Ein Jahr im Amt „Feierabend hat man als Bürgermeister nicht“

Marpingen · Wie es Marpingens Rathauschef in seinem ersten Amtsjahr ergangen ist und welchen Herausforderungen er sich stellen musste.

 Volker Weber fühlt sich wohl im neuen Amt. In seinem ersten Jahr als Bürgermeister hat er bereits mehrere Projekte umsetzen können.

Volker Weber fühlt sich wohl im neuen Amt. In seinem ersten Jahr als Bürgermeister hat er bereits mehrere Projekte umsetzen können.

Foto: WIB

Heute vor einem Jahr hat Volker Weber (SPD) die Arbeit an der Spitze der Gemeindeverwaltung aufgenommen. Im Interview mit der Saarbrücker Zeitung berichtet Marpingens Bürgermeister, was er in den vergangenen zwölf Monaten erlebt hat. Er erzählt, wie es sich anfühlt, auf dem Chefsessel im Rathaus zu sitzen und welche unerwarteten Aufgaben er bisher meistern musste. Außerdem spricht Weber über die Landtagswahl, bereits abgeschlossene Projekte und seine Wünsche für die Zukunft.

Herr Weber, 3429 Bürger haben Ihnen 2016 ihr Vertrauen geschenkt. Wie viele Stimmen würden Sie bekommen, wenn am Sonntag Wahlen wären?

Volker Weber Es ist immer schwierig, in die Glaskugel zu schauen. Aber ich denke, dass unsere bisherige Arbeit im Rathaus gut ist. Die Bürger, die mich gewählt haben, sind sicherlich zufrieden. Außerdem glaube ich, dass ich den ein oder anderen Kritiker von mir überzeugen konnte.

Bei den Landtagswahlen lief es für die SPD eher schlecht. Woran lag’s?

Weber Das sind mehrere Faktoren, die nicht immer unbedingt in der Kommunalpolitik verankert sind. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat einen sehr hohen Beliebtheitswert im Saarland. Wir haben in der Gemeinde Marpingen auch sehr von der Landesregierung profitiert. Das hat sich hier im Ergebnis niedergeschlagen. Dennoch bin ich der Auffassung, dass man die eine Wahl nicht mit der anderen vergleichen kann. Natürlich hätte ich mir als SPD-Mann ein besseres Resultat für meine Partei gewünscht. Aber wir sind im Land in der Großen Koalition beteiligt und werden auch für unsere Gemeinde gute Politik machen können. Das ist für mich als Bürgermeister die Hauptsache.

Was können Sie in Ihrem Amt tun, um die Menschen von der SPD zu überzeugen?

Weber Als Bürgermeister ist es nicht primär meine Aufgabe, eine Partei zu stärken. Meine Aufgabe ist es, überparteilich zu agieren und gute Ergebnisse für die Gemeinde zu erzielen. Wenn mir das als SPD-Bürgermeister gelingt, profitiert natürlich auch meine Partei. Wir galten immer als eine parteipolitisch etwas zerstrittene Gemeinde. Mir war es wichtig, dieses Image zu verändern. Dazu habe ich mich mit allen Parteien an einen Tisch gesetzt und Gespräche geführt. Das ist mir ganz gut gelungen. Bisher sind unsere Ratssitzungen sehr harmonisch abgelaufen.

Was haben Sie seit der Wahl noch verändert?

Weber Wir haben die Dorfentwicklung vorangetrieben und uns beispielsweise in Alsweiler um die Einrichtung eines Cafés samt Geldautomaten gekümmert. Außerdem haben wir in Marpingen mit der Realisierung eines Vereinshauses eine neue Heimstätte für unsere Vereine geschaffen. Die ersten Vereine sind schon eingezogen. Wir haben auch in das Vereinshaus in Alsweiler investiert und dort die Arbeiten vorangetrieben.  Darüber hinaus sind wir jetzt auf Facebook aktiv und können dadurch besser mit den Bürgern kommunizieren. Und wir haben durch gemeinsam organisierte Verkaufsaktionen die Einzelhändler in unserer Gemeinde wieder mehr in den Fokus gerückt.

Sie wollten ein Seniorenticket einführen. Wie sieht es damit aus?

Weber Für mich war immer das Ziel, ein kreisweites Busticket für ältere Menschen einzuführen. Das günstiger ist als das Saarland-Ticket des Saar VV. Das würde die Mobilität der Senioren deutlich erhöhen. Im Alleingang realisieren konnten wir ein solches Ticket noch nicht.  Aber wir bleiben dran und stehen in Gesprächen mit anderen Gemeinden.

Ein weiteres Anliegen von Ihnen ist der Netzausbau. Da ist die Gemeinde ohnehin schon weit vorne.

Weber Stimmt und er wird noch erweitert. Im ersten Halbjahr 2018 werden noch einige Straßenzüge ans Glasfasernetz angeschlossen. Das betrifft mehrere hundert Bürgerinnen und Bürger. Danach gibt es nur noch vereinzelt Stellen, die kein Breitband zur Verfügung haben werden. Allerdings bin ich da im Gespräch mit allen Telekommunikationsunternehmen. Ich gehe denen regelmäßig auf den Wecker, damit sie uns nicht vergessen.

