Abschied von Hund und Mensch Der letzte gemeinsame Weg

St. Wendel · Den Gedanken, sich von ihrem vierbeinigen Freund verabschieden zu müssen, schieben Hundebesitzer am liebsten ganz weit weg. Doch sie sollten sich auf den Tag vorbereiten, damit der treue Begleiter in Würde gehen kann.

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Foto: SZ

Die Leiden nehmen zu. Lange Spaziergänge sind nicht mehr drin. Energie und Lebenslust schwinden. Stattdessen zieht sich der Vierbeiner immer öfter zurück. Spätestens jetzt wird klar: Der letzte Weg steht kurz bevor. Es ist wohl der schwerste, den man im Leben mit seinem Hund gehen muss. Doch für die meisten Tierhalter kommt irgendwann der Tag, an dem sie ihrem treuen Begleiter den letzten Freundschaftsdienst erweisen müssen.

Denn in den wenigsten Fällen würden Hunde eines natürlichen Todes sterben. „Meistens müssen wir sie von einem langen Leiden erlösen und den Zeitpunkt des Sterbens bestimmen“, weiß Hundetrainerin Richarda Theobald-Hoffmann. Da man sich in dieser Situation in einem emotionalen Ausnahmezustand befindet, rät sie, sich auf diesen Moment so gut wie nur möglich vorzubereiten. Dazu gehöre es auch, sich darüber zu informieren, wie die Euthanasie überhaupt abläuft. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet „der gute Tod“. „Eine fachgerechte Einschläferung wird als gut bezeichnet, wenn das Tier dabei keine Schmerzen empfindet“, erklärt Theobald-Hoffmann.

Bevor ein Tierarzt einen Vierbeiner jedoch in die ewigen Jagdgründe schickt, untersucht er seinen Patienten noch einmal. Danach „erfolgt zunächst eine Betäubung des Tieres mit einem Narkosemittel“, weiß Dr. Arnold Ludes, Präsident der Tierärztekammer des Saarlandes. Anschließend werde „ein hochpotentes Narkosemittel in Überdosis per Injektion verabreicht“.

Der Tod tritt durch Herz- und Atemstillstand ein. Die Fellnase  schläft dabei tief und ohne Bewusstsein. Hundeexpertin Theobald-Hoffmann weist darauf hin, dass heutzutage Pentobarbital das Mittel der Wahl zur Euthanasie bei Haustieren sei. Das umstrittene Medikament T61 hingegen werde kaum noch in Praxen verwendet. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, solle seinen Tierarzt darauf ansprechen. „Auch das gehört zu einem klärenden Vorgespräch“, mahnt die Trainerin.

Angst, dass ein Tierarzt ihrem Liebling vorschnell die Todesspritze injiziert, müssen Halter nicht haben. Ein Veterinär macht sich in Deutschland sogar strafbar, wenn er eine Tötung ungerechtfertigt vornimmt. „Laut Tierschutzgesetz darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“, sagt Dr. Ludes. Deshalb dürfe ein Tierarzt einen Hund auch nur erlösen, wenn dieser unter starken, nicht behebbaren Schmerzen leide oder unheilbar krank sei.

Wann der richtige Zeitpunkt für das Einschläfern gekommen ist, müssen Mediziner und Halter gemeinsam entscheiden. „Das ist eine große Verantwortung und Bürde zugleich“, weiß Theobald-Hoffmann. Allgemein gültige Kriterien, die bei der Entscheidung über das Wann helfen, gibt es nicht. Der Hund signalisiere, wenn die Zeit des Abschieds gekommen ist. Er würde beispielsweise das Fressen einstellen, nicht mehr so aktiv, dafür aber immer häufiger depressiv sein. Oft würden die Fellnasen auch unter großen Schmerzen leiden, für die es keine Linderung mehr gibt. „Unser Egoismus muss hintangestellt werden, wenn es darum geht, ,jetzt’ zu sagen“, ist die Expertin überzeugt. Der Zeitpunkt dürfe nicht aus falsch verstandener Tierliebe unnötig herausgezögert werden.

Hundemenschen sollten sich auch Gedanken darüber machen, wie sie ihren Liebling zum Arzt befördern können, wenn es soweit ist. Denn immer wieder kommt es vor, dass sich der Zustand von alten Tieren rapide verschlechtert und diese nicht mehr transportfähig sind. Einen Tierkrankenwagen, wie er in vielen Bundesländern im Einsatz ist, gibt es im Saarland nicht. „Es wäre schön, einen solchen Dienst zu haben“, findet der Präsident der saarländischen Tierärztekammer. Damit man die Patienten zeitnah behandeln könnte, wäre es seiner Ansicht nach sinnvoll, in jedem Landkreis einen solchen Krankenwagen zu stationieren. Doch leider wisse momentan niemand, wie das finanziert werden könnte, da die Tiere Privatpatienten sind und ihre Besitzer für alles aufkommen müssten.

