Ofenmuseum in Reichenbach Viele der Öfen stammen aus dem Saarland

Reichenbach · Noch bis ersten Advent hat das Ofenmuseum in Reichenbach geöffnet. Etwa 40 Öfen und Herde sind derzeit zu sehen.

 Maria und Wolfgang Lengler vor einem ganz besonderen Stück: dem Kaiserofen.

Maria und Wolfgang Lengler vor einem ganz besonderen Stück: dem Kaiserofen.

Foto: Melanie Mai

Kalt dürfte es Maria und Wolfgang Lengler eigentlich nie werden. Vorausgesetzt, sie haben immer genügend Holz parat. Denn das Ehepaar aus Gronig besitzt mittlerweile 110 Öfen. Weil ihr Wohnhaus im Landkreis St. Wendel dafür zu klein wurde, haben sie nach einer Unterstellmöglichkeit gesucht. Fündig wurden die Lenglers im benachbarten Landkreis Birkenfeld. Genauer gesagt, im 570-Seelen-Ort Reichenbach bei Baumholder. Dort stand eine ehemalige Turnhalle leer. „Was soll ich mit einer Turnhalle“, dachte sich noch Wolfgang Lengler, als ihm ein Bekannter das Gebäude empfahl. Aber beim genaueren Hinsehen bemerkte der heute 66-Jährige: So groß ist diese Halle gar nicht. Und noch etwas fiel ihm auf: die Deckenhöhe von 3,50 Metern. Die biete sich an, um auch die Gemälde, die sich in der Lengler’schen Sammlung befinden, aufzuhängen. Hinzu kamen sanitäre Anlagen. Beste Voraussetzungen also für eine öffentliche Ausstellung. Der Abstellraum war kein Thema mehr, die Idee von einem eigenen, kleinen Museum war geboren.

Viel Zeit, Geld und Arbeit steckten die Lenglers in die Renovierung des Gebäudes. „Wir mussten von Grund auf alles neu machen“, erzählt Lengler. Und das auf eigene Kosten. Das dauerte etwa ein Jahr. Im Oktober 2003 ging dann, wie Lengler erzählt, ein Traum in Erfüllung: Das Ofenmuseum wurde eröffnet. Die Lenglers betreiben es privat. Aus Freude an der Sache. Eintritt verlangen sie nicht. Dabei ist das Hobby der Eheleute nicht nur zeitaufwändig, sondern auch kostspielig. Aber es lohnt sich. Das Interesse sei da. Ganze Vereine kommen vorbei, Bustouren führen zum Museum.

Alles begann vor 35 Jahren mit einem Stubenofen aus Urexweiler aus dem Jahr 1870. Diesen hat der gelernte Schweißer, der sich nach eigenen Angaben schon immer für Metall interessierte, gekauft und restauriert. „Ich war sofort fasziniert“, sagt er. Und spricht gar von einer Sucht, die ihn übermannt habe. „Eisen ist besser als Gold.“ Nach und nach kauften die Lenglers weitere Öfen an. Auf Flohmärkten, bei Haushaltsauflösungen oder auf Hinweise von Freunden und Bekannten hin, die mittlerweile von der Sammelleidenschaft der Lenglers Wind bekommen hatten. Auch Experten aus ganz Deutschland hörten bereits von den Lenglers und schauten sich gerne in deren Haus um. „Es war die beste Sammlung in Deutschland“, gibt Lengler die Aussage eines Spezialisten weiter. „Und wir hatten den Ehrgeiz, an der Spitze zu bleiben“, fügt er hinzu.

Mittlerweile sind 110 Öfen aus drei Jahrhunderten zusammengekommen. 40 davon sind im Museum zu sehen, immer wieder tauschen die Lenglers Exemplare aus. Einen Ehrenplatz wird aber immer das Lieblingsstück der Groniger haben: der vier bis fünf Zentner schwere Kaiserofen, auf dem Kaiser Wilhelm zu sehen ist. „Er besteht aus feinem Guss, ist äußerst selten und vollständig“, erklärt Lengler, warum er dieses Stück so mag. Außerdem soll er, das erzählte der Vorbesitzer aus Saarbrücken, in der Villa der Familie Stumm gestanden haben. Die Familie Stumm stammte aus dem Hunsrück und zählte zu den bekanntesten Montanunternehmern. Ein Standort war unter anderem auch in Neunkirchen.

Sowieso führen zahlreiche Ausstellungsstücke den Betrachter ins Saarland. So wurde ein Jugendstil-Herd aus dem Jahr 1895 in Mariahütte gefertigt. „Diese Ausführung war schon sehr durchdacht“, verdeutlicht Lengler. Unter anderem war ein Waffeleisen auf der Herdplatte eingearbeitet. Ihn habe er, wie viele andere Exemplare auch, „vergammelt und verrostet“ angekauft. Und dann mit der Drahtbürste gesäubert und restauriert. Mittlerweile habe er eine gewisse Routine entwickelt. Pro Ofen brauche er gut eine Woche.

