Alltagshelden im Landkreis St. Wendel Sie sind auch an Weihnachten für andere da
Mit Beginn der Corona-Pandemie sind Menschen in systemrelevanten Berufen in den Blickpunkt gerückt. Plötzlich erhielten sie mehr Wertschätzung für das, was sie tagtäglich tun. Damit sie ihren Job unter diesen erschwerten Bedingungen erledigen können, haben sie vor allem eine Bitte: „Wir bleiben für Sie da! Bleiben Sie für uns zuhause!“ Das gilt auch für die Festtage. Denn während die meisten mit ihrer Familie feiern, sind Polizisten, Pflegekräfte, Ärzte und Co. im Einsatz. Auf dieser Seite erzählen sie von ihrem Heiligabend . . .
Benjamin Baltes, Polizeioberkommissar, eingesetzt bei der St. Wendeler Polizeiinspektion: „Stille Nacht, heilige Nacht. Alles schläft, einsam wacht. In dieser einen stillen Nacht im Jahr, an einem einzigen Tag im Jahr, hält die laute Welt den Atem an. Weihnachten, das Fest des Friedens und der Familie. Man sitzt zusammen vor dem Weihnachtsbaum, verbringt eine schöne Zeit miteinander und genießt das Wertvollste, was man haben kann: die gemeinsame Zeit mit den Liebsten. Viele Einsatzkräfte können das Fest nicht mit ihren Liebsten verbringen. Sie leisten ihren Dienst, um zu schützen und zu helfen. So auch ich.
Allerdings kann ich den Morgen noch mit meinen beiden Kindern verbringen und wie jedes Jahr den Tannenbaum aufstellen und schmücken. Die beiden wissen, dass ihr Papa als Polizist auch an solchen Tagen oft arbeiten muss. Dennoch genießen wir den Morgen zusammen und machen das, was andere Familien auch machen. Plätzchen essen, Weihnachtslieder singen und Kinderglühwein trinken. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich auf meine Uhr schaue und zeitgleich etwas trübseliger werde. 13 Uhr rückt immer näher. Auch an diesem Tag. Dann heißt es: Von den Kindern verabschieden und ihnen eine schöne Bescherung und leckeres Weihnachtsessen wünschen. Auf der Fahrt zur Dienststelle beginnt dann der ganz normale Arbeitsalltag. Ich bin schon sehr oft an Heiligabend zum Dienst gefahren, ob zum Früh-, Mittag- oder Nachtdienst. Dieses Jahr ist allerdings auch kein normaler Heiligabend für mich als Polizist. Das Pandemiegeschehen bestimmt und prägt auch den Polizeialltag. Um 13.30 Uhr löse ich mit meiner Schicht den Dienstgruppenleiter der Frühschicht ab.
Es ist die Heilige Nacht. Ich möchte heute keine lauten Ersuchen, ich möchte keine betrunkenen Randalierer, ich möchte heute keine Widerstandsdelikte, keine respektlosen Bürger. Und vor allem keine Bürger, die sich nicht an die geltenden Coronaregeln halten und mit mir über Sinn und Unsinn dieser absolut unumgänglichen Bestimmungen reden. Immer, zu jeder Zeit gerne. Da ist mir das völlig egal, aber nicht heute. Ich möchte nur ein wenig Zeit, um mit meinen Kollegen, ähnlich wie alle anderen Menschen, heute vielleicht eine Stunde gemeinsam am Tisch zu sitzen, etwas zu essen und mich zu unterhalten. Vielleicht ein wenig stiller als sonst.“
Jonas Piro, Azubi zum Notfallsanitäter beim Deutschen Roten Kreuz Kreisverband St. Wendel: „Dieses Jahr werde ich Heiligabend auf der Rettungswache in Otzenhausen verbringen. In der Nachtschicht von 19 bis 7 Uhr kommt man als Rettungsdienst dann dort hin, wo andere besinnlich Weihnachten feiern. Notfälle halten sich nun mal nicht an Uhrzeiten und Feiertage. Schade ist es schon, dass man den Abend nicht mit der Familie verbringen kann. Jedoch hat man sich bewusst für das Berufsbild entschieden und somit gehört der Schichtdienst zum beruflichen Selbstverständnis. An dieser Stelle spielt das kollegiale Miteinander auf der Wache eine große Rolle. Da Weihnachten nicht nur aus dem 24. Dezember besteht, ist in meinem Fall, mit etwas Flexibilität in der Familie, das Beisammensein trotzdem möglich. Dementsprechend freue ich mich nach Dienstschluss auf die Familienfeier im kleinen Kreis.
