SZ-Serie Vegetarisch und vegan Essen gehen – Die beliebtesten Adressen im Saarland Märchenhafte Genüsse im Landgasthof Paulus in Nonnweiler-Sitzerath (mit Bildergalerie)

Nonnweiler · In unserer Serie stellen wir Gastronomiebetriebe im Saarland vor, die eine gute Auswahl an vegetarischen oder veganen Gerichten anbieten. Heute: Der Landgasthof Paulus in Nonnweiler-Sitzerath.

Ein vegetarischer Abend im Landgasthof Paulus in Nonnweiler-Sitzerath
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Ein vegetarischer Abend im Landgasthof Paulus in Nonnweiler-Sitzerath

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Foto: Thomas Reinhardt

Zum Landgasthof-Paulus sind es von uns aus, je nach Strecke, 55 oder 65 Auto-Kilometer. Deshalb sind wir leider selten in dem schmucken, gemütlichen Haus zu Gast. Die Fahrt in den hohen Norden des Saarlandes mutet uns an wie eine Reise zu Schneewittchen hinter den sieben Bergen. Besonders im Winter, wenn es früh dunkel wird. Durch eine hügelige Landschaft mit vielen dunklen Wäldern und etlichen Gipfeln führt die Tour. Doch wenn wir endlich dort sind, dann tischen uns die Märchenheldin und ihre sieben fleißigen Küchengeister köstliche Speisen und Getränke auf. So auch diesmal.

Sigrune Essenpreis und Thomas Nickels haben sich einer konsequenten Erlebnisgastronomie auf hohem Niveau verschrieben. Sie möchten nicht nur Köche und Servicekräfte, sondern Gastgeber sein, bei denen sich die Besucher wie zu Hause fühlen können. In zeitlosem Ambiente, mit viel Geschmack und Sachverstand eingerichtet, arbeiten sie zu 95 Prozent mit Produkten aus der Region, wenn möglich in Bio-Qualität, erklärt Sigrune Essenpreis. „Wir gehen mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen bewusst und nachhaltig um“, sagt die Köchin, Gärtnerin, Kräuterexpertin und studierte Ernährungswissenschaftlerin. „Wir sind hauswirtschaftlich unterwegs“, führt die Küchenfee aus, „bei uns wird alles verwertet, Abfälle gibt es nicht, die Kreisläufe schließen sich.“ Gemüse, Obst und Kräuter kommen auch aus ihren Gärten, dem Hochbeet- und dem Paradiesgarten. Sie haben auch Bienen und besitzen seit 30 Jahren einen eigenen Weinberg. „Niemand kann das, was wir hier tun, nachmachen“, so Essenpreis, „wir sind nicht kopierbar.“ Kleines Beispiel: Im Mai ernten sie die Spitzen von Fichten, schichten sie mit Zucker, füllen sie in große Flaschen – im Herbst und Winter servieren sie den Fichtenspitzensirup zum Dessert, in unserem Falle zu einer Lorbeer-Créme-caramel. Wirklich einmalig.

Dieses Konzept ist natürlich aufwendig, mag zugegeben ein wenig märchenhaft klingen. Doch Sigrune Essenpreis und Thomas Nickels leben es und vermitteln es auch ihren Gästen, man spürt, dass es ihnen Freude macht, was sie hier tun. „In einer Zeit ohne Zeit nehmen wir uns die Zeit für die Zubereitung, aber auch für Gespräche, wir erklären den Gästen, was wir tun und warum wir es tun.“

1994 haben sie den Familienbetrieb in der ländlichen Gegend hinter den sieben Bergen übernommen und umgebaut. Seit 1998 leitet Sigrune Essenpreis die Küche, seit 2005 gehört sie der Vereinigung der Bio-Spitzenköche an. Was Bio und auch was vegetarische Küche angeht, hätten sie hier sehr viel Aufbauarbeit geleistet.

