„Die zwei verhasstesten Kandidaten der Geschichte“

Marpingen · "Es ist verständlich, aber nicht nachvollziehbar", bringt es am Ende der Diskussion Max Schlosser auf den Punkt. Er ist einer der Oberstufenschüler, die gestern eine besondere Politikstunde in der Gemeinschaftsschule Marpingen erleben. Als einer von mehr als 200 Schülern, denen Bruno von Lutz aus aktuellem Anlass das amerikanische Wahlsystem erklärt. Der Geschäftsführende Direktor des Deutsch-Amerikanischen-Instituts (DAI) in Saarbrücken aber bereits zu Beginn mit einem Augenzwinkern gewarnt: "Es ist kompliziert".

 Bruno von Lutz, Direktor des DAI, erklärt Oberstufenschülern der Gemeinschaftsschule Marpingen das US-Wahlprozedere. Foto: S. Bohlander

Bruno von Lutz, Direktor des DAI, erklärt Oberstufenschülern der Gemeinschaftsschule Marpingen das US-Wahlprozedere. Foto: S. Bohlander

Foto: S. Bohlander

Halb auf Englisch, halb auf Deutsch will er seinen Vortrag halten. Doch mit fortschreitender Komplexität wechselt er immer mehr in unsere Muttersprache. Um den großen Bogen zu spannen, startet er mit einer Einführung in die amerikanische Verfassung, deren Text nicht geändert werden dürfe. Vielmehr gehe es immer wieder darum, diese neu zu interpretieren. Das geschehe etwa durch Verfassungszusätze, zuerst geschehen mit der "Bill of rights", die den US-Amerikanern unveräußerliche Grundrechte verspricht. Ebenso berühmt wie umstritten sei beispielsweise der zweite Zusatzartikel, der US-Bürgern das Recht auf das Tragen einer Waffe zusichere. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump schüre in diesem Zusammenhang Ängste, da er seiner demokratischen Herausforderin Hillary Clinton vorwerfe, sie wolle diesen Zusatz abschaffen. Ob denn der Mentalitätsunterschied zwischen Europäern und Amerikanern tatsächlich so groß sei, möchte Schüler Severin Rech mit Blick auf das aus europäischer Sicht viel zu lockere Waffengesetz wissen. "Es ist teils eine groteske Argumentation, die für uns nicht nachvollziehbar ist", sagt von Lutz.

"Warum kommt Trump eigentlich damit durch, keine inhaltlichen Aussagen zu machen?", fragt Phillip Göttel. Er sei ein "begnadeter Populist", erklärt Bruno von Lutz, "er bricht immer wieder Tabus". Für Aufregung etwa sorgt noch immer seine Aussage, er wolle die Wahl, die heute stattfindet, nur anerkennen, wenn er gewinne. "Es sind die zwei verhasstesten Kandidaten der Geschichte ", bringt der Direktor des DAI die Unbeliebtheit der Kontrahenten auf den Punkt. Auf der einen Seite Trump, der mit reiner Emotion auf Stimmenfang gehe, und dort die eiskalt wirkende Clinton, die über sehr große politische Erfahrung verfügt. Dabei sei nicht grundsätzlich alles schlecht, was Trump fordere. So setze er sich für eine Begrenzung der Legislaturperioden von Senatoren ein, was der Korruption entgegenwirken soll. Zurzeit beträgt eine Amtszeit sechs Jahre, doch gewählt werden könne man so oft, wie man sich zur Wahl stelle.

Die Wahl zum Präsidenten verlaufe bis auf wenige Ausnahmen in fast allen Bundesstaaten nach dem "Winner takes it all"-Prinzip. Das heißt: Die Wahlmänner-Stimmen des jeweiligen Staates werden komplett jenem Kandidaten zugeordnet, der im betreffenden Staat die meisten Wählerstimmen erhalten hat. Dadurch könne es zu einem Kuriosum kommen. Demnach könne der Kandidat, der USA-weit die meisten Wählerstimmen für sich entscheide, dennoch dem Kandidaten mit weniger Wählerstimmen unterlegen sein. Jüngstes Beispiel ist das Duell Bush gegen Gore im Jahr 2000, wobei George W. Bush jr. mit etwa 500 Stimmen mehr letztendlich zum Präsidenten gekürt wurde. Nicht auf alle Details des sehr komplexen Wahlvorgangs konnte Bruno von Lutz eingehen, er gestand ein: "Es ist eine geradezu groteske Verkomplizierung des Wahlsystems".

Den Kontakt zum DAI-Direktor stellte Markus Mörsdorf her. Der Politik-Lehrer erläuterte abseits der Veranstaltung, dass dies ein anderer Wahlkampf als sonst sei. Es fehle ein "argumentatives Korrektiv", mit dem man der emotional gesteuerten Kampagne Trumps wirksam entgegentreten könne. Der Republikaner stehe für einen Politikstil, in dem nicht mehr argumentiert, sondern nur noch durchgesetzt werde.

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