In den Fußstapfen von Pierre Brice

Der Winnetou schlechthin, Pierre Brice, ist tot. Diese Nachricht schockte am Wochenende Fans auf der ganzen Welt. Auch in Burgrieden, wo derzeit für die Winnetou-Festspiele geprobt wird. Mittendrin: Schauspieler Michael Ewig aus Freisen. Im Gespräch mit SZ-Redakteurin Melanie Mai sprach er über Pierre Brice und seine eigene Interpretation des Apachen-Häuptlings.

 Michael Ewig als Winnetou. Der Freisener spielt die Hauptrolle in Burgrieden. Foto: Peter Warth

Michael Ewig als Winnetou. Der Freisener spielt die Hauptrolle in Burgrieden. Foto: Peter Warth

Foto: Peter Warth

Herr Ewig, Sie proben derzeit für Ihren Einsatz als Winnetou bei den Festspielen in Burgrieden. Mitten in dieser Vorbereitungszeit dann die Nachricht: Der Ur-Winnetou Pierre Brice ist tot. Wie wurde das in der Festspiel-Truppe aufgenommen?

Michael Ewig: Natürlich war tiefe Bestürzung zu spüren. In erster Linie bei unserem Regisseur Mike Dietrich. Die beiden waren befreundet seit den Jahren, als er unter der Regie von Pierre Brice in Bad Segeberg gespielt hat. Auch wenn wir anderen des Ensembles Pierre Brice nicht mehr kennenlernen durften, so hat man sich doch die letzten Wochen und Monate intensiv mit dem Thema Winnetou auseinandergesetzt. Dadurch baut man natürlich eine gewisse emotionale Nähe auf und die Nachricht lässt einen nicht kalt. Ich fand es schön, dass die Proben für die Beteiligten an dem Tag mit einer Schweigeminute eröffnet wurden.

Was haben Sie persönlich gedacht und gefühlt?

Ewig: Mich erreichte die Nachricht kurz vor unserer großen Gala in St. Wendel. Ich hatte nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Dafür einen Tag später umso mehr, auf der Autofahrt nach Ulm zu den Proben. Ich hatte mich die letzten Monate viel mit Pierre Brice und seiner Interpretation von Winnetou beschäftigt. Wenn man das tut, ist es so, als ob er zu einem spricht. Durch seinen unerwarteten Abtritt fühlt es sich an, als ob er vorzeitig die Unterhaltung verlässt. Es ist aber auch eine kleine Ehre, es kommt mir vor wie eine Staffelübergabe mit den Worten ‚Mach jetzt weiter, du weißt alles, was du wissen musst. Du machst das schon'.

Für viele Fans war Pierre Brice der Winnetou schlechthin. Sehen Sie das genauso?

Ewig: Absolut! Seine Interpretation ist mein Vorbild. Ich möchte die Rolle keinesfalls neu erfinden. Niemand wird ihn vom Thron stoßen können. Auch die Neuverfilmung von RTL nicht. Kult ist Kult.

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie das erste Mal zur Kostümprobe erschienen, das erste Mal geritten sind?

Ewig: Ich war noch sehr skeptisch. So eine Rolle nimmt man nicht an, ohne sich vorher darüber intensiv Gedanken zu machen. Ich verzichte lieber auf eine Rolle, als ausgelacht zu werden oder ein Publikum zu enttäuschen mit etwas, was ich nicht ändern kann. Zum Beispiel die Optik. Ich habe meinen Regisseur gefragt: ‚Siehst du mich wirklich in der Rolle oder hast du keinen anderen?" Daraufhin haben wir viel darüber gesprochen, wie er sich die Rolle vorstellt. Passt das mit meinen Gedanken zu Winnetou zusammen? Dann bin ich noch mal zur Bühne gefahren, um das Kostüm und die Perücke anzuprobieren. Ohne Fünf-Tage-Bart. Und in dem Moment wollte ich es. Als dann fünf Tage später der Anruf mit der Zusage kam, habe ich mich sehr gefreut. Aus meiner Zeit in den USA 2001 weiß ich, dass ich das Reiten sehr mag. Auch wenn ich es nicht konnte. Aber alles, was man üben und trainieren kann, habe ich ja selbst in der Hand. Mittlerweile habe ich im Reiten meinen absoluten Ruhepol gefunden. Das werde ich auch nicht mehr aufgeben.

Was unterscheidet Ihren Winnetou von dem, den Pierre Brice verkörperte?

Ewig: Ich würde sagen, der Faktor Michael. Ich versuche, viel von der Brice-Interpretation zu nehmen. Das, was mir nicht gelingt oder was ich nicht übernehmen möchte, macht den Unterschied aus. Ich will ja auch nicht stumpf kopieren.

Was macht überhaupt den Reiz dieses Apachen-Häuptlings aus?

Ewig: Ich möchte, dass die Menschen den Winnetou sehen, den sie kennen. Bühne ist allerdings anders als Film. Manches geht einfach nicht. Man trifft während den Proben immer wieder auf Momente, in denen man sich fragen muss: Wie hätte er das gemacht? Zum Beispiel: Wie hält Winnetou eine Rede im Laufen? Im Film steht er immer. Ganz selten wird eine Figur so mit einem Darsteller assoziiert wie bei Brice und Winnetou. Ein Ritt auf Messers Schneide und ein großer Reiz.

Sie spielen als Saarländer einen Indianer in Bayern - eine interessante Mischung. Wie kam es dazu?

Ewig: Gedanken sind Kräfte. Ich hatte mir für 2015 vorgenommen, eine weitere Bühnenkampf-Ausbildung zu machen und reiten zu lernen. Kurze Zeit später stieß ich auf die Ausschreibung für Winnetou 1 - der Beginn einer Legende.

In der Rollenausschreibung habe ich natürlich Winnetou direkt übergangen und habe mich auf einen der Bösewichte beworben. Für diese Rollen habe ich dann auch vorgesprochen. Ich muss wohl sehr schlecht gewesen sein (lacht).

Die Premiere ist am 4. Juli - was wünschen Sie sich für den Tag?

Ewig: Dass alle gesund auf der Bühne stehen dürfen, gutes Wetter und dass mein Pferdchen Grisu an dem Tag genauso gute Laune hat, wie ich.

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