Heldentum Ich danke euch, ihr Helden

Wer waren eigentlich die Helden eurer Kindheit? Als meine Kollegin unter der Woche in der Redaktionssitzung diese Frage stellte, war ich schnell bei der Hand. Die Wahl fiel auf einen Weltraumkapitän, der ab September 1980 in weißer Rüstung im ZDF für das Gute stritt.

Heldentum: Ich danke euch, ihr Helden
Foto: SZ/Robby Lorenz

Auch jetzt noch, ein paar Tage später, bin ich zufrieden mit meiner Wahl. Denn es gab eine Einschränkung in der Fragestellung: Es dürfen weder Papa, noch Mama, noch Großeltern oder sonst jemand aus dem Bekannten- oder Familienkreis sein. Sondern jemand, der in der Öffentlichkeit steht oder stand. Dabei war es unerheblich, ob er wirklich existiert. Comic-Superheld Batman war somit genauso nennbar wie Fußball-Superstar Diego Armando Maradonna – oder doch lieber Guido Buchwald? Rudi Völler auf jeden Fall – damals. Heute finde ich Tante Käthe als Sprachrohr der Betriebssportmannschaft eines Chemie-Konzerns nicht mehr so toll. Anders Michel aus Lönneberga. Er bleibt für immer ein Held. Wegen ihm versuchte ich mich als Schnitzer kindlicher Holzfiguren. Mit mäßigem Erfolg. Weil meine Eltern es bloß für eine semigute Idee hielten, mir eine scharfe Klinge in die Hand zu drücken. Wenn wir gerade bei Astrid Lindgren sind: Pipi Langstrumpf darf in der Helden-Liste keinesfalls fehlen. Okay, sie war ein Mädchen: Und für einen Buben ziemte es sich nicht, ein Mädchen cool zu finden. Aber bewundert habe ich den lebensbejahenden Rotschopf dennoch. Denn welches Kind hat schon eine eigene Villa? Und teilt diese ungescholten mit einem Affen und einem Pferd? Nicht zu vergessen die Schatztruhe voller Goldtaler – und der Vater ist ein Piraten-Hauptmann. Wo gibt’s denn sowas? Jaja, die Kindheitshelden. Inzwischen bin ich mit Mitte 40 und darf mich so langsam erwachsen nennen. Und wenn ich nun so nachdenke, wer denn heute in meinen Augen ein Held ist, wer als Idol oder Vorbild taugt, dann kommen mir keine glorreichen Superhelden in den Sinn. Sondern Alten- und Krankenpfleger, die sich trotz oft widriger Arbeitsbedingungen nicht entmutigen lassen und noch immer den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen. Oft genug im Stillen und ohne dafür die Anerkennung zu bekommen, die ihnen eigentlich gebührt. Hospizmitarbeiter, die Sterbende auf ihrem letzten Weg begleiten: Seelsorger, die sich der Nöte der Menschen annehmen. Aber auch Polizisten, Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter, die viel mehr leisten, als das jeweilige Anforderungsprofil auflistet. Sie sind die wahren Helden des Alltags.

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