Wie die Heimat einmal war Unterm Dach ins Bergwerk rein

Dörrenbach · Ein nachgebauter Stollen ist Teil des Heimatmuseums in Dörrenbach. Das hat über der ehemaligen Schule seinen Platz gefunden.

 Ausläufer der Saar-Kohleflöze reichen bis nach Dörrenbach, wo in der Vergangenheit in vergleichweise kleinen und beengten Stollen das schwarze Gold abgebaut wurde. Wie beengt es damals unter Tage zugegangen sein muss, verdeutlicht dieser Stollen-Nachbau mit Kumpel-Puppe.

Ausläufer der Saar-Kohleflöze reichen bis nach Dörrenbach, wo in der Vergangenheit in vergleichweise kleinen und beengten Stollen das schwarze Gold abgebaut wurde. Wie beengt es damals unter Tage zugegangen sein muss, verdeutlicht dieser Stollen-Nachbau mit Kumpel-Puppe.

Foto: Thorsten Grim

Am Anfang waren die Sparren. Und die Ziegel. Doch sonst war Ödnis unter dem Dach der ehemaligen Grundschule in Dörrenbach. Dann kamen die Vergangenheitsforscher. „Wir haben das Dachgeschoss seinerzeit im Rohbau von der Stadt St. Wendel gemietet, und es dann in mehreren Abschnitten ausgebaut“, berichtet Rainer Hopf, Vorsitzender des Dörrenbacher Heimatbundes. Das war 1979. Heute findet sich in dem voll­ausgebauten Dachgeschoss des Dorfgemeinschaftshauses ein Heimatkundemuseum mit landwirtschaftlichen Geräten und Dokumentationen zur Ortsgeschichte. Zu Spitzenzeiten mehr als 200 Mitglieder, sind es heute noch etwa 95, die den Dörrenbacher Heimatbund „versuchen, am Leben zu erhalten“, wie es Hopf formuliert. 2015 hat er Reinhold Benoist als Vereinsvorsitzenden abgelöst. Bis dahin hatte Benoist mehr als 40 Jahre die Geschicke des 1973 gegründeten Vereins gelenkt.

Werden heute in dem Heimatmuseum unter anderem zahlreiche altertümliche Werkzeuge sowie land- und hauswirtschaftliche Geräte gezeigt, waren die Anfangsjahrzehnte des Vereins mehr buchstabenlastig. „Wir haben früher sehr viele Bücher herausgebracht. Beispielsweise die Dörrenbacher Familienchronik. Von der gibt es inzwischen die achte Auflage, und das 900-seitige Werk ist noch immer nachgefragt“, berichtet Hopf.

„Der Verein wurde zur Zeit der Gebietsreform gegründet“, wirft Vorstandsmitglied Volker Steigner bei einem Vor-Ort-Termin einen Blick in die Vergangenheit. Am 1. Januar 1974 wurde Dörrenbach, bis dahin eine eigenständige Gemeinde, im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform der Stadt St. Wendel zugeordnet. „Damals hat man vermutlich gedacht, man müsse alles aufschreiben, um das noch vorhandene Wissen zu erhalten.“ Volker Steigner berichtet: „Mein Großvater hatte mir erzählt, dass es bereits vor dem Krieg eine Dörrenbacher Dorfchronik gegeben hätte. Doch die sei im Krieg verschütt gegangen. Darum haben vor allem die älteren Dörrenbacher oft gesagt, so etwas müsste noch mal neu aufgelegt werden, damit die Vergangenheit und das Wissen um sie nicht verloren geht.“

Die Recherche für die Bücher, so berichtet Hopf, sei „eine Wahnsinnsarbeit“ gewesen. Die Dorfchronik gehe beispielsweise zurück bis ins Jahr 1672. „Deshalb sind die Autoren damals in ganz Deutschland rumgefahren und haben unzählige regionale Archive und Kirchenbücher durchforstet. Besonders unser langjähriger Vorsitzender Reinhard Benoist und Günther Stoll, ein gebürtiger Dörrenbacher und später Realschullehrer in St. Wendel, waren da sehr agil.“

Doch auch wenn sehr viel Mühe darin stecken mag, so sind die Bücher und Nachschlagewerke doch nur ein Teil der Arbeit des Heimatbundes und des dazugehörigen Museums. Das hat unter seinem Dach übrigens einen eigenen Bergbaustollen, beziehungsweise den Nachbau eines solchen. Nun sind beziehungsweise waren zwar zahlreiche Dörfer im nördlichen Saarland eng mit dem Bergbau verbunden. Doch eine Kohlegrube – oder sogar mehrere – gab es in den wenigsten.

Anders in Dörrenbach, wo die Ausläufer der Saar-Kohleflöze bis unter heimischen Boden reichen. Wenngleich deren Dicke unter Dörrenbach eher dünn ist. Dennoch rechnete sich für einige Jahrzehnte der Abbau des schwarzen Goldes. Ab 1818 wurde in der Grube Auguste und ab 1834 in der Grube Haus Sachsen Steinkohle gefördert – bis 1903, dann wurde der Betrieb eingestellt. Noch bis 1953 wurde in unmittelbarer Nähe die Kohlegrube Labach betrieben. Von der ist heute noch das Mundloch erhalten.

„Wir haben noch andere Besonderheiten hier“, berichtet Heimatforscher Hopf während einer Führung durch das heimatkundliche Museum, „beispielsweise den Viergötterstein“. Dieser Stein, der 1999 in der Ortsmitte ausgegraben wurde, war mit hoher Wahrscheinlichkeit Teil einer Jupitergigantensäule – einer großen Säule hauptsächlich zu Ehren des Gottes Jupiter. Aber auch Apollo, Minerva und Herkules fanden ein Plätzchen – eben auf dem Viergötterstein. Die Jupitergigantensäule gehörte wiederum zu einer Villa rustica, also einem Landhaus oder Landgut im Römischen Reich. „Dieser Fund zeigt, dass die Siedlungsgeschichte in Dörrenbach zurück reicht bis in die Römerzeit“, sagt Steigner. Noch weiter in die Vergangenheit weist ein Fundstück aus dem Jahr 1870. Dabei handelt es sich um einen historischen Faustkeil, der vermutlich mehr als 5500 Jahre auf dem Buckel hat. Nicht ganz so weit in die Vergangheit weisen Funde aus keltischer Zeit, die ebenfalls im Museum zu besichtigen sind.

Einen großen Raum nimmt im Dörrenbacher Museum ein tausendjähriges Reich ein, das im Saarland aber nur zehn Jahre dauerte. Die Rede ist von der Nazi-Zeit. In Dörrenbach gab es ein Lager des Reichsarbeitsdienstes (RAD). Außerdem einen Bunker als Teil des Westwalls. Darüber hinaus wurden im RAD-Lager Dörrenbach gegen Ende des Zweiten Weltkriegs sowjetische, polnische und italienische Zwangsarbeiter und Gefangene interniert. In den letzten Tagen des Krieges stießen die vorrückenden US-Amerikaner in Dörrenbach außerdem auf heftigen Widerstand. Drei Panzer schossen die Verteidiger ab. Das alles wird im Heimatmuseum beleuchtet und anhand von Modellen oder Original-Stücken dargestellt.

Noch vieles mehr gibt es unter dem Dach der ehemaligen Schule – die dort steht, wo einst das RAD-Lager stand – zu bestaunen. Altes land- oder hauswirtschaftliches Gerät, alte Schulmöbel, eine Orgel, Schulunterricht und dergleichen mehr.

Geöffnet hat das Dörrenbacher Museum jeden ersten Samstag im Monat und nach Vereinbarung.

 Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs stießen vorrückende US-Truppen in Dörrenbach auf heftigen Widerstand. Drei Panzer schossen die Verteidiger ab. In einer Glasvitrine zeigen die örtlichen Heimatforscher (unbrauchbar gemachte) Waffen wie Granaten, Maschinengewehr und Panzerfaust. Aber auch Gasmasken, Essgeschirr, Trinkflaschen und dergleichen mehr. An der Wand darüber listet eine Tafel die im Krieg Gefallenen aus Dörrenbach auf. Zudem werden die Geschehnisse der letzten Kampfhandlungen erläutert.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs stießen vorrückende US-Truppen in Dörrenbach auf heftigen Widerstand. Drei Panzer schossen die Verteidiger ab. In einer Glasvitrine zeigen die örtlichen Heimatforscher (unbrauchbar gemachte) Waffen wie Granaten, Maschinengewehr und Panzerfaust. Aber auch Gasmasken, Essgeschirr, Trinkflaschen und dergleichen mehr. An der Wand darüber listet eine Tafel die im Krieg Gefallenen aus Dörrenbach auf. Zudem werden die Geschehnisse der letzten Kampfhandlungen erläutert.

Foto: Thorsten Grim
 Das Dörrenbacher Buchfest mit der Wahl der Miss Ostertal lockte bis in die 90er Jahre Besucher aus dem ganzen Saarland und der Pfalz an. Die alte Buche ist inzwischen Geschichte, ebenso das Fest. Geblieben sind Erinnerungsstücke, die heute Teil der Ausstellung sind (links). Das rechte Foto zeigt ein Original-Billet von der Eröffnungsfahrt der Ostertalbahn-Teilstrecke von Ottweiler nach Niederkirchen am 28. September 1937.

Das Dörrenbacher Buchfest mit der Wahl der Miss Ostertal lockte bis in die 90er Jahre Besucher aus dem ganzen Saarland und der Pfalz an. Die alte Buche ist inzwischen Geschichte, ebenso das Fest. Geblieben sind Erinnerungsstücke, die heute Teil der Ausstellung sind (links). Das rechte Foto zeigt ein Original-Billet von der Eröffnungsfahrt der Ostertalbahn-Teilstrecke von Ottweiler nach Niederkirchen am 28. September 1937.

Foto: Thorsten Grim
 Zahlreiche ausrangierte Handwerkszeuge werden im Museum gezeigt.

Zahlreiche ausrangierte Handwerkszeuge werden im Museum gezeigt.

Foto: Thorsten Grim
  Dreschmaschine, Pflug und Rommelkrotzer. Das Museum beherbergt jede Menge landwirtschaftliches Gerät, mit dem unsere Altvorderen gearbeitet haben. Was womit gemacht wurde, weiß Heimatforscher Volker Steigner.

Dreschmaschine, Pflug und Rommelkrotzer. Das Museum beherbergt jede Menge landwirtschaftliches Gerät, mit dem unsere Altvorderen gearbeitet haben. Was womit gemacht wurde, weiß Heimatforscher Volker Steigner.

Foto: Thorsten Grim
 In Dörrenbach gab es einen Westwall-Bunker, der in einem Modell maßstabsgetreu nachgebaut ist.

In Dörrenbach gab es einen Westwall-Bunker, der in einem Modell maßstabsgetreu nachgebaut ist.

Foto: Thorsten Grim
 Foto: Thorsten Grim

Foto: Thorsten Grim

Foto: Thorsten Grim
 Eine geschichtsträchtige Tür, die der Vereinsvorsitzende Rainer Hopf da öffnet. Sie gehörte einst zum Haus einer im Ort ansässigen Hebamme, die im vergangenen Jahrhundert unzähligen kleinen Dörrenbachern auf die Welt half.

Eine geschichtsträchtige Tür, die der Vereinsvorsitzende Rainer Hopf da öffnet. Sie gehörte einst zum Haus einer im Ort ansässigen Hebamme, die im vergangenen Jahrhundert unzähligen kleinen Dörrenbachern auf die Welt half.

Foto: Thorsten Grim
 Milchkanne, Fleischwolf, Butterfass, Kochgerät, die ersten Waschmaschinen und dergleichen mehr zeigt der Ausstellungsteil Hauswirtschaft.

Milchkanne, Fleischwolf, Butterfass, Kochgerät, die ersten Waschmaschinen und dergleichen mehr zeigt der Ausstellungsteil Hauswirtschaft.

Foto: Thorsten Grim

Alle Serienteile finden sich im Netz: www.saarbruecker-zeitung.de/
museen-im-saarland

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