehört dazu. Sein Redetalent ebenso. Denn wer ein Buch unters Volk bringen will, muss etwas von Selbstvermarktung verstehen.

 Der Marpinger Daniel Recktenwald präsentiert in St. Wendel bereits seinen zweiten Roman. Fotos: hgn

Der Marpinger Daniel Recktenwald präsentiert in St. Wendel bereits seinen zweiten Roman. Fotos: hgn

Über 10 000 Mal haben Leser Daniel Recktenwalds über 400 Seiten starkes Erstlingswerk "Limetten retten in Sydney" seit Juli vergangenen Jahres gekauft. Der Marpinger ist stolz auf diesen Erfolg. Den er allerdings nicht nur auf sein schreiberisches Können zurückführt. "Du musst die Ochsentour machen, Klinken putzen", sagt der 35-Jährige. Das will heißen? Einfach nur einem renommierten Verleger das Manuskript in die Hand drücken und dann hoffen, dass er den Urlaubsroman entsprechend in den Abteilungen des Buchhandels positioniert, das funktioniere nicht. Erst recht nicht, wenn das Gedruckte eines Neulings ohne berühmten Namen in den Regalen steht. Das werde eher dort zustauben als nachgefragt.

Recktenwald, der Marketing in Köln studierte und mittlerweile in München seinen Lebensmittelpunkt hat und dort im Normalfall als Versicherungsangestellter arbeitet, ist darum als Selbstverleger, Autor und Auslieferer in einer Person unterwegs. Wie zuletzt in St. Wendel, wo er einer Buchhandlung mal eben ein schweres Paket mit 50 Exemplaren seines Fortsetzungsteils "Trauben rauben in Kapstadt " vorbeibrachte. Und wie beim Vorläufer "Limetten retten in Sydney" schaute er sich auch diesmal an den Schauplätzen seiner interaktiven Story um. Interaktiv deshalb, weil Leser via Internet gleich mehrmals hatten eingreifen können, bevor sich Recktenwald unter seinem Pseudonym Dany R. Wood (englisch: Wald) an den Computer setzte und der Geschichte Leben einhauchte. Die Kunden nahmen Einfluss auf Handlungsort, Buchtitel und Hauptperson. "Die Wahl des Lieblingscharakters fiel eindeutig aus: auf Tina. 48 Prozent stimmten für sie", berichtet der auch im Gespräch wortgewandte Recktenwald. Aus mehreren Personen, die auch schon im ersten Band auftraten, stimmten die meisten für die Frau, die meistens in einer Beziehungskrise steckt, wenn sie mal nicht wieder solo ist.

Jetzt steht sie wieder allein da. Dabei wollte sie mit ihrem bis noch vor Kurzem Angetrauten zur Paartherapie in eine Klinik nach Südafrika. Der steht ihr allerdings nicht mehr zur Verfügung. "Dafür nimmt sie ihren besten Freund Stefan mit, der sich immer noch nicht für ein Geschlecht entscheiden kann, auf das er steht." Wie in Sydney. Aber die Geschichte soll sich ja entwickeln. "Das Buch braucht neue Charaktere", weiß der Autor. So teilt sich Tina das Zimmer mit Elfi. Eine ehemalige Verkäuferin, die Jahrzehnte ihr Leben bei C & A fristete, wenn sie nicht eben als Tina-Turner-Double auftrat. Heute ist sie Rentnerin.

Nicht genug der schrägen Persönlichkeiten: Recktenwald pflegt auch noch einen Piloten ein - "mit Flugangst". Und Ehepaare, "die seit Jahren net mehr miteinander schwätzen", verfällt Recktenwald plötzlich ins Saarländische. Wo er große Teile seines Erfahrungsschatzes her hat und die in seine Bücher einfließen. "Ich war an der Bosenbachklinik in St. Wendel Zivi und habe da auch gelernt." Klar, wo die Idee dann herstammt, die neue Erzählung in eine Rehaklinik zu verlegen.

Menschen, die ihn umgeben, sind ebenfalls mutmaßlich an den Eigenheiten der Darsteller schuld. "Ich habe einen Kollegen bei der Versicherung in München . Als ich ihn den ersten Tag gesehen habe und er mich begrüßte, sagte ich ihm ins Gesicht: Du sprichst wie Rudi Carrell." Der Pilot in "Trauben rauben in Kapstadt " ist Holländer.

Ja, eine direkte Art hat Recktenwald ganz sicher im Umgang mit seiner Außenwelt. Sowie Schalk. Den wiederum brachten seine Kollegen zur Einsicht und zu Recktenwalds Ansporn: "Du musst unbedingt ein Buch schreiben." Was er in die Tat umsetzte. Zurzeit arbeitet er an einem dritten Buch, das indes von den bisherigen losgelöst sein soll. "Es spielt im Saarland - Becker Heinz lässt grüßen." Mehr verrät er dazu noch nicht. 50 Seiten seien schon geschrieben. Während der Arbeitszeit als Versicherungsmann schafft er das nicht. "Ich habe mir eine Auszeit genommen", erklärt er. Seit Januar schon. In dieser Zeit schreibt und vermarktet er. Ist selbst mit dem Wagen in ganz Deutschland wie zuletzt in Nordrhein-Westfalen unterwegs, um seine Bücher zu vertreiben.

Er hält Kontakte zu großen Buchhandelsketten. Sitzt in Radiostudios sowohl in München als auch in Saarbrücken. "Sogar das Fernsehen war bei mir." Nicht aber, um des Buches wegen, sondern der ungewöhnlichen Lebensgeschichte. Davon will Recktenwald nicht so viel preisgeben. Seine Familie in Marpingen ist und bleibt tabu. Anfragen einschlägiger Sendeanstalten, die berühmt sind für boulevardeske Familienstory-Formen ließ er bislang abblitzen. Obwohl aufgrund seiner ungezügelten Erzählweise solch ein Film sehr amüsant werden könnte.

Trauben rauben in Kapstadt , Taschenbuch: 368 Seiten Verlag: Arturo Ausgabe: 1 (26. Juni).

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