Mit Menschlichkeit helfen

Marpingen · In Marpingen haben Christel und Klaus Scheid im Dezember fünf junge Flüchtlinge aufgenommen. Mittlerweile sind sie eine große Familie geworden. Christel Scheid sagt: „Sie sind meine Enkel“.

 Leben gerne in Marpingen: Ehab, Klaus Scheid, Christel Scheid, Lisa Recktenwald, Feras und Ibrahim (sitzend v. links), vorne Saleh, es fehlt Hisham, der Verwandte in Dortmund besuchte. Foto: Frank Faber

Leben gerne in Marpingen: Ehab, Klaus Scheid, Christel Scheid, Lisa Recktenwald, Feras und Ibrahim (sitzend v. links), vorne Saleh, es fehlt Hisham, der Verwandte in Dortmund besuchte. Foto: Frank Faber

Foto: Frank Faber

Es ist ein Glücksfall für fünf junge Männer, die vor dem Krieg in Syrien geflüchtet sind. Aus dem Zelt in der Landesaufnahmestelle Lebach wurden sie nach Marpingen verteilt. Christel und Klaus Scheid haben die Gemeinde benachrichtigt, dass sie auf einer Etage Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellen können. "Wir haben mit zwei, drei Leuten für die untere Etage geplant", sagt die 71-jährige Christel Scheid.

Doch aus einem Bus sind gleich fünf junge Männer ausgestiegen. Das war im Dezember des vergangenen Jahres. "Nun sind wir eine Familie. Klaus ist der Vater, Christel die Mama, wir fühlen uns wie zu Hause", freut sich Syrer Feras. Der 29-Jährige ist von Beruf Journalist, hat beim arabischen Fernsehsender Al Jazeera gearbeitet, spricht perfekt Englisch und ist deshalb prädestiniert für den Job des WG-Übersetzers. "Wir haben unsere Anerkennung, als nächstes gehen wir in den Integrationskurs", erzählt er. Seine Mitbewohner sind Ibrahim (20), Hisam (29), Ehab (28) und Saleh (20), ein Kurde. "Beim Einkaufen brauchen sie mich nicht, da kommen sie gut klar", berichtet Feras. Ihren Haushalt führen sie selbstständig. "Es ist doch für junge Leute ganz wichtig, dass sie eine eigene Privatsphäre haben", stellt Christel Scheid fest.

In der ersten Zeit hätten sie noch gemeinsam "Mensch ärgere dich nicht" und Scrabble gespielt. "Zur Zeit sitzen sie oft da und haben die Stöpsel im Ohr", sorgt sie sich: "Denn es sind meine Enkel ". Feras kennt das Problem: "Wir fühlen uns hier sicher, aber wir haben den ganzen Tag nichts zu tun". Als Journalist ist er von Berufs wegen neugierig, ständig über das Weltgeschehen auf dem Laufenden und informiert sich über Jobangebote. "Ich will mich umfassend informieren und hoffe, dass es dann mit einem Job klappt", so Feras. Festgestellt hat er aber auch, dass in den Medien ein differenziertes Bild über die Kultur und Religion der Flüchtlinge dargestellt werde. "Auf der Straße sagen einige Menschen zu uns freundlich Hallo, die andere Hälfte guckt zur Seite", hat er beobachtet. Deshalb wollen sie gerne mithelfen, dass ein reales Bild dargestellt wird.

Schlüssel zur Integration

In ihrem Marpinger Umfeld ist das kein Thema. Bei ihren Nachbarn ist die Gruppe voll akzeptiert. "Das hat von Anfang an gepasst", meint Christel Scheid. Wenn Behördengänge angesagt sind, steht den Jungs die ehrenamtlich tätige Lisa Recktenwald vom Netzwerk für Flüchtlinge hilfreich zur Seite. "Sie lernt dabei gut arabisch", scherzt Feras. Nicht zuletzt wegen der sehr guten Unterstützung hätten er und seine Mitbewohner oftmals das Bedürfnis, etwas zurückgeben zu wollen. Bei Christel und Klaus Scheid (77) ist das nicht vonnöten. "Unsere WG ist einzigartig, immer miteinander und nicht nebeneinander", sagt die Hausherrin. Ihr Mann Klaus schaut noch kurz in die Wohnstube und merkt an: "Den ganzen Tag ist Leben im Haus, diese Jungs halten uns jung". Das Ehepaar weiß, Menschlichkeit ist der Schlüssel zur Integration. "Etwas Besseres wie bei Christel und Klaus hätte uns fünf nicht passieren können und dafür sind wir unheimlich dankbar", spricht Feras im Namen aller WG-Bewohner.

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