Andrew Dewar faszinierte beim dritten Orgelkonzert

St. Wendel. Im Mittelpunkt der dritten "Orgelmusik am Abend" in der Wendelinusbasilika standen höchst eindrucksvolle romantische Werke, faszinierend dargeboten von dem jungen Engländer Andrew Dewar, den die gleichzeitige Teilnahme am Internationalen Bach-Liszt-Wettbewerb Wettbewerb in Weimar und Erfurt nicht daran hinderte, in St

St. Wendel. Im Mittelpunkt der dritten "Orgelmusik am Abend" in der Wendelinusbasilika standen höchst eindrucksvolle romantische Werke, faszinierend dargeboten von dem jungen Engländer Andrew Dewar, den die gleichzeitige Teilnahme am Internationalen Bach-Liszt-Wettbewerb Wettbewerb in Weimar und Erfurt nicht daran hinderte, in St. Wendel einen erkrankten Londoner Kollegen zu vertreten. Er begann mit einer Reverenz vor Johann Sebastian Bach und spielte das Präludium und die Fuge in G-Dur mit einer Feinagogik, die schon Romantisches ahnen ließ. Dennoch war der verhalten düstere Beginn der Komposition "Stimmen der Nacht" von Sigfrid Karg-Elert ein denkbar starker Kontrast zur lichten Barockfarbe, während sich die folgenden Klänge sehr farbig und dynamisch differenziert entfalten durften. Ebenso subtil registriert hatte Dewar die beiden folgenden Stücke desselben Autors, "Valse Mignonne" und "Romantisch". Der schwerelose Walzer wirkte mehr durch eine stark verinnerlichte Expressivität als durch den Rhythmus, "Romantisch" lebte von spannungsreich gleitender Harmonik. Kaum nachzuvollziehen war, dass diese Musik ursprünglich nur für eine Kino-Orgel geschrieben wurde. Sehr passend gewählt war der Totentanz ("Danse Macabre") von Camille Saint-Saëns, in einer Transskription des Orchesterwerks für Orgel von Edwin Lemare. Hier hörte man plakative Kontraste vom dumpfen Grollen tiefer Flöten bis zu grellen Effekten vieler Zungenstimmen, während der profilierte Walzerrhythmus schließlich zu einer effektvollen Toccata mutierte. Ein großes und monumentales Werk krönte Dewars Vortrag: die Sonate "Der 94. Psalm" in c-Moll des frühvollendeten Liszt-Schülers Julius Reubke, der 1858 mit nur 24 Jahren verstarb. Die Komposition ist zwar einsätzig, aber dennoch in mehrere Teile differenziert, denen die gleiche Thematik zugrunde liegt: Man kann sie assoziieren mit der Macht göttlicher Vergeltung, der Hinfälligkeit der Menschen und dem Vertrauen der Glaubenden, Motiven, wie sie in vielen Psalmen zu finden sind. Diese deskriptive Musik verlangt vom Interpreten ein Höchstmaß an Können, ganz zu schweigen von der Vertrautheit mit den Möglichkeiten des Instruments, die der Gastorganist in wenigen Stunden erworben hatte. Dass er nach dem gigantischen Finale keine Zugabe spielte, war weiterhin ein Zeichen seiner Reife. Andrew Dewar, der am Morgen von Weimar gekommen war, hatte am nächsten Tag einen Termin im Erfurter Dom. Nach seinem achtjährigen Studium in Stuttgart, einer Zeit, in der er sich viele erste Preise erspielt hatte, wird er demnächst in Bristol tätig sein.

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