Corona-Virus breitet sich aus Diskriminiert wegen Covid-19?

St. Wendel · Mit steigender Zahl Corona-Infizierter häufen sich weltweit diskriminierende Vorfälle gegenüber Asiaten.

 Steckt eine Asiatin hinter Brille und Maske? Und spielt das überhaupt eine Rolle?

Steckt eine Asiatin hinter Brille und Maske? Und spielt das überhaupt eine Rolle?

Foto: dpa/Frank Augstein

So wie die Anzahl derer steigt, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben, häufen sich Meldungen von Anfeindungen gegenüber Menschen asiatischer Herkunft. Weltweit berichten sie von Diskriminierung im Zusammenhang mit dem Erreger Covid-19. Auch im Landkreis St. Wendel? Die SZ hat nachgehört.

Auch wenn es nach offiziellen Erkenntnissen noch keinen Corona-Infizierten im Landkreis gibt, scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch hierzulande die ersten Fälle gemeldet werden. Viele Bürger sind verunsichert, Berichte über leergehamsterte Supermarktregale häufen sich. Supannee Phuiprakob ist 38 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Thailand. Sie und ihr Mann Stefan Würtz betreiben gemeinsam einen Thaimassage-Salon und ein Reisebüro in St. Wendel. „Ich habe im Internet das erste Mal von der Krankheit gehört, als sie in Wuhan ausgebrochen ist“, berichtet Supannee Phuiprakob. „Meine Verwandten in Thailand haben Angst. Mein Vater arbeitet in einem Hotel in Pattaya und hat mir erzählt, dass man merkt, dass weniger Touristen im Land sind.“ Laut Stefan Würtz wirkt sich der Erreger auch auf das Reisebüro aus: „Die Nachfrage nach Fernreisen ist gedrosselt. Die Verunsicherung der Menschen durch das Corona-Virus scheint dazu beizutragen.“

Neben dem Erreger macht er aber auch die Olympischen Spiele und die Fußball-Europameisterschaft, die beide diesen Sommer stattfinden, dafür verantwortlich. Viele würden sich die Großveranstaltungen lieber zu Hause vor dem Bildschirm anschauen, daher wollten sie nicht in die Ferne schweifen. Auf die Frage, ob auch der Massage-Salon seltener frequentiert werde, antwortet er: „Es kommen nicht weniger Leute zur Thaimassage. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass die asiatischen Mitbürger seit dem Corona-Ausbruch anders behandelt werden.“

Vam Tam Bui ist 32 Jahre alt, kommt ursprünglich aus Vietnam und betreibt gemeinsam mit seinen Eltern den Asia-Wok in St. Wendel. Er berichtet, dass er schon von Kunden gefragt worden sei, ob er am Umsatz sehe, dass aufgrund des Virus weniger Kunden zu ihm kämen. Zum Thema Diskriminierung meint er: „Ich kann keinen Unterschied zu vorher erkennen. Wenn ich darauf angesprochen werde, dann immer von Stammkunden, die keine Vorurteile mir gegenüber haben.“ Aber ein Bekannter habe ihm berichtet, dass ihn die Menschen, seitdem das Thema überall in den Medien ist, anders anschauten. Vor allem, wenn er in einer Gruppe asiatisch aussehender Menschen unterwegs sei.

Auch die 25-jährige Phornthip Amphijit kennt das Gefühl von schiefen Blicken in der Öffentlichkeit. „Ganz am Anfang, als das Virus neu war, ist es mir vor allem beim Einkaufen aufgefallen. Ich kann mich noch erinnern, als ich in einem Einkaufsmarkt war und auf der Titelseite einer Zeitung ganz groß Corona-Angst stand. Ich bemerkte, wie ein Rentner ein paar Schritte zurückgegangen ist, als er mich sah“, erinnert sich Phornthip Amphijit, die in St. Wendel als Masseurin arbeitet.

Die Thailänderin liest auch in den sozialen Medien oft über den Erreger und wird dort mit rassistischen Kommentaren konfrontiert. „Ich denke, für viele ist das Corona-Virus nur eine Ausrede für Rassismus. Es geht den Leuten nicht um die Krankheit, es ist eine Ausrede dafür, dass man im Internet hetzen kann“, denkt Phornthip Amphijit. Allerdings könne sie in solchen Fällen differenzieren und nehme die Kommentare nicht persönlich. Sie betont allerdings, dass ihre Mitbürger aus St. Wendel sie nicht anders behandeln würden. „Hier macht niemand einen Bogen um mich. Ich denke, das liegt daran, dass sich hier viele Leute gegenseitig kennen, anders als in einer Großstadt.“

Hain Anothai ist 32 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Thailand. Nachdem sie neun Jahre in Hermeskeil als Masseurin gearbeitet hat, betreibt sie seit letztem Sommer einen traditionellen Thaimassage-Salon in Oberthal. Persönlich sei sie noch nicht auf das Corona-Virus angesprochen worden. „Aber ich merke zum Beispiel, wenn ich mit meinen Kindern auf dem Spielplatz bin, dass Eltern ihren Kindern sagen, sie sollen sich von uns fernhalten“, erzählt Hain Anothai. Sie habe das Gefühl, dass manche keinen Unterschied zwischen asiatischen Nationalitäten machen und denken, dass sie auch aus China sei. Sätze wie: „Die sind aus China und haben etwas mit dem Virus zu tun“, habe sie schon hinter ihrem Rücken vernommen. „Ich bin schon traurig, dass manche Leute so negativ über uns denken. Ich habe das Gefühl, dass die Leute nicht genug aufgeklärt sind“, erklärt Hain Anothai. Genau wie alle anderen Befragten habe sie jedoch keinen Rückgang der Kundschaft zu beklagen.

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