Privat und beruflich gab es in diesem Jahr viele Einschnitte und Änderungen, sodass man täglich mit dem Thema Corona konfrontiert wurde. Über die Festtage möchte ich den Fokus einfach mal auf die Familie setzen. Für das kommende Jahr interessiere ich mich für mehrere sportliche Wettkämpfe und wünsche mir, dass diese auch stattfinden können.“
Elisa Kremer, Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Zentralen Notaufnahme im Marienkrankenhaus St. Wendel: „Dieses Corona-Jahr hat jeden Einzelnen von uns vor zuvor nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Mit diesen Herausforderungen umzugehen, hat uns ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, aber auch Verzicht abverlangt. Das ging und geht mir persönlich nicht anders. Die Weihnachtszeit ist für mich immer – ganz traditionell – die Zeit im Jahr gewesen, in der die Familie zusammenkommt. Eine Zeit des Beisammenseins, der Gemeinschaft. Dieses Mal wird alles anders sein. Am 24. Dezember werde ich mit meinen pflegerischen und ärztlichen Kollegen zusammen in der Notaufnahme hier in St. Wendel Menschen medizinisch versorgen, die unsere Hilfe dringend benötigen. Darunter werden sicher auch Menschen sein, bei denen zumindest der Verdacht besteht, dass diese mit Covid-19 infiziert sein könnten – das ist unser Alltag momentan. Ich finde es riskant, dann anschließend meine Familie zu besuchen. Man weiß nie, was im Dienst passiert, mit wem man in Kontakt kommt und so weiter. Man agiert und plant stets mit diesen Hintergedanken. Ich werde daher wohl den Abend zuhause verbringen. Aber das ist in Ordnung. Ich habe mich vor vier Jahren für diesen Beruf entschieden und bin nun seit einem Jahr examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Und nach wie vor bereue ich diese Entscheidung nicht. Trotz Corona. Trotz Risiko. Trotz Verzicht. Trotz Isolation in Zeiten des familiären Beisammenseins und der Gemeinschaft. Und um ehrlich zu sein – gemessen an der Zeit, die ich mit meinem Team in der Notaufnahme verbringe, gemessen an den Höhen und Tiefen des vergangenen Jahres 2020, die man gemeinsam durchlebt und gemeistert hat – zählen meine Kollegen doch auch schon ein bisschen zur Familie.
Für diesen (und die weiteren Feiertage) wünsche ich mir nur, dass die Menschen zuhause gut auf sich aufpassen und weiterhin Rücksicht aufeinander nehmen, sodass wir alle ganz bald wieder zu ein wenig mehr Normalität zurückkehren können.“
Alexander Becker, Chef der Kontaktpersonenermittlung im Landkreis St. Wendel: „Corona stellt uns alle vor sehr große Herausforderungen. Der normale Heiligabend begann für mich und meine Lieben immer im Kreise der Freunde beim gemeinsamen Frühstück. Dies können wir in diesem Jahr nicht organisieren. Der Schutz der Gesundheit ist für uns alle sehr wichtig. Im Anschluss besuchte ich unser Alten- und Pflegeheim in Freisen, bevor wir in die Kirche zur Christmette gingen. Alles ist in diesem Jahr anders als gewohnt und neu. Keine Freunde am Heiligen Morgen treffen, nicht das gewohnte Besuchen der Bewohner im Alten- und Pflegeheim.
In diesem Jahr wird der Heiligabend für mich mit Arbeit beginnen. Danach besuche ich mit meiner Frau und meiner Tochter die Christmesse in Freisen. Im Anschluss feiere ich gemeinsam mit meiner achtjährigen Tochter Emily und meiner Frau Silke den Heiligen Abend im Kreise meiner Liebsten. Auch wenn Corona uns 2020 vieles abverlangt hat, kann es mir und meinen Lieben das gemeinsame Miteinander am Heiligabend nicht nehmen. Gemeinsam mit Frau und Kind feiere ich Weihnachten daheim.