Auch die Polizei im Notfall um Hilfe zu bitten, ist für Hundehalter keine Option. „Der Transport von Tieren in Polizeifahrzeugen ist nicht möglich“, erklärt Polizeisprecher Stephan Laßotta. Denn Tiere würden als Ladung gelten und die müsse nach Paragraf 23 der Straßenverkehrsordnung entsprechend gesichert sein. „Vorrichtungen zur Sicherung von Tieren, also Gurte oder Transportboxen, werden in Streifenwagen aber nicht vorgehalten“, erläutert Laßotta weiter. Lediglich Fahrzeuge der Diensthundestaffel seien entsprechend ausgestattet. Doch die würden nur zum Einsatz kommen, wenn von einem freilaufenden Tier Gefahr ausgehe. Die Versorgung verletzter oder kranker Haustiere sei die Aufgabe des Besitzers. „Dieser muss auch den Transport seines Hundes zum Tierarzt selbst organisieren“, betont Laßotta. Nur wenn ein Vierbeiner etwa bei einem Verkehrsunfall verletzt wurde und der Halter nicht zu ermitteln ist, setze sich die Polizei mit dem örtlichen Tierarzt oder einer Tierklinik in Verbindung.

Da Hundebesitzer im Saarland beim Transport ihrer Vierbeiner also auf sich gestellt sind, rät Trainerin Theobald-Hoffmann ihnen, sich in jedem Fall doppelt abzusichern. Zum einen könnten sie mit Angehörigen, Freunden oder Nachbarn sprechen, die im Akutfall helfen, den Hund zu transportieren beziehungsweise zu tragen. Vor allem wer einen großen Vierbeiner hält, sollte vorsorgen. Zum anderen sei es empfehlenswert, bereits frühzeitig einen Tierarzt zu suchen, der zu seinen Patienten nach Hause fährt. „Wenn es soweit ist, kann er den Hund in seinem gewohnten Umfeld aufsuchen und ihm unnötigen Stress ersparen“, sagt sie. Veterinäre sind dazu jedoch nicht verpflichtet. „Es ist jedem selbst überlassen, ob er den Service eines Hausbesuches anbietet“, stellt Dr. Ludes klar.

Auch kann es sein, dass der Notfall in der Nacht oder am Wochenende eintritt, wenn der behandelnde Tierarzt geschlossen hat. In dem Fall müssen Hundehalter eine Tierklinik – im Saarland gibt es eine in Spiesen-Elversberg und in Saarbrücken – aufsuchen. Diese haben rund um die Uhr geöffnet. „Am Wochenende sind zusätzlich noch vier weitere Praxen dienstbereit“, erläutert Dr. Ludes.

Ob der Hund nun Zuhause, in der Praxis oder Tierklinik seine letzte Reise angetreten hat. Zum Schluss bleibt die Frage, was nach dem Einschläfern mit ihm passiert. Die einfachste Lösung ist es, das tote Tier im Garten zu begraben. „Das ist jedoch nicht überall erlaubt“, warnt Trainerin Theobald-Hoffmann. Außerdem gebe es noch die Möglichkeit, den Hund in einem Tierkrematorium einäschern zu lassen oder ihn auf einem Tierfriedhof zu bestatten. Wenn mehrere Vierbeiner im Haushalt leben, sollten diese die Gelegenheit bekommen, sich von ihrem toten Artgenossen zu verabschieden, indem sie an ihm schnüffeln dürfen. In vielen Fällen könne man so längere Trauerprozesse verhindern. „Hunde kennen den Tod und akzeptieren ihn auch“, sagt die Expertin.

 Viele Hunde ziehen sich zurück, wenn ihr Tod näher rückt. Energie und Lebenslust schwinden zunehmend.

Viele Hunde ziehen sich zurück, wenn ihr Tod näher rückt. Energie und Lebenslust schwinden zunehmend.

Foto: dpa-tmn/Robert Günther

Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie hart der Abschied vom treuen Begleiter ist – und wie ungern sich Hundemenschen mit dem Gedanken auseinandersetzen. Doch damit der beste Freund in Würde gehen kann, sei es von Vorteil, sich bereits früh genug mit dem Thema auseinanderzusetzen und gewisse Vorbereitungen zu treffen. Zum Abschluss will Theobald-Hoffmann den Hundehaltern vor allem noch eines mit auf den Weg geben: Auch wenn es noch so bitter ist, man sollte bei seinem Liebling bleiben, wenn er über die Regenbogenbrücke geht. „Denkt an den langen Weg den Ihr gemeinsam gegangen seid. Erweist ihm jetzt den Respekt, schenkt ihm die Liebe und geht auch den letzten Weg gemeinsam mit ihm.“

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