Kranzniederlegung in Marpingen 60 Menschen gedenken Opfer des NS-Terrors

Marpingen · Der Verein „Wider das Vergessen und gegen Rassismus“ gedachte am 30. Januar dem Marpinger Widerstandskämpfer Alois Kunz.

 Die Teilnehmer bei der Kranzniederlegung anlässlich des Nationalen Gedenktages an die Opfer der NS-Verbrechen

Die Teilnehmer bei der Kranzniederlegung anlässlich des Nationalen Gedenktages an die Opfer der NS-Verbrechen

Foto: Eberhard Wagner/ Verein

Am vergangenen Sonntag, 30. Januar, konnte der Vereinsvorsitzende des Vereins „Wider das Vergessen und gegen Rassismus“, Eberhard Wagner, mehr als 60 Personen an der Gedenktafel an den Marpinger Widerstandskämpfer Alois Kunz zur Gedenkstunde begrüßen. Das teilt ein Sprecher des Vereins in einer Presseveröffentlichung mit.

Unter den Teilnehmern war auch der Enkel von Alois Kunz, Joachim Kunz und seine Ehefrau, sowie Landrat Recktenwald, die Landtagsabgeordneten Magnus Jung und Hermann Scharf und die vier Marpinger Ortsvorsteher. Die Gedenkstunde fand in diesem Jahr zum 26. Mal statt. Musikalisch wurde sie begleitet von Jürgen Brill. In seiner Begrüßung erinnerte Wagner daran, dass am 30. Januar vor 89 Jahren der damalige Reichspräsident von Hindenburg den Führer des NSDAP, Adolf Hitler, zum Reichskanzler ernannte und somit das Ende der Weimarer Demokratie besiegelte, heißt es in dem Bericht weiter. Schon bald wurden mit Hilfe des „Reichstagsbrandgesetzes“ und des „Ermächtigungsgesetzes“ alle demokratischen Rechte außer Kraft gesetzt, es folgten kurz darauf der Boykott jüdischer Einrichtungen im Reich am 1. April 1933 und die unsägliche Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Am 22. März 1933 wurde in Dachau das erste KZ eröffnet.

In der diesjährigen Ansprache ließ Pfarrerin Christine Unrath das Leben des Marpinger Widerstandskämpfers Alois Kunz Revue passieren. Dieser hatte nach der Machtübertragung an Hitler das Unglück kommen sehen und gegen den Anschluss des damaligen Saargebietes an Nazi-Deutschland mit aller Macht gekämpft. Vergeblich.

Die damalige Bürgermeisterei Alsweiler, zu der Marpingen gehörte, stimmt mit über 96 Prozent für den Anschluss an Hitler-Deutschland. Kunz wurde danach von der Mehrheit der Marpinger Bürger geächtet, verlor seinen Arbeitsplatz im Saar-Bergbau, wurde vom NSDAP- Ortsgruppenleiter denunziert und landete Ende 1939 im KZ Sachsenhausen bei Berlin. Am 23. November 1939 wurde seine Tochter zusammen mit ihrer besten Freundin von einem betrunkenen Wehrmachtssoldaten überfahren, bei der Beerdigung konnte der Vater nicht anwesend sein, heißt es in dem Bericht weiter.

Läppische 640,98 Reichsmark Schadensersatz bezahlte die Wehrkreisverwaltung für den Verlust der Tochter. Aus dem KZ schrieb Alois Kunz viele Briefe, aus denen Pfarrerin Unrath zitierte. Immer ermunterte er seine Frau Katharina durchzuhalten und den Mut nicht zu verlieren. Im August 1942 wurde Kunz nach Auschwitz verfrachtet, wo er kurz darauf am 23. Oktober 1942 ermordet wurde, wahrscheinlich durch eine Phenolspritze direkt ins Herz.

Er hatte einen Grubenunfall und war nicht mehr arbeitsfähig. Der Arzt, der die Tat ausführte und die Sterbeurkunde ausstellte, Dr. phil., Dr. med. Johann Paul Kremer, wurde zwar in Polen zum Tode verurteilt, später aber begnadigt und an die BRD ausgeliefert, wo er als freier Mann Kunz um viele Jahre überlebte. Pfarrerin Christine Unrath wies auch auf die unsägliche Geschichtsvergessenheit vieler Teilnehmer der „Querdenker“-Demonstrationen hin. Diese stellten sich als Opfer dar und schämten sich nicht, mit dem Judenstern am Ärmel sich als Verfolgte zu bezeichnen und sich sogar mit der in Bergen-Belsen ermordeten Anne Frank oder mit Sophie Scholl zu vergleichen.

Die gesamte Ansprache steht im Internet unter www.widerdasvergessen.de.

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