„Ich bin seit mehr als 35 Jahren Vegetarierin“, sagt Sigrune Essenpreis. „Alle Rezepte in unserer Küche sind von mir. Hausfrauenrezepte sind mein Fundus, das interessiert mich besonders.“ Regelmäßig führe sie sensorische Schulungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch, ebenso gemeinsame Verkostungen. Und Inhaber Thomas Nickels ist nicht nur ein herzlicher Gastgeber, sondern auch Sommelier, ein begnadeter Weinkenner, der seine Gäste immer wieder mit ganz besonderen Tröpfchen begeistert. Unterstützt wird er seit vielen Jahren von der umsichtigen Service-Chefin Maria Molitor.
Womit wir dann bei den märchenhaft schönen Genüssen dieses unvergesslichen Winterabends sind. Auf Steak vom Weiderind, Cordon Bleu vom heimischen Bio-Kalb oder Klassiker wie den 14 Tage eingelegten und im Steinbackofen geschmorten Sauerbraten müssen wir heute verzichten. Stattdessen zündet das Sitzerather Schneewittchen-Team ein Feuerwerk vegetarischer und veganer Speisen – vom Amuse Bouche bis zu den Desserts insgesamt 20 (!). Begleitet von diversen feinen Flüssigkeiten aus dem reich bestückten Landgasthof-Keller. Los geht es mit drei leckeren Aufstrichen (Topfen, Käferbohnen und Kichererbsen). Es folgen vier Vorspeisen, die zusammen auf den Tisch kommen und im „Family Style“ gegessen werden: Jeder nimmt sich von den verschiedenen Tellern. Also erstens einen Löffel Parmesan-Crème-brulée, dazu Quittenbrot und Feldsalat, zweitens eine Portion Schwarzwurzel-Linsen-Ananassalt mit Falafel, drittens gekochte Rote Bete mit Ziegenfrischkäse, Rukola-Orange-Salat und gebrannten Walnusskernen sowie viertens die köstlichen Topinambur-Fritten mit einer Mayonnaise aus Zitronenverbene, Salzzitronen und Leindotteröl.
Nach drei Suppen (Tomaten, Kürbis, Pastinaken) wird es spannend: Sigrune Essenpreis bittet zur Sauerbratensoßen-Verkostung. Denn die Küchenchefin hat neben der herkömmlichen eine vegane Sauerbratensoße kreiert. Wir probieren und sind überrascht: Die beiden Soßen sind kaum (oder nicht) zu unterscheiden. Die vegane Soße serviert die Küche zu panierten Sellerietaschen und Einkornrisotto mit Lauch und Karotten (vegan und glutenfrei). Wobei wir beim Reigen der Hauptgerichte sind. Hier arbeitet Essenpreis nach einem Bausteinprinzip: Ihre aromatische Steinpilzrahmsoße können Gäste mit Röschdi und Rosenkohl genießen, wer es mag, bekommt dazu noch ein Spiegelei oder Geschnetzeltes vom Bio-Kalb. Die pikante Meerrettichsauce mit Essigzwetschgen und Bouillonkartoffeln wird wahlweise mit Rote Bete im Viez-Tempurateig (vegetarisch) oder zum gekochten Tafelspitz vom Bio Longhorn-Rind angeboten. Und so weiter. Aus den verschiedenen Vorspeisen, Suppen, Hauptgerichten und Desserts können sich die Gäste ein Drei- oder Viergang-Menü zusammenstellen, zu 50, 55 oder 62,50 Euro.

Mein persönlicher Favorit des genussreichen Abends stammt übrigens aus der Abteilung „Eigens kreierte vegetarische (oder vegane) Gerichte“: Grumbeerknepp mit Blattspinat in Gorgonzolasoße mit karamellisiertem Muskatkürbis und Kugeln von der aromatischen Williams-Christ-Hausbaum-Birne. Danke, Schneewittchen! Nach drei Desserts (Schokoladeneis-Terrine, Apfel-Zimtstreusel-Tarte und besagter Crème mit Fichtenspitzensirup treten wir die Heimreise vom Land hinter den Bergen an – und nehmen uns vor, nicht allzu lange bis zu unserem nächsten Besuch zu warten.

Landgasthof Paulus, Prälat-Faber-Straße 2-4, 66620 Nonnweiler-Sitzerath, Tel. (0 68 73) 9 10 11; www.landgasthof-paulus.de Mittwoch bis Samstag und Feiertage 12-22 Uhr, Sonntag 12-20 Uhr, Mo, Di Ruhetage (außer an Feiertagen).

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