Erhellendes über umstrittene Band

Marpingen · Heimatverliebt, christlich konservativ, aber nicht ausgrenzend und nicht nationalsozialistisch. So charakterisierte der Berliner Autor Klaus Farin die umstrittene und erfolgreiche Südtiroler Deutschrock-Band Freiwild. Im Marpinger Jugendcafé stellte der Schriftsteller den 30 Besuchern sein Buch „Freiwild – Südtirols konservative Antifaschisten“ vor.

 Die Musiker sind Südtirols konservative Antifaschisten, behauptet der Schriftsteller Klaus Farin, der sein Buch über die Band Freiwild im Marpinger Jugendcafé vorstellte. Foto: Frank Faber

Die Musiker sind Südtirols konservative Antifaschisten, behauptet der Schriftsteller Klaus Farin, der sein Buch über die Band Freiwild im Marpinger Jugendcafé vorstellte. Foto: Frank Faber

Foto: Frank Faber

Deutschrock ist schon lange nicht mehr das Ding von älteren Herren wie Herbert Grönemeyer und Marius Müller Westernhagen. Ende der 1980er-Jahre kommt mit den Toten Hosen und Böhsen Onkelz eine neue und lärmende Generation an den Start. Doch warum hat Deutschrock mittlerweile auch einen schlechten Ruf? "Wegen uns", gibt Philipp Burger, Sänger der Südtiroler Band Freiwild, offen zu. Dennoch feiert die Band kommerzielle Erfolge und füllt große Hallen, obwohl Sänger Burger eine rechte Vergangenheit bis 2001 in der Neonazi-Band Kaiserjäger hinter sich hat und Kritiker die Liedtexte als nationalsozialistisch deuten.

"Bei dem Buch ging es mir um die Band und das, was alles dahintersteckt", sagt Schriftsteller und Jugendforscher Klaus Farin . Er versteht sich als politischer Autor, mehr als zwei Jahre hat er die Band Freiwild begleitet und mit ihren Fans gesprochen. In seinem 400-seitigem bebilderten Wälzer kommt er zu dem Ergebnis: "Freiwild distanziert sich eindeutig und glaubwürdig von Faschismus jeglicher Art und ist auch nicht als Personen Teil der rechten Szene".

So wehrt sich die Band dagegen, aufgrund Burgers Vergangenheit als Rechtsrock-Band stigmatisiert zu werden. Das umstrittene Image macht Farin an der ausgeprägten Heimatliebe ("ein Alleinstellungsmerkmal") der Band zu Südtirol und an den "patriotischen" Texten in fünf Songs fest. "Ich dulde keine Kritik an diesem heiligen Land, das unsere Heimat ist", heißt es im Song "Südtirol" der Brixener. "Es gibt aber keine einzelne rassistische Zeile von Freiwild. Die Heimatverliebtheit ist der Band schon wichtig. Sie ist nicht ausgrenzend gemeint. Christlich-konservativ und antifaschistisch zu sein, ist in Südtirol kein Widerspruch", erklärt Farin.

Fans sind keine Ghettokids

Den Erfolg der Norditaliener führt Farin darauf zurück, dass sich die Fans mit ihrer Band als eine "Minderheit" fühlen können. "Freiwild-Fans, sind nicht die typischen Ghettokids aus der Großstadt. Im Gegenteil. Die Fans kommen mehr vom Land und bilden die ganze Gesellschaft ab", sagt der Jugendforscher. Bis vor zwei Jahren, so Farin, habe sich die Band als unpolitisch verstanden. Erst nachdem sie sich in Interviews immer mehr mit politischen Themen konfrontiert gesehen haben, beschäftigen sich die Bandmitglieder mit Politik und beziehen Stellung. "Das hat den Fans nicht gefallen", so Farin.

Ein Facebook-Post gegen die Partei Alternative für Deutschland (AfD) und Pegida spaltet im August gar das Fanlager. "Nach dem Posting sind viele Mitglieder aus dem Verein ausgetreten", berichtet Christine Schwan, Bundesvorsitzende des Freiwild Supporters Club.

Farin belächtet geradezu das werbewirksame Szenarium, wenn mal wieder eine Petition gegen ein Freiwild-Konzert läuft: "Das ist gut für die PR eines Politikers oder Bürgermeisters." Zum Wirbel, den die Band fast schon regelmäßig bei der Nominierung zum deutschen Echo-Musikpreis auslöst, meint er locker: "Einen Echo zu bekommen, ist peinlich, aus dem Echo rausgenommen zu werden, bringt Kohle."

Für Farin gibt es abschließend keinen objektiven Grund die Band Freiwild als Rechtsrock-Band zu bezeichnen, sondern als "Südtirols konservative Antifaschisten". Binnen 15 Jahren sei die Band sehr professionell geworden und sie gehöre wie die Böhsen Onkelz zu den erfolgreichsten Vertreter des deutschen Kommerzrocks.

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