Zweiter Weltkrieg Als die US-Truppen einmarschierten...

St. Wendel · Am 19. März vor 75 Jahren besetzten amerikanische Soldaten St. Wendel. Regionalhistoriker Roland Geiger berichtet.

 Heute vor 75 Jahren standen die Amerikaner auf dem St. Wendeler Schlossplatz.

Heute vor 75 Jahren standen die Amerikaner auf dem St. Wendeler Schlossplatz.

Foto: Charles Sumners

Hundemüde bis völlig erschöpft drangen die US-Soldaten Mitte März 1945 in den Landkreis St. Wendel ein. Heute vor 75 Jahren besetzten amerikanische Truppen auf ihrem Weg an den Rhein die Stadt Wendel. Der Regionalhistoriker Roland Geiger aus Alsfassen beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit der Geschichte des Einmarsches der Amerikaner im Zweiten Weltkrieg. Seine Gedanken hat er im Vortrag „Das Ende vom Lied – Gedanken zum Krieg in der Heimat“ zusammengefasst.

„Alle deutschen Soldaten sollten in Richtung des Rheins getrieben werden, mit der Brücke in Remagen war der letzte Rheinübergang gesprengt worden“, berichtet Geiger. Die Skizze auf der Titelseite der US-Militärzeitung „The Stars and Stripes“ vom 22. März 1945 zeigt, dass die Amerikaner das Saarland mit der „Operation Undertone“ wie eine Beißzange eingrenzten. „Sie kamen zu Zehntausenden, näherten sich unaufhörlich und unaufhaltsam“, blickt der Regionalhistoriker zurück. Am Morgen des 18. März, fanden kleinere Gefechte bei Kastel an der Prims statt. „Die Amerikaner sind über den Berg eingedrungen und haben ihn von allen guten Geistern und vor allem allen deutschen Soldaten verlassen vorgefunden“, erklärt er. Die Zivilbevölkerung sei sehr zuvorkommend gewesen. „In Primstal erzählte ein Radfahrer aus Saarbrücken den amerikanischen Truppen, wo in Tholey die deutschen Panzer standen“, so Geiger. Nicht nur in Theley erhielten die Amis Hilfe aus der Luft: Sie schickten ihr einmotoriges Aufklärungsflugzeug vom Typ Piper Cub über den Ort, um aus der Luft das Feuer zu lenken. „Ein Vorteil, den die deutsche Seite nicht hatte“, meint Geiger.

Die Amerikaner kamen in zwei kompletten Divisionen in den Kreis, zusammen gut 20 000 Mann. Die 10 th Armored Division (zehnte Panzerdivision) war als voll motorisierte Truppe viel beweglicher und schneller als die 80th Infantry Division (80. Infanteriedivision). Deshalb hatten beide auch ganz unterschiedliche Ziele. Die Panzer sollten möglichst schnell die zurückweichenden deutschen Soldaten überholen und zum Rhein vorstoßen, um ihnen den Weg abzuschneiden. „Wenn etwas ihren Vormarsch verzögerte, wischen sie aus, um das Problem zu umgehen. Deshalb waren die Angriffstruppen der zehnten Panzerdivision auch nie in St. Wendel gewesen“, stellt er fest.

Am Tag vor der Einnahme St. Wendels, wurde am 18. März – das war ein Sonntag – ein Teil ihrer Kolonne an der Kreuzung zwischen Bliesen und St. Wendel, dort, wo es nach Winterbach geht, von einem deutschen Artillerietrupp gestoppt. Die deutschen Kanonen auf einem kleinen Hügel nahe der Rassiersmühle schossen die amerikanische Speerspitze der Task Force Hankins in Grund und Boden.

Eine andere Gruppe wurde in Winterbach in erbitterte Kämpfe verwickelt. Zwar hatten ein paar Einheiten vor Einbruch der Dunkelheit die Außenbezirke von St. Wendel erreicht, aber weiter ging es einfach nicht mehr. „Am Fuße des Tholeyer Berges stießen sie auf Widerstand“, erläutert Geiger. Daraufhin zogen sich die amerikanischen Panzer nach Oberthal zurück. „Die Wehrmachts-Truppen, die versuchten, die Amerikaner aufzuhalten, waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen“, schildert er. Die meisten Menschen saßen im Keller, als die Amerikaner im Schritttempo die Orte besetzten, oder in einem der Bunker, in dem sie seit Monaten hausten.

Am 19. März zogen die US-Soldaten in St. Wendel ein, hielten sich aber nicht lange auf, weil sie an den Rhein wollten. Sogar der kommandierende Offizier der Dritten Armee, George S. Patton junior, weilte am 20. März nur für ein paar Minuten in der Stadt. Mehr als 40 Jahre zuvor hatte er bereits eine Frau aus St. Wendel kennengelernt: die Alsfassenerin Johanna Riefer. Sie war als Hausdame bei Catherine Arabella Yarrington, Ehefrau des Eisenbahntycoons Henry Edwards Huntington, beschäftigt. Nach dem Tode ihrer Arbeitgeber kehrte sie 1924 nach St. Wendel zurück.

Die amerikanische Militärverwaltung war nicht nur für die Stadt, sondern den ganzen Landkreis zuständig. Da aber schon im Krieg die Kreise Ottweiler und St. Wendel zusammengelegt wurden, verlegte der kommandierende Offizier, Captain Stanley Jacobs, seinen Sitz im April von St. Wendel nach Ottweiler. Die Amis blieben nur bis Sommer 1945 – am 10. Juli übergaben sie Stadt und Kreis und das restliche (damalige) Saargebiet an die Franzosen.

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