Neuer Charakter für Oberkirchen

Oberkirchen · Seit ein paar Wochen wird in Oberkirchens Hautstraße gebaut. Nach umfangreichen Kanalarbeiten geht's nun mit dem saarländischen Pilotprojekt „Shared Space“ (deutsch: gemeinsamer Raum) los. Am Freitagmorgen besichtigten zahlreiche Politiker rum Bürgermeister Karl Josef Scheer und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger die Baustelle.

 Baustellenbesichtigung in Oberkirchen: „Shared Space“ geht in die entscheidende Phase. Foto: B&K

Baustellenbesichtigung in Oberkirchen: „Shared Space“ geht in die entscheidende Phase. Foto: B&K

Foto: B&K

Freisens Bürgermeister Karl Josef Scheer (SPD ) hat seinen Sinn fürs Reimen entdeckt: "Wenn etwas Gutes soll gelingen, musst Du hart darum ringen." Das sagte er vor zahlreichen Politikern und anderen Beteiligten, die mit dem Projekt "Shared Space" betraut sind, im Freisener Rathaus, nachdem sie gemeinsam die Baustelle in Oberkirchen besichtigt hatten. Damit spielte er auf knapp sieben Jahre Vorarbeit an, bevor das Pilotprojekt nun starten kann. Denn zunächst einmal galt es nicht nur zu verhandeln und Zuschüsse und generieren. Es mussten auch die Hauptstraße - nach Angaben von Manfred Leibfried vom gleichnamigen Ingenieurbüro war diese in einem "sehr, sehr schlechten Zustand" - von Grund auf saniert und der Kanal erneuert werden. Das sei eine wesentliche Voraussetzung gewesen, so Werner Nauerz vom Landesbetrieb für Straßenbau, dass "Shared Space" überhaupt realisiert werden kann. Das kleine Oberkirchen mit nicht allzu großen Verkehrsströmen sei ideal für das Testen des Pilotprojektes.

"Wer glaubt, dass große Dinge nur in großen Städten erfunden werden, irrt, Oberkirchen ist bestes Beispiel dafür", sagt auch die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ), die am Freitagmorgen ebenfalls vor Ort war. Sie spricht von einem "zukunftsweisenden Projekt". Der Abschnitt vom Kreisverkehrsplatz bis zur Einmündung der Straße Zur Festhalle wird so gestaltet, dass keine Verkehrsteilnehmer bevorzugt werden. Es wird auf partnerschaftliches Miteinander gesetzt. Auf Schilder soll weitestgehend verzichtet werden, die Optik und bauliche Raffinessen sollen Aufmerksamkeit beim Verkehrsteilnehmer erzeugen. Wenn "Shared Space" im Herbst 2017 fertig ist, wie geplant, werde nach Angaben Rehlingers schnell klar: "Nicht mehr Schilder sind der richtige Weg, sondern umgekehrt." Lediglich eine Regel gebe es auch dort einzuhalten: Die Vorfahrtsregel. Und langsames Fahren ist angesagt. Der umgestaltete, barrierefreie Bereich wird als Tempo-20-Zone ausgewiesen.

Nicht nur die Verkehrsteilnehmer profitieren, sagt Rehlinger, sondern auch die Anwohner. "Shared Space" sei ein Beispiel dafür, wie eine Baumaßnahme den Charakter eines ganzen Ortes verändern könne. Denn in der Hauptstraße werden mehr Freiflächen entstehen. Drei Häuser kaufte die Gemeinde an und riss sie ab. Auch das schafft mehr Platz. "Das Projekt bringt eine Riesen-Aufwertung für alle Häuser ", sagt Scheer. Rehlinger rechnet darüber hinaus mit einem "Ansteckungseffekt" - Die Anwohner werden, da ist sie sich sicher, ebenfalls ihre Häuser schmuck dekorieren, wenn erst einmal das Umfeld so schön geworden sei. Und dann könne in der Hauptstraße auch gefeiert werden, eine neu gewonnene Freifläche biete sich laut Scheer geradezu dafür an. Was auch Rehlinger freut: "Beim ersten Festchen, das gefeiert wird, bin ich da."

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Auf einen Blick Die Baukosten des Pilotprojektes betragen 2, 1 Millionen Euro. Damit sind die Kosten 33 Prozent höher als ursprünglich angenommen. Der Grund: Es gab kein Angebot zu dem kalkulierten Preis. Finanziert wird die Maßnahme durch das Wirtschaftsministerium mit einer Million Euro, das Innenministerium mit rund 836 000 Euro sowie durch die Gemeinde Freisen. Wenn gegen Ende 2017 alles fertig ist, wurden insgesamt 5,5 Millionen Euro in die Hauptstraße in Oberkirchen investiert. him

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