SZ-Serie „Sind Sie ein Saarland-Kenner?“ Als drei Mädchen im Saar-Wald Unglaubliches sahen (mit Bildergalerie)

Serie | Marpingen · In unserer SZ-Serie „Sind Sie ein Saarland-Kenner?“ geht es um fast vergessenes Wissen und interessante Fakten über unser Bundesland. Heute: Katharina, Susanna und Magaretha gehen im Sommer 1876 in den Härtelwald in Marpingen und machen eine unglaubliche Entdeckung.

Erscheinungen im Härtelwald: Marpingen zieht immer noch Pilger an
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Erscheinungen im Härtelwald: Marpingen zieht immer noch Pilger an

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Foto: Ackermann Dieter

Marpingen, 3. Juli 1876: Die achtjährigen Mädchen Katharina Hubertus, Susanna Leist und Margaretha Kunz gehen in den Härtelwald, um Heidelbeeren zu pflücken. Oberhalb eines kleinen Wasserlaufs im Wald bleiben sie plötzlich stehen. Susanna schreit laut auf – eine weiße Frau. „Uns ist die Jungfrau Maria erschienen“, sagen alle drei Mädchen übereinstimmend, als sie zurückkommen. Die Nachricht verbreitet sich nicht nur in Marpingen wie ein Lauffeuer. Pilger strömen aus allen Ecken Europas in den Härtelwald. In der Presse wie der Saar- und Mosel-Zeitung wird über die vermeintliche Erscheinung der Mutter Gottes berichtet und über den Wahrheitsgehalt diskutiert.

Im Sommer 1876 und im Jahr darauf sehen die drei Mädchen die Jungfrau Maria mehrmals, zuletzt am 3. September 1877. Auch andere Kinder und Erwachsene berichten von der Marienerscheinung und dass sie im Härtelwald von ihr auf wundersame Weise geheilt wurden.

Marienerscheinung in Marpingen: Militär geht brachial gegen Pilgerschar vor

Nur zehn Tage später, am 13. Juli 1876, schickt die Regierung in Berlin eine Kompanie in den Härtelwald, um die singende und betende Pilgerschar am Erscheinungsort aufzulösen. Das Militär geht laut Berichten mit brachialer Gewalt gegen die Gläubigen vor, mit Verhaftungen und Repressalien. Der Härtelwald und angrenzende Waldstücke werden von Infanterietruppen weiträumig abgesperrt, um weitere Wallfahrten zu unterbinden. Katharina, Susanna und Margaretha werden in ein Heim eingeliefert.

Medien berichten über Erscheinung der heiligen Maria im Härtelwald

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Foto: BECKER&BREDEL/bub

Was im Sommer 1876 im Marpinger Härtelwald im heutigen Landkreis St. Wendel geschah, erregte europaweit Aufsehen. Viele Medien wie die Saar- und Mosel-Zeitung, die Kölnische Volkszeitung und die Saar-Zeitung berichteten damals über die angebliche Erscheinung der heiligen Maria in Marpingen. Am 15. Juli 1876 gratulierte die Saar- und Mosel-Zeitung der Regierung in Berlin – und erreichte mit dem Bericht, dass die Marienerscheinung in dem Wald noch bekannter wurde. Die Enzyklopädie Wikipedia berichtet inzwischen auf über 20 Seiten über die Marienerscheinungen in Marpingen 1876/1877. Die drei Mädchen widerriefen später ihre vielen Berichte über die Erscheinung der Mutter Gottes – dies geschah jedoch unter einer Art Zwang, nachdem sie in das „Besserungsheim“ eingeliefert worden waren.

Marpingen gilt als „deutsches Lourdes“

Insgesamt gibt es etwa 2 000 Berichte von Marienerscheinungen in der Welt – auch aus Deutschland. Die katholische Kirche unternimmt in solchen Fällen zunächst einmal nichts. Wenn sich Erscheinungen wie in Marpingen allerdings wiederholen und viele Pilger anziehen oder mehrere Medien darüber berichten, dann prüft die katholische Kirche die Erscheinungen. In dem Prüfungsprozess wird dann jedes Detail unter die Lupe genommen. Am bekanntesten von allen deutschen Marienerscheinungen ist wohl Marpingen und gilt als „deutsches Lourdes“. Aber offiziell wird sie von der katholischen Kirche nicht anerkannt. Fachleute haben insgesamt nur 15 Orten weltweit bescheinigt, bei denen es sich „nach menschlichem Ermessen um übernatürliche Begebenheiten handelt“. Zu diesen Orten zählen die großen Wallfahrtsstätten Lourdes im Südwesten Frankreichs, Fatima (Portugal), Gouadelupe und Banneux in Belgien.

Marpingen ist bis heute Andachtsstätte im Saarland

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Foto: Animaflora PicsStock - stock.ado/GMLR

1999 sorgten neue angebliche Marienerscheinungen in Marpingen wieder für Aufsehen. Zwischen Mai und Oktober soll die heilige Maria drei Frauen insgesamt 13 Mal erschienen sein und ihnen Botschaften übermittelt haben. Es setzten erneut große Pilgerströme nach Marpingen ein, bis zu 60 000 Menschen pro Jahr besuchten dann zunächst das saarländische Dorf.

Erscheinungen im Härtelwald: Marpingen zieht immer noch Pilger an
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Foto: Ackermann Dieter

2005 hat die Gemeinde Marpingen dann eine komplette Neugestaltung des Ortes der vermeintlichen Erscheinung der Mutter Gottes mit Quelle und Andachtsstelle vorgenommen. Das Land unterstützte mit rund 1,75 Millionen Euro das „Tourismusprojekt Härtelwald“ für die neue Andachtsstelle, Sanitärgebäude, Quellwasseraufbereitung, Wassertretanlage, Kanäle, Wege und Parkplätze. Etwa 752 000 Euro übernahm zusätzlich die Gemeinde. Zuletzt gab es Schätzungen, dass etwa 15 000 Besucher pro Jahr nach Marpingen pilgern. Rund 35 000 Menschen kommen noch einmal dazu, die vereinzelt oder regelmäßig zur Verehrungsstelle pilgern. Der Trierer Bischof Reinhard Marx gab jedoch 2005 in einem Schreiben bekannt, dass es „nicht feststehe, dass den Ereignissen in Marpingen aus den Jahren 1876 und 1999 ein übernatürlicher Charakter zukommt“.

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