Geschichtsorte Erst die Erscheinung, dann Gewalt?

Marpingen/Alsweiler · Was im Sommer des Jahres 1876 im Härtelwald in Marpingen geschah, hat das Geschichtsforum Alsweiler dokumentiert.

 So sie ht die Marienkapelle im Härtelwald Marpingen heute aus.

So sie ht die Marienkapelle im Härtelwald Marpingen heute aus.

Foto: Florian Rech

Marpingen im Sommer 1876, damals eine 1600-Seelen-Gemeinde. Im Mittelpunkt: drei Marpinger Mädchen: Katharina Hubertus, Susanna Leist und Margaretha Kunz.. „Die drei Mädchen wurden in den Härtelwald geschickt, um ‚Wäle zu brechen‘, also Heidelbeeren. Als die Kinder zurückkamen, erzählten sie, ihnen sei die Jungfrau Maria erschienen“, erklärt Thomas Störmer, Vorsitzender des Geschichtsforums Alsweiler. Skepsis.

Dennoch: Die Nachricht von der vermeintlichen Marienerscheinung verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Pilger strömen aus allen Ecken Europas in den Härtelwald, in der Presse wird die vermeintliche Erscheinung heiß diskutiert. Marpingen in aller Munde.

Die Sache entwickelt sich zu einem Politikum, denn die Ereignisse fallen in die Hochphase des so genannten Kulturkampfs – dem Konflikt zwischen Preußen beziehungsweise  dem Deutsche Reich und der katholischen Kirche. Störmer: „Die Regierung in Berlin wurde hellhörig, schickt eine Kompanie in den Härtelwald, die mit brachialer Gewalt vorging. Verhaftungen und Repressalien folgten. Marpingen war eine Episode im Kulturkampf, der seinerseits ein Konflikt um die zukünftige Gestaltung der deutschen Gesellschaft war.“

Oberhalb des vermeintlichen Erscheinungsortes entspringt ein kleiner Wasserlauf. Dieser wird bereits im 19. Jahrhundert baulich gefasst, dann um eine Andachtsstätte erweitert. 2005 folgt eine komplette Sanierung und Neugestaltung von Quelle und Andachtsstätte durch die Gemeinde Marpingen. Schließlich ist der Ort bis heute Ziel zahlreicher Pilger – ein Geschichtsort im Landkreis St. Wendel. „Und mit Sicherheit der bedeutendste Geschichtsort in der Gemeinde Marpingen“, ergänzt Störmer. Daher auch für das Geschichtsforum Alsweiler interessant, das eigentlich eher den eigenen Ort im Fokus hat.

1975 gründet sich der Verein für Heimatkunde Alsweiler. 2016 erfolgt die Namensänderung in Geschichtsforum Alsweiler. Störmer: „Unsere Hauptaufgabe sehen wir darin, das 1986 begonnene Dorfarchiv weiter zu pflegen, zu chronologisieren und zu digitalisieren.“ Die Digitalisierung wird vom Bundesmodellvorhaben „Land(auf)Schwung“ unterstützt – der Landkreis St. Wendel wurde als eine von insgesamt 13 Regionen bundesweit für dieses Vorhaben ausgewählt.

„14 429 Einträge der Haupt- und Nebenakten des einstigen Standesamtes Alsweiler haben wir bereits gescannt“, sagt Störmer. Diese Akten umfassen die Zeit von etwa 1813 bis 1899. Für die Gemeinde Tholey hat das Geschichtsforum bis dato etwa 28 000 Zivil- und Kirchenakten von 1815 bis 1907 gescannt, geordnet, gegliedert. Ein wichtiges Projekt, um Akten für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Störmer: „Altes Papier zerfällt mir der Zeit. Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung: Die Suche wird erleichtert, die Inhalte werden also verschlagwortet und sind am PC schnell zu finden. Und: Die Daten werden an verschiedenen Orten gespeichert, die Akten bleiben somit definitiv in digitaler Form erhalten.“

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