Kreispolitik „Hier macht Europa nichts Gutes“

St. Wendel · Freizeitzentrum Bostalsee: Kreistag sieht EU-Beihilferecht kritisch. Campingplatz betroffen.

 Der Campingplatz am Bostalsee (hier das Märchendorf) schreibt rote Zahlen.

Der Campingplatz am Bostalsee (hier das Märchendorf) schreibt rote Zahlen.

Foto: Bonenberger & Klos/B&K

Der Bostalsee ist der Kristallisationspunkt für den Tourismus im St. Wendeler Land und darüber hinaus. Das ist unstrittig. Viel Geld hat der Landkreis St. Wendel investiert, um den See und das Umfeld so attraktiv wie möglich zu gestalten. Viel Geld fließt aus der Kasse des Landkreises aber  auch in jedem Jahr, um das Defizit bei den laufenden Kosten abzudecken. Der Jahresverlust schwankt dabei von 1,5 bis 2,5 Millionen Euro. Um den Bostalsee kümmert sich ein Eigenbetrieb des Landkreises, das Freizeitzentrum Bostalsee.

Tourismusförderung ist eine wichtige Aufgabe des Landkreises. Darin sind sich die Parteien im Kreistag und die Kreisverwaltung einig. Das gehört zur Daseinsvorsorge dazu. Kritischer könnte dies hingegen die Europäische Union sehen. Mit Blick auf unzulässige Beihilfen des Staates und Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von Privatunternehmen. Das wäre dann der Fall, wenn die öffentliche Hand, hier der Landkreis, Defizite in Bereichen übernehmen würde, in denen auch Privatfirmen aktiv sind, und denen Konkurrenz macht.

Um dies herauszufinden und auf der rechtssicheren Seite zu sein, hat der Landkreis die Betriebssparten des Freizeitzentrums Bostalsee von Experten untersuchen lassen. Diese EU-Beihilferechtliche Prüfung hat die PricewaterhouseCoopers Legal AG übernommen. Mit dieser Prüfung beschäftigte sich jetzt zum zweiten Mal der Kreistag.

Das Ergebnis: Ob Unterhaltung des Rundweges, Bootsverleih, Badbetrieb Parkplatz und vieles mehr: Hier ist der Landkreis auf der sicheren Seite. Weil die Aufgabe entweder zur Daseinsvorsorge gehört und damit kein Geld zu verdienen ist, wie zum Beispiel beim Rundweg, oder weil die Aufgaben zumindest kostendeckend abgewickelt werden, zum Beispiel bei den Parkplätzen.

Einzig beim kreiseigenen Campingplatz sehen die Experten ein Problem. Denn dieser schreibt rote Zahlen. 2015 lag das Defizit bei 434 000 Euro. Das Minus hat der Landkreis übernommen und damit den Platz subventioniert. Ein privater Campingplatzbetreiber müsste ohne diese Förderung auskommen, hätte also einen Wettbewerbsnachteil.

Beim Campingplatz muss sich also etwas verändern. Dass der Platz nicht privatisiert wird, sondern weiter vom Landkreis betrieben wird, darüber herrschte Einigkeit im Kreistag. Einigkeit auch, dass das Minus auf zwei Wegen abgebaut wird, durch Einsparungen bei den laufenden Kosten und durch die Erhöhung der Campingplatzentgelte (siehe Info).

Einstimmig fasste der Kreistag auch einen sogenannten Betrauungsbeschluss. Dieser stellt klar, dass alle anderen Aufgaben am See beihilferechtlich in Ordnung sind.

„Der Bostalsee ist ein wichtiges Projekt der Daseinsvorsorge. Er ist auch wichtig unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.“ Das unterstrich für die SPD-Fraktion in der jüngsten Kreistagssitzung Torsten Lang. Die EU-Haltung sehe man vor diesem Hintergrund sehr kritisch. Lang: „Hier mach Europa nichts Gutes.“ Mit dem Betrauungsakt habe man eine Lösung, die zwar umständlich sei, aber nicht wehtue. Den Maßnahmen am Campingplatz könne man zustimmen. Lang betonte aber auch: „Wir wollen weiter, dass es den Campingplatz am Bostalsee gibt, dass der Landkreis daran beteiligt ist.“

Die Kritik an der EU unterstützte  Landrat Udo Recktenwald: Die Haltung der EU „geht  nicht konform mit dem, was wir unter Daseinsvorsorge und Wirtschaftsförderung verstehen. Der Tourismus ist für uns eminent wichtig.“ Da aber der Campingplatz defizitär sei und problemlos auch privat betrieben werden könne, müsse man das Defizit in den Griff bekommen.

CDU-Fraktionsvorsitzender Stefan Spaniol  betonte: „Wir stehen für das Gesamtkonzept Bostalsee. Wir wollen keine Privatisierung des Campingplatzes. Wir wollen ein zuverlässiges, qualitativ hochwertiges Angebot.“ Dazu müsse man den vorgeschlagenen Weg des Defizitabbaus gehen und auch die Entgelte erhöhen.

Einstimmig fasste das Gremium dann den so genannten Betrauungsbeschluss. Einstimmig votierte es dafür, den Campingplatz in Trägerschaft des Kreises zu halten, aber auch das Defizit abzubauen. Dazu gehört die Anhebung von Entgelten. Auch die beschloss der Kreistag einstimmig.

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