Wichtig ist Ihnen auch die Partnerschaft zur sizilianischen Stadt Siculiana. Was konnten Sie da bisher bewegen?

Weber Die meisten Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Gemeinde haben Wurzeln in Italien. Sie kamen als Gastarbeiter hierher und sind mittlerweile zu Nachbarn und Freunden geworden. Die meisten von ihnen kommen aus der Gegend, in der wir die Städtepartnerschaft haben. Mir ist es daher wichtig, mit der Region in Kontakt zu bleiben. Es sind schon einige Vereine von dort zu uns nach Marpingen gekommen, um bei uns Urlaub zu machen. Und einige unserer Vereine sind schon nach Sizilien geflogen. Ein Austausch ist also da, der steckt aber noch in den Kinderschuhen. Wir versuchen jetzt, die Partnerschaft auf die wirtschaftliche und touristische Ebene auszuweiten.

In der Gemeinde hat sich in den vergangenen zwölf Monaten also einiges getan. Was hat sich in Ihrem Leben seit Amtsantritt verändert?

Weber Ich arbeite jetzt dort, wo ich wohne und muss nicht mehr jeden Tag nach Saarbrücken fahren. Außerdem bin ich für sehr viele Mitarbeiter zuständig. Ich befasse mich mit vielfältigen Themen und lerne jeden Tag dazu. Ich bin mehr unterwegs, stehe mehr in der Öffentlichkeit und meine Arbeitstage sind deutlich länger geworden. Einen wirklichen Feierabend hat man als Bürgermeister nicht.

Können Sie noch in Ruhe einkaufen gehen?

Weber Die Menschen sprechen mich auch da an. Es kann mitunter schon mal passieren, dass meine Tiefkühlpizza aufgetaut ist, bis ich Zuhause ankomme. Trotzdem hatte ich bisher noch nicht den Gedanken, mir den Kapuzenpulli anzuziehen und inkognito einkaufen zu gehen. Ich nehme mir die Zeit gerne. Aber es fordert natürlich auch viel Kraft.

Haben Sie damit gerechnet, dass es so anstrengend wird?

Weber Im Grunde ja. Wobei ich unterschätzt habe, was alles auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters landet. Es gibt Dinge, dafür ist die Gemeinde gar nicht zuständig. Aber die Leute brauchen jemanden als Ansprechpartner und dann suchen sie Hilfe im Rathaus. Auch die interne Arbeit und Organisation in der Verwaltung erfordern viel Zeit. Da schlagen täglich irgendwelche Dinge auf.

Die Personalverantwortung, war das die größte Herausforderung?

Weber In eine bestehende Struktur zu kommen, war das Schwierigste. Mein Motto war nie: Das haben wir schon immer so gemacht, das machen wir auch weiterhin so. Ich habe alles auf Verbesserungsmöglichkeiten überprüft. Und dann gab es noch die alltäglichen, kleinen Herausforderungen.

Was denn zum Beispiel?

Weber Das erste Mal als Bürgermeister einen Fassanstich zu übernehmen. Das beschäftigt einen vorher schon. Mein erster Fassanstich war bei der großen Marienkirmes. Mein Vorgänger hat das 26 Jahre lang bravourös gemeistert. Da habe ich mich schon gefragt, was wenn du jetzt daneben haust oder den Hahn abschlägst oder das Bier in alle Richtungen spritzt. Das ist jetzt zwar nichts Schlimmes, aber damit befasst man sich. Oder wenn man ein Grußwort vor 500 Leuten halten muss. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich bin da so abgebrüht, dass ich mir vorher keine Gedanken darüber mache.

Was müssen Sie als Bürgermeister noch lernen?

Weber Man muss immer an sich arbeiten und immer Dinge verbessern. Das konkret zu benennen, ist schwierig. Ich muss gucken, dass ich die Balance halte. Ich will als Bürgermeister ansprechbar sein, kann mich aber nicht persönlich um alles kümmern, sonst komme ich meinen eigentlichen Aufgaben nicht nach. Aber ich stehe ja auch nicht alleine da, sondern kann mich auf meine gute Verwaltung verlassen.

Was haben Sie im Wahlkampf versprochen und bisher nicht eingelöst?

Weber Da gibt es vieles. Ich bin ja auch für acht Jahre gewählt und mein Programm war auf diese Zeit ausgelegt. Das Seniorenticket ist eines der nächsten Baustellen, die wir angehen werden. Wir versuchen, die Dorfinnenentwicklung weiter voranzutreiben und müssen klären, was  mit dem Gebäude der Grundschule in Urexweiler passiert. Es gibt noch viel zu tun.

Wenn Sie drei noch so absurde Wünsche für die Gemeinde Marpingen äußern dürften. Wie würden diese lauten?

Weber Eine schuldenfreie Gemeinde. Dass die Bürger sehen, dass sie in der Gemeinde Marpingen genauso gut leben können wie in der Stadt. Und dass wir künftig von großen Katastrophen und Unwettern verschont bleiben.

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