In Bezug auf meine Arbeit bei der Kontaktpersonenermittlung wünsche ich mir und meinem Team möglichst keine oder sehr wenig neue Covid-19 Fälle in unserem Landkreis St. Wendel. Für mich persönlich wünsche ich mir, dass meine Lieben gesund bleiben und wir von einer Covid-19-Infektion verschont bleiben. Den Menschen, die erkrankt sind, wünsche ich eine schnelle Genesung beziehungsweise einen sehr milden Verlauf dieser heimtückischen Viruserkrankung. Der Tag Heiligabend soll möglichst stressfrei und harmonisch verlaufen. Auch wenn ich an diesem Tag am Arbeiten bin, bin ich in Gedanken auch bei den vielen Menschen, die Weihnachten alleine sind oder bei Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei oder im Pflege- und Gesundheitsbereich arbeiten. Sie halten das ganze System am Laufen. Ihnen gebührt Dank und Anerkennung.“
Stephanie Backes, Verkäuferin im Kaufhaus Becker in Primstal: „Meinen Heiligabend verbringe ich im gemütlichen Kreise mit meinem Mann und meinen zwei Kindern. Ich habe keine speziellen Wünsche für diesen Tag, mir reicht das Zusammensein mit meiner Familie.“
Ingo Jaudt, Briefträger, bekannt als Posti-Ingo: „Der 24. Dezember ist bei uns ein normaler Arbeitstag. Wichtig ist, dass die Kunden auch alle Weihnachtsbriefe und -päckchen noch bekommen. Wichtig für mich ist insbesondere, dass sich die Kunden auf mich verlassen können. Es ist ein besonderer Tag, an dem viele Menschen auf mich warten, sei es um ein Schwätzchen zu halten, frohe Weihnachten zu wünschen oder ein Späßchen zu machen.
Privat freue ich mich auf das Weihnachtsessen mit meiner Familie und meinen Eltern. Ich wünsche mir für diesen Tag, dass meine Frau und meine Tochter sich über die Weihnachtsgeschenke freuen. Sie wissen noch gar nichts.“
Birgit Woll-Müller, Pflegefachkraft im Caritas Senioren-Zentrum in Hasborn-Dautweiler: „Die vergangenen neun Monate waren eine große Herausforderung für Bewohner, Angehörige und Pflegekräfte. Man kann von einer emotionalen Achterbahnfahrt reden. Heiligabend/Weihnachten ist ein besonderes Fest, das Fest der Liebe und Geborgenheit. In diesem Jahr ist leider alles schwierig, unsere Bewohner können nicht so besucht werden wie all die Jahre. Das Seniorenhaus ist ihr Zuhause und ich bin der Meinung, dass die Pflegekräfte für die meisten Bewohner zur Familie gehören. Wir sind täglich Ansprechpartner, wir kennen viele schon jahrelang.
Ich arbeite an Heiligabend auf Mittagsschicht und bin bemüht, den Bewohnern ein warmes Gefühl der Geborgenheit zu vermitteln. Der Heiligabend beginnt mit je einer Christmette pro Etage in unserer Kapelle, anschließend gibt es in den Wohnbereichen selbst gebackenes Weihnachtsgebäck. Es wird an alte Traditionen erinnert durch Weihnachtsdekoration, weihnachtliche Gerüche, Weihnachtsbäume, alte Weihnachtslieder werden gehört, es werden auch Geschichten vorgelesen; mit Musik können die Bewohner sehr gut aktiviert werden. Vor dem Abendessen, gibt es noch Geschenke. Durch die vielen Eindrücke sind die Bewohner dann auch müde und werden zu Bett begleitet.
Dieses Jahr wird privat Heiligabend im kleinsten Familienkreis gefeiert und ich freue mich, wenn ich dann erzählen kann, dass die Bewohner einen schönen Tag hatten und ihr Weihnachtsgeschenk an mich das Leuchten in ihren Augen war.“
Kristin Tinius, Krankenschwester auf der Intensivstation im Marienkrankenhaus St. Wendel: „Ich habe am 24. Dezember Spätdienst auf der Intensivstation, das bedeutet, dass ich erst um 21 Uhr daheim bin. Ich werde den Rest des Abends mit meinem Freund zuhause verbringen. Aufgrund meines Dienstes ist es mir nicht möglich, Weihnachten gemeinsam mit meiner Familie zu feiern.
