Geschichte, Steine und Versöhnung

Hoof. 25 Jahre alt ist der Heimat- und Kulturverein Ostertal. Er wurde am 6. Juli 1985 im Gasthaus Weyrich in Marth gegründet. Sein Wirkungsbereich umfasst die Ortschaften Bubach, Hoof, Marth, Niederkirchen, Osterbrücken, Saal und auch Selchenbach, das im rheinland-pfälzischen Kreis Kusel liegt

 1996 trafen sich Ed McKenzie (links), John Glaylock (rechts) und Hans Berger auf dem Buberg zur Gedenkveranstaltung. Foto: Verein

1996 trafen sich Ed McKenzie (links), John Glaylock (rechts) und Hans Berger auf dem Buberg zur Gedenkveranstaltung. Foto: Verein

Hoof. 25 Jahre alt ist der Heimat- und Kulturverein Ostertal. Er wurde am 6. Juli 1985 im Gasthaus Weyrich in Marth gegründet. Sein Wirkungsbereich umfasst die Ortschaften Bubach, Hoof, Marth, Niederkirchen, Osterbrücken, Saal und auch Selchenbach, das im rheinland-pfälzischen Kreis Kusel liegt. Schon von Anfang an gehören der Vorsitzende Hans Kirsch, der Archivar Ewald Wailersbacher und der Schriftführer Rüdiger Drumm dem Vereinsvorstand an.Von Anfang an war man sich einig, dass die Erforschung der heimatlichen Geschichte systematisch von der ältesten bis zur jüngsten Zeit erfolgen soll. So entstanden bisher drei Bände der "Chronik des mittleren Ostertals", die die Zeit von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg beschreiben. Einen Sonderband hat man zeitlich vorgezogen, in dem fünfzig Ostertaler Männer und Frauen über ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg und in der Gefangenschaft berichten. Der vierte Band der "Chronik", der bis in die neueste Zeit reichen wird, ist in Arbeit. Auch bei Orts- und Vereinsjubiläen übernimmt der Heimat- und Kulturverein oft den historischen Part. Die Historiker des Vereins sind insbesondere Klaus Zimmer aus St. Ingbert-Hassel, der aber aus Saal stammt, und der Vereinsvorsitzende Hans Kirsch. Sie forschen in Archiven in ganz Deutschland und auch im Ausland. Derzeit stehen die Zeit des Dritten Reiches mit vielen brisanten Details sowie die Nachkriegszeit mit der Angliederung des Ostertals an das Saarland und die Gebietsreform von 1974 im Vordergrund. Ein Höhepunkt der Vereinstätigkeit war das "Versöhnungstreffen" ehemaliger Kriegsgegner 1996 auf dem Buberg. Im Kriegsjahr 1944 war ein amerikanischer Bomber auf dem Buberg notgelandet. Klaus Zimmer konnte die Flieger ermitteln, und der Verein lud die noch Lebenden ins Ostertal ein. So trafen sich zwei amerikanische Besatzungsmitglieder, Ed McKenzie und John Blaylock, sowie der deutsche Jagdflieger Hans Berger aus München, der die amerikanische B 17 angeschossen hatte, im April 1996 auf dem Originalschauplatz auf dem Buberg. Selbst in Amerika wurde darüber berichtet. Über Jahre hinweg hat der Heimatverein nach den Überresten einer Villa rustica am "Heidenbösch" bei Bubach geforscht. Zwar hatte es über die Zeiten an dem Ort immer wieder Funde von Münzen, Ziegeln und behauenen Steinen gegeben, aber der Nachweis für eine römische Siedlung war noch nicht erbracht. So ließ der Verein in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt Saarbrücken mehrere geophysikalische Prospektionen vornehmen. Deren Ergebnisse bestätigten, dass sich unter der Ackeroberfläche die Fundamtente eines römischen Gutshofes befinden. Die Universität Saarbrücken