Wir machen Alter zum Problem

Dass wir älter werden, stetig eine höhere Lebenserwartung erreichen, hört sich ganz nett an. Nach dem Berufsleben so richtig aus dem Vollen schöpfen. Endlich Zeit für jene Dinge haben, die wir zwischen Arbeit und Feierabend allzu oft verachlässigten, aber mit denen wir uns immer beschäftigen wollten. Wenn's der Geldbeutel und die Gesundheit hergeben. Wenn eins von beiden in Schieflage gerät, wird es schwierig, die Wünsche zu erfüllen. Und wird beides zum Problem wird ...

Die Altersarmut - sie schreitet voran. Immer mehr Menschen sind als Rentner auf staatliche Stütze angewiesen. Das nagt nicht nur objektiv an der Lebensqualität, wenn's mau im Portmonee aussieht. Das setzt in ganz erheblichem Maße dem Selbstwertgefühl der Senioren zu. Wehklagen darüber ist allerorten groß, doch trotz allem politischen Herumdoktern hat sich bislang nichts zum Positiven gewendet. Schlimmer noch: Die Lage spitzt sich ungebremst zu.

Da bahnt sich unaufhaltsam eine weitere Tragödie an, wie uns diese Woche auf traurig beeindruckende Art und Weise vor Augen geführt wurde: Es drohen eklatante Lücken in der ärztlichen Versorgung vor Ort. Insbesondere der älteren Generation. Ein Herzstück der Rehabilitation steht in St. Wendel vor dem Aus: die Geriatrie. Sie ist die medizinische Disziplin, Ältere nach einem Klinikaufenthalt wieder fürs Leben in den eigenen vier Wänden fit zu machen. Damit sie am Alltag wie gewohnt teilhaben können.

Doch diese Versorgung ist zu teuer. Kosten für Ärzte, Pfleger, Aufenthalt überschreiten nach Auskunft der Verantwortlichen im erheblichen Maße den Betrag, den die Kliniken von den Krankenkassen erhalten. Ob es 94 Mitarbeiter für einst 60 Rehaplätze wie im Fall des Marienkrankenhauses bedarf, mag dahingestellt sein. Doch es braucht keinen Propheten, um zu erkennen, dass künftig Kolonnen von Greisen droht, in Pflegeheime abgeschoben zu werden, weil sie sich nach einer Operation nicht mehr helfen können. Obwohl aus ärztlicher Sicht sehr wohl eine erfolgversprechende Therapie bestanden hätte, sie vor diesem Schritt zu bewahren. Ich bezweifle, dass ein Heim die preiswertere und menschenwürdigere Alternative zu einem selbstbestimmten Leben ist. Hier ist der Mangel an politischer Entscheidungsfreudigkeit zum Wohl der Gesellschaft ebenfalls eklatant. Ein Trauerspiel.

Wir alle können übrigens darauf Einfluss nehmen, für was die Krankenkassen zahlen: über die derzeitge Sozialwahl, Damit bestimmen wir, wer entscheidet, welche ärztlichen Leistungen in welcher Höhe bezahlt werden. Wir tragen also alle Verantwortung, können sie nicht so einfach an die hohe Politik abdrücken.

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