Ebenfalls aus Mariahütte stammt ein Herd aus der Zeit um 1870. Ein Hasenbräter ziert diesen. Im Museum hängt ebenfalls historische Wäsche über diesem Herd. Denn auch das war früher so: Die Wärme wurde auch fürs Trocknen genutzt. Und der Ofen im Haus erfüllte noch eine Funktion: Er war „die geistige Mitte im Haus“. Hier versammelten sich die Familienmitglieder und Gäste, um zu reden und zu spielen. „Einen Fernseher gab es ja noch nicht.“ Damals wie heute habe ein Ofen noch etwas Besonderes zu bieten: „gemütliche Wärme“.

Meist wurde von hinten, aus einem anderen Raum heraus gefeuert. Auch das ist in Reichenbach zu sehen. Und welche Art von Öfen es überhaupt gibt. Einen Schneiderofen zum Beispiel, zu dem gleich sechs Bügeleisen gehören. Oder ein Rundofen, der einst der Gräfin Westerholt gehörte und der auf Burg Hamm stand. Dieser ist aus dem Jahr 1700. „Es ist das Höchste für einen Sammler, wenn man so einen alten Ofen hat.“ Er sei in einem „richtig schlimmen Zustand“ gewesen. Drei bis vier Wochen intensiver Arbeit steckte Lengler in die Restauration.

Die Ofen-Schau runden nicht nur Sonderausstellungen (beispielsweise Spielzeug, derzeit Aberglaube), sondern auch Gemälde der Unternehmer-Familien Stumm und Röchling ab. Und Bilder, die die Lebensumstände der Hüttenarbeiter zeigen. So schaut Lengler auf ein Gemälde aus dem Jahr 1860, auf dem deutlich zu sehen sei, „wie wenig Wert auf die Sicherheitsvorkehrungen der Arbeiter gelegt wurde“. Neben heißer Glut standen die Männer ohne Helm, ohne Handschuhe oder Schutzkleidung. Und gleich nebendran wurde schnell etwas gegessen.

Auch ein Bild von einem Bauernhaus im Hunsrück lässt einen Blick auf die Lebensumstände zu. „Meist hielten sich die Hüttenarbeiter noch Ziegen und Hühner, um ihre Familie ernähren zu können.“ Darum kümmerten sich dann aber die Frauen, denn „der Hüttenmann kam meist nur am Wochenende heim“. Dazu Lengler: „Das war alles andere als eine gute alte Zeit.“

Alle Serienteile zu den Museen im Saarland finden sich im Internet:

 Gemälde der Familie Stumm und ein Bild, das die Arbeitsbedingungen der Hüttenarbeiter zeigt, runden die Ausstellung ab.

Gemälde der Familie Stumm und ein Bild, das die Arbeitsbedingungen der Hüttenarbeiter zeigt, runden die Ausstellung ab.

Foto: Melanie Mai
 Auf diesem Gemälde ist eine typische Szene in einer Hütte dargestellt. Das Bild stammt um die Zeit um 1860. Foto: Melanie Mai

Auf diesem Gemälde ist eine typische Szene in einer Hütte dargestellt. Das Bild stammt um die Zeit um 1860. Foto: Melanie Mai

Foto: Melanie Mai
 „Ganz selten“ nennt Wolfgang Lengler diesen Badeofen aus der Zeit um 1900.

„Ganz selten“ nennt Wolfgang Lengler diesen Badeofen aus der Zeit um 1900.

Foto: Melanie Mai
 Dieser Kinder-Herd stammt noch aus der Spielzeug-Sonderausstellung. Foto: Melanie Mai

Dieser Kinder-Herd stammt noch aus der Spielzeug-Sonderausstellung. Foto: Melanie Mai

Foto: Melanie Mai
 Zu diesem Schneiderofen aus dem Jahr 1880 gehören sechs Bügeleisen.

Zu diesem Schneiderofen aus dem Jahr 1880 gehören sechs Bügeleisen.

Foto: Melanie Mai
 Ein Blick in die Ausstellung in der ehemaligen Turnhalle in Reichenbach. Hier reiht sich Ofen an Ofen. Und so manche Rarität ist dabei.

Ein Blick in die Ausstellung in der ehemaligen Turnhalle in Reichenbach. Hier reiht sich Ofen an Ofen. Und so manche Rarität ist dabei.

Foto: Melanie Mai
 So sieht das Reichenbacher Ofenmuseum von außen aus.

So sieht das Reichenbacher Ofenmuseum von außen aus.

Foto: Melanie Mai
 Mit Waffeleisen und Küchenschiff ist dieser Jugendstil-Herd aus dem Jahr 1895 ausgestattet. Gefertigt wurde er in Mariahütte.

Mit Waffeleisen und Küchenschiff ist dieser Jugendstil-Herd aus dem Jahr 1895 ausgestattet. Gefertigt wurde er in Mariahütte.

Foto: Melanie Mai
 Ofen an Ofen, so  zeigt sich die Ausstellungshalle in Reichenbach. Foto: Melanie Mai

Ofen an Ofen, so zeigt sich die Ausstellungshalle in Reichenbach. Foto: Melanie Mai

Foto: Melanie Mai
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