bestätigte, dass es sich um eine Villa rustica des Baustils "Bollendorf" handelt. Einem Antrag auf Ausgrabung wurde jedoch nicht stattgegeben. Thomas Schäfer aus Hoof hat aber ein Modell erbaut, wie die Siedlung in römischer Zeit ausgesehen haben dürfte. Seit zwei Jahren beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe des Vereins mit der Auffindung und Kartierung historischer Grenzsteine. Entlang der bayerisch-preußischen Grenze (1816 bis 1945), der saarländisch-deutschen Grenze (1920 bis 1935) und der kurpfälzisch/pfalz-zweibrückischen Grenze (1774, bei Bubach) hat die Arbeitsgruppe rund zwei Drittel der ursprünglich vorhandenen Steine aufgefunden, gesäubert und dokumentiert. Die Ergebnisse gehen in ein Gesamtprojekt des Landesverbandes für historisch-kulturelle Vereine des Saarlandes ein. Sie werden zunächst auf der Ebene des Landkreises St. Wendel gesammelt und veröffentlicht, später auch auf Landesebene.Ein Mitglied aus Brasilien Der Heimat- und Kulturverein betätigt sich auch auf kulturellem Gebiet. So veranstaltet er Kunstausstellungen. Literarische Veranstaltungen wie Buchlesungen oder Mundartvorträge finden meist im Protestantischen Gemeindehaus in Hoof statt. Den musikalischen Part übernimmt dabei in der Regel Walter Harth aus Bubach. Ausflugsfahrten und Wanderungen ergänzen das Vereinsprogramm. Schon seit fast 30 Jahren pflegt der Verein eine Freundschaft mit Nachkommen von Ostertälern, die im Jahr 1724 nach Südungarn ausgewandert waren. Nach ihrer Ausweisung im Jahr 1946 kehrten die Nachfahren nach Westdeutschland zurück, wo einige von ihnen 1981 Kontakt zum Ostertal aufnahmen. Seitdem findet ein reger Austausch statt. Der Heimatverein ist im Besitz aller Geburts-, Heirats- und Sterbematrikelbücher von Moragy und Umgebung. Und Harry Weber hat schon mehr als 140 Familienstammbäume für Nachfahren von Ungarnauswanderern aus ganz Deutschland zusammengestellt. In den ersten Jahren nach Gründung hatte der Heimat- und Kulturverein noch keine feste Unterkunft. 1998 stellte die Stadt St. Wendel dem Verein einen Raum im Hause "Ammejobs" in Niederkirchen zur Verfügung. In einem dieser Räume herrscht der Archivar des Vereins, Ewald Wailersbacher. In der Diele sind Gegenstände aus der Geschichte des Ostertals ausgestellt. Bei der Gründung 1985 traten dem Verein 21 Männer und Frauen bei, heute sind es 85 Mitglieder. Ein Mitglied wohnt sogar in Brasilien, wohin seine Vorfahren ausgewandert waren. Ildemar Volles meldete per Internet und beantragte seine Mitgliedschaft. red

HintergrundEin frühes Anliegen des Vereins war es, die vielen Fotos, die sich in Privatbesitz befinden, aber von Verlust bedroht sind, zu sichern. So sammelte der Verein nacheinander in allen Orten seines Gebiets Fotos ein, reproduzierte sie und zeigte sie in Ausstellungen der Bevölkerung. Die Veranstaltungen waren in der Regel hervorragend besucht. Die Familienkunde ist ein weiterer Schwerpunkt der Vereinsarbeit. Hier betätigen sich schon seit Jahren Harri Drumm, Harry Weber, Marliese Blind, Alwin Müller, Thea Drumm und Christel Wagner. Mittlerweile haben sie 16 000 Datensätze zusammengetragen, und im kommenden Jahr wird ein Familienbuch für die acht Orte des mittleren Ostertals entstehen. red

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