Geschäftsmodell auf Kosten Süchtiger

Das neue Spielhallengesetz entfaltet zum 1. Juli seine volle Wirkung. Das treibt Spielhallenbetreibern Schweißperlen auf die Stirn. Es drohe der Verlust von Arbeitsplätzen, klagt ein Automatenaufsteller aus dem Landkreis St. Wendel. In Bliesen und Wolfersweiler will man ihn dennoch nicht.

Einst beherbergten sie Lebensmittelhändler oder Autohäuser. Doch nun soll das Glücksspiel einziehen. Spielhallen in Wolfersweiler und Bliesen - die würde ein St. Wendeler Automatenaufsteller gerne in den leer stehenden Gebäuden eröffnen - oder wenigstens in Teilen davon. Doch dagegen regt sich Widerstand. Was wiederum bei den Eigentümern der Gebäude auf Unverständnis stößt. Noch mehr beim Automatenaufsteller selbst - schließlich gehe es um Arbeitsplätze. Nicht so erwähnenswert ist ihm, dass es dabei auch um ordentlichen Reibach geht. Stolze 20,5 Milliarden Euro wurden 2014 bundesweit an Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit umgesetzt, berichtet die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Ein großer Teil des Batzens stammt von Spielsüchtigen. Doch Spielsucht wird bei Automatenaufstellern nicht gern thematisiert. Ist auch nicht ihr Job. Darum kümmern sich Einrichtungen wie die AHG Klinik in Münchwies. Jährlich werden dort etwa 300 Frauen und Männer wegen Glücksspielsucht behandelt. Die Betroffenen sind oft massiv verschuldet - im Schnitt mit über 30 000 Euro. Meist ist die Familie zerstört, das Haus weg, der Job sowieso. Eine Befragung der DHS unter pathologischen Glücksspielern belegt, dass Automaten mit Gewinnmöglichkeit am häufigsten süchtig machen. Mehr als die Hälfte der Abhängigen geriet über Spielautomaten in den Abwärtssog der Glücksspielsucht. Gewollt? Waren die ersten Automaten noch recht harmlose Groschengräber, wurden sie ab den 80ern von der Automatenindustrie zu Geräten mit hohem Suchtfaktor entwickelt. Gewinn- und Verlustsummen wurden erhöht, die Taktung verkürzt, sodass mehr Spiele in kürzerer Zeit möglich sind, was den Nervenkitzel deutlich erhöht. Die Politik hat das erkannt und erhöht nach Jahren, in denen das Glücksspiel reichlich Steuermilliarden sprudeln ließ, nun den Druck auf Spielhallenbetreiber - Arbeitsplätze hin oder her. Und das ist gut so.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort