Hochrangiger französischer Militärorden für St. Wendeler Ehrenbeigeordneten „Es lebe Frankreich, Deutschland und Europa“

St. Wendel · Der frühere Stadtrat Günter Jung wurde für seine Verdienste um die Deutsch-Französische-Freundschaft ausgezeichnet.

 Der Präsident der Amicale des Anciens et Amis du Premier Règiment de Cuirassiers, Jean-Pierre Rey (links), verlieh Günter Jung den Verdienstorden.

Der Präsident der Amicale des Anciens et Amis du Premier Règiment de Cuirassiers, Jean-Pierre Rey (links), verlieh Günter Jung den Verdienstorden.

Foto: B&K/Bonenberger/

Es gibt Dinge im menschlichen Leben, an die man sich mit der Zeit gewöhnt, deren Besonderheit einem gar nicht bewusst ist. Oft lässt einen erst ein wenig Distanz – zeitlicher oder räumlicher Art – erkennen, dass man Teil von etwas war, das so nie wieder kommt. Ein Sonderfall sozusagen. In diesem Sinne eine Charaktergestalt ist Günter Jung aus Bliesen. Der Ehrenbeigeordnete der Stadt St. Wendel wurde jetzt mit der Médaille de la Défense nationale für seine besonderen Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft geehrt. Die Medaille ist eine hochrangige französische Militärauszeichnung, die für besondere Verdienste an französische Soldaten, Reservisten und Zivilisten und  – in Ausnahmefällen – auch an Ausländer verliehen werden kann. Und ein solcher Ausnahmefall ist Günter Jung.

Seit 1974 und bis zum Abzug des Premier Régiment de Cuirassiers im Jahre 1999, war der heute 81-Jährige zunächst als Stadtrat, dann als Stadtbeigeordneter und schließlich als Erster Beigeordneter zuständig für die vielfältigen Beziehungen zwischen der französischen Garnison auf dem Tholeyer Berg und Stadtverwaltung, Stadtrat und den St. Wendeler Vereinen. Er vertrat die Bürgermeister bei nahezu allen diesbezüglichen Veranstaltungen. Mehr als 15 Jahre lang empfing er regelmäßig alle drei Monate junge französische Rekruten zu einem Vin d’Honneur und führte sie durch die Stadt, die nun für Monate ihre neue Heimat sein sollte. Kontakte, Empfänge und alle Veranstaltungen in und mit der französischen Garnison, all das wurde von Jung wahrgenommen. Auch bei den Abzugs- und Ablösungsverhandlungen spielte Jung eine gewichtige Rolle. Dass sowohl die St. Wendeler als auch die französischen Soldaten und ihre Familien den Abzug 1999 bedauerten, kann zu großen Teilen als Verdienst Jungs angesehen werden, der nach dem Abzug die „Amicale des Anciens et Amis du Premier Régiment de Cuirassiers“ gründete und bis heute deren Vorstandsmitglied ist. Dieses Engagement wurde erstmals gewürdigt in einem Tagesbefehl des Oberkommandierenden der französischen Streitkräfte in Deutschland, Général Benito, in dem Jung als „interlocuteur priviligié et incontournable du Premier Régiment de Cuirassiers“, als „bevorzugter und unwiderruflicher Ansprechpartner des Regimentes“ geehrt wurde.

Seit 1974 zeichnete Jung, im Hauptberuf Lehrer am Arnold-Janssen-Gymnasium, für den Austausch zwischen St. Wendel und seiner Partnerstadt Rezé-lès-Nantes verantwortlich. 1984 fungierte er als Gründungspräsident des St. Wendeler Vereins für Städtepartnerschaften. Auch diesem Verein sitzt Jung seit 1996 vor.

1993 gründete Jung zudem die Partnerschaft zwischen Bliesen und der französischen Gemeinde St. Cyr-en-Val. In Anbetracht all dessen sagte St. Wendels Bürgermeister Peter Klär (CDU) während der Ordensverleihung durch Jean-Pierre Rey, Präsident der Amicale des Anciens et Amis du Premier Régiment de Cuirassiers, im Maximiliansaal im historischen Rathaus: „Wäre St. Wendel ein autonomer Staat, Günter Jung wäre selbstverständlich der Außenminister.“

Klär betitelte Jung als Kosmopolit, „weit gereist und in fremden Sprachen ebenso bewandert wie in Sitten und Gebräuchen“. Für den damaligen Bürgermeister und heutigen saarländischen Innenminister Klaus Bouillon (CDU) sei Jung ein ganz wichtiger Partner bei den Gesprächen über die Abzugsmodalitäten gewesen. Klär erinnerte daran, „dass heute vor 20 Jahren noch militärischer Alltag“ auf dem Tholeyer Berg herrschte, was sich viele heute gar nicht mehr vorstellen können. Das kommt auch daher, dass nach dem Abzug der Franzosen laut Klär insgesamt rund 90 Millionen Euro von öffentlicher und privater Hand in das Areal investiert worden seien. „47 stabile Arbeitsplätze“ sind dort laut Klär seither entstanden. „Das ist ein Verdienst Klaus Bouillons“, so Klär, und seines Beraters.

Bouillon, der es sich nicht hatte nehmen lassen, der Ehrung Jungs beizuwohnen, erinnerte in seiner Rede an die „vielen Jahrzehnte“, in denen sie „gemeinsam für die Stadt“ eingetreten seien. „Viele schöne Stunden mit den französischen Freunden“ hätten beide verbracht, „und auch mir hat er das, was Frankreich ausmacht, näher gebracht.“ Seine ersten Schritte in der Politik hätte Jung begleitet, ebenso „ist der heutige Bürgermeister durch seine Schule gegangen“.

Präsident Rey dankte dem „Hauptakteur“ Jung „für Dein persönliches Engagement und für Deine Freundschaft, die Du uns immer entgegengebracht hast“. Beide waren bei der Ordensverleihung sichtlich gerührt.

 Präsident Jean -Pierre Rey schenkt Minister Klaus Bouillon eine Krawatte – die gleiche, die er selbst auch hat.

Präsident Jean -Pierre Rey schenkt Minister Klaus Bouillon eine Krawatte – die gleiche, die er selbst auch hat.

Foto: B&K/Bonenberger/
 St. Wendels Bürgermeister Peter Klär gratulierte seinem früheren Lehrer Günter Jung.

St. Wendels Bürgermeister Peter Klär gratulierte seinem früheren Lehrer Günter Jung.

Foto: B&K/Bonenberger/

Der Geehrte selbst gab sich bescheiden. Den Orden nehme er „symbolisch für das ganze Team der damaligen Stadtverwaltung“ an. Er schätze sich glücklich, dass er damals „Initiator, Motor und Begleiter“ habe sein dürfen. Gerne erinnere er sich zurück an die „natürliche und selbverständliche Art und Weise“ des Umgangs zwischen „unseren Franzosen“ und den St. Wendelern. Jung schloss mit den Worten: „Es lebe Frankreich! Es lebe Deutschland! Es lebe Europa!“

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