Corona-Krise Auch Vermieter haben Existenzängste

St. Wendel · So mancher Gewerbetreibende in St. Wendel kann die Miete nicht zahlen. Trittbrettfahrer könnten auf den Plan gerufen werden.

 Ein Blick in die Bahnhofstraße in St. Wendel. Autos parken zwar noch da, aber die Geschäfte sind zu. Das beschäftigt auch Mieter und Vermieter.

Ein Blick in die Bahnhofstraße in St. Wendel. Autos parken zwar noch da, aber die Geschäfte sind zu. Das beschäftigt auch Mieter und Vermieter.

Foto: B&K/Bonenberger/

Ralf Heydrich hat derzeit viel zu tun. Schuld daran ist die Corona-Krise. Heydrich ist Geschäftsführender Vorstand des Vereins „Haus und Grund“ in St. Wendel. Und dort gebe es nun verstärkt Anfragen. Noch nicht einmal so sehr aus dem privaten, aber doch aus dem gewerblichen Bereich. Wie auch überregional zu beobachten, so seien es in St. Wendel ebenfalls die „Großen“, wie er sagt, die „die Zahlung einstellen möchten“, so Heydrich. Von etwa zehn Geschäften in St. Wendel spricht er, auch von Ketten. „Sie haben geäußert, dass sie nicht zahlen wollen und nicht zahlen werden.“ Im Gegensatz seien es gerade die kleinen, inhabergeführten Läden, die sich noch nicht geäußert haben. „Und gerade denen sollte man doch entgegen kommen“, so Heydrich. Um die Strukturen in der Stadt zu erhalten und Leerstände zu vermeiden. Er appelliert an eine „vernünftige Politik des Miteinanders“. Auch oder gerade in der Krise.

Nicht, dass die größeren Geschäfte keinen Anspruch auf das Gesetz hätten. Das besage allerdings nur, dass  in der Corona-Krise  Mietern wegen Mietschulden nicht gekündigt werden darf. Und Heydrich warnt in diesem Zusammenhang vor Trittbrettfahrern. Vor denen, die die Pandemie nun vorschöben, um nicht zahlen zu müssen. Er rät daher allen Vermietern, sich die Gründe genau darlegen zu lassen samt Zahlen. Denn „auch Vermieter haben Angst um ihre Existenzen“, so Heydrich. Das seien nicht immer die Reichen, die aus den Mieteinnahmen ihren Luxus finanzierten: „Einige finanzieren dadurch ihren Lebensunterhalt, andere bekommen Probleme mit der Bank, weil sie die Miete eins zu eins an diese weiterreichen.“  Und noch etwas gibt er zu bedenken: „Die Gebäude zu unterhalten, kostet ebenfalls Geld.“

Heydrich stellt derzeit eine große Verunsicherung bei den Vermietern fest. Nicht nur, was die Mietzahlungen angeht. Auch andere Fragen des Alltags treiben sie um. So unter anderem, wie sie mit Besichtigungen und mit Übergaben umgehen sollen. Hier rät Heydrich, pragmatisch zu handeln. So laufen Besichtigungen nun verstärkt übers Internet. „Wir arbeiten mehr mit Fotos“, so Heydrich. Das reduziere Besichtigungen.

Wenn dann die potenziellen Mieter doch die Wohnung betreten müssen, dann möglichst alleine. „Der Vermieter kann draußen warten.“ Bei der Übergabe sei gar kein persönlicher Kontakt notwendig. Sowohl von den Zählerständen als auch vom Zustand könnten von beiden Seiten Fotos und Videos gemacht werden, die sich Mieter und Vermieter dann gegenseitig zuschicken. Und den Schlüssel, den kann der Mieter beim Auszug einfach in den Briefkasten werfen.

Erfahrungen mit den Großen und Kleinen hat auch Wolfgang Zeyer, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft „In St. Wendel tut sich was“ gemacht. Vor allem in seinem Hauptjob als Rechtsanwalt. „Die Großen versuchen, die Kleinen zu drücken“, erzählt er von so manchem Beispiel. Es gebe derzeit vermehrt „Geschichten rechtlicher Art“. Was die Geschäftsleute in St. Wendel angeht, so habe er noch keine Rückmeldungen auf ein Schreiben erhalten, das er vor etwa 14 Tagen an alle Mitglieder geschickt habe. Darin habe er dargelegt, welche Möglichkeiten – vom Kurzarbeitergeld bis zu Mietkürzungen – es für Geschäftsleute gebe. Ein großer Vorteil für so manchen Ladenbesitzer oder Gastronom in der Kreisstadt sei die Tatsache, dass viele gar keine Miete zahlen müssen, weil es sich bei ihren Geschäften um Eigentum handele. Aber etwa 50 Prozent, so schätzt er, seien Mietobjekte. Ob ein Mitglied der Aktionsgemeinschaft daran denke, Mieten zu kürzen oder zu streichen, davon hat er noch nichts gehört.

Gleiches gilt für den Mieterverein St. Wendel. Wie Rechtsanwältin Kai F. Nolden berichtet, hätten die beiden Rechtsberater des Mietervereins bisher noch keine Anfragen aufgrund der Corona-Pandemie bekommen. „Derzeit geht es eher um die Mietkostenabrechnung“, so Nolden.

Übrigens: Auch auf die Sprechstunden beim Mieterverein im Adolf-Bender-Zentrum  hat die Corona-Krise Auswirkungen. Sie entfallen erst einmal. Die Rechtsberater informieren telefonisch.

Was die neue Gesetzeslage wegen der Corona-Krise angeht, da rät Nolden Mietern, den Vermieter anzusprechen, wenn es ein Zahlungsproblem gebe – und ihn auch schriftlich zu informieren.  Noch sei nicht ganz klar, wie die Rechtslage geregelt sei. Daher gelte es, von Einzelfall zu Einzelfall zu handeln.

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