Ich wünsche mir an diesem Tag einen geregelten Dienst, damit mir die Vorfreude auf das gemeinsame Weihnachtsabendessen mit meinem Freund nicht auch noch verloren geht.“
Christine Unrath, Pfarrerin, evangelische Kirchengemeinde St. Wendel: „An Heiligabend werde ich spätestens ab 14 Uhr in der Stadtkirche in St. Wendel sein, um dort zunächst zwei Gottesdienste zu halten (um 15 Uhr einen Heiligabend-Gottesdienst für die Kleinsten mit ihren Familien und um 17 Uhr einen Live-Rundfunkgottesdienst). Gegen 19 Uhr werden mein Mann und ich gemeinsam nach Hause fahren und unseren Heiligabend zu zweit mit einem feinen Essen verbringen. Gegen 21 Uhr werden wir beide wieder zur Stadtkirche aufbrechen, um dort (mein Mann als Sänger) gemeinsam ab 22 Uhr die Christmette zu feiern. Uns beiden – mein Mann ist nicht nur ausgebildeter Tenor, sondern auch Pfarrer (Militärseelsorger bei der Bundeswehr) – ist es, genauso wie Organisten und Küstern, sehr vertraut, an Heiligabend zu arbeiten. Es waren in den vielen Jahren meiner Tätigkeit auch für mich immer ganz besonders schöne Momente. In diesem Jahr findet natürlich auch Weihnachten statt, aber es wird in unserer Stadtkirche wesentlich stiller zugehen, da wir statt mit mehreren hunderten Menschen nur mit insgesamt 60 Personen und ohne Gemeindegesang feiern können. Vielleicht sind wir alle aber durch dieses Reduzieren müssen wegen der Pandemie auch wieder näher bei der eigentlichen Botschaft von Weihnachten.
Ich wünsche mir, dass es den Menschen gelingt, trotz der Corona-Auflagen miteinander verbunden zu bleiben – und dass wir in der Weihnachtsbotschaft die Kraft und Ermutigung finden, um uns gemeinsam den vielen Herausforderungen zu stellen und erfahren zu können, wie sehr uns dabei ein gutes und achtsames Miteinander trägt.“
Dr. Matthias Strobel, Leitender Oberarzt in der Inneren Medizin im Marienkrankenhaus St. Wendel: „Ich habe dieses Jahr an Weihnachten oberärztlichen Hintergrunddienst in unserer Klinik. Zuerst beginnt der Tag wie ein normaler Arbeitstag. Ich werde mich mit meinem diensthabenden Team treffen, wir werden visitieren, untersuchen, besprechen, therapieren und mit etwas Glück auch noch einige Menschen aus der stationären Therapie entlassen können, damit sie Weihnachten zuhause verbringen können. Bisher waren Feiertage in einem Krankenhaus oft von einer besonderen Stimmung beseelt, derzeit stehen jedoch alle unter Strom, der Stresspegel ist deutlich höher.
Am Nachmittag werde ich mich, wenn kein Notfall dazwischenkommt, in den Rufdienst nach Hause verabschieden. Meine Frau und ich versuchen, unseren Kindern besonders in diesem Jahr ein ruhiges und geborgenes Fest zu schenken. Sie haben in den vergangenen Monaten zu oft unsere Sorgen und Schwierigkeiten in der Bewältigung des Alltags mitbekommen. Natürlich wird Heiligabend anders als in den Jahren zuvor, da wir in einem sehr kleinen Kreis feiern werden, aber vielleicht tut auch gerade diese Ruhe nach diesem Jahr gut. Man selbst kommt nicht so zur Ruhe, wenn man weiß, dass man bei einem Notfall jederzeit in die Klinik fahren muss.
Ich hoffe sehr, dass wir ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest haben werden. Was all die Jahre häufig als Phrase gewünscht wurde, ist jetzt wichtiger denn je. Die vergangenen Monate haben meine Frau und mich, wie ganz viele Menschen, beruflich und privat oft an die Grenzen gebracht. Würde es uns gelingen, an diesem und den folgenden Tagen etwas Ruhe zu finden, wäre das ein großes Geschenk.
Ich wünsche mir für viele Menschen nicht nur Besinnlichkeit, sondern auch Besinnung. Es ist ungewiss, was wir an diesem Tag an Schicksalen in der Klinik erleben werden, es schmerzt jedoch zu wissen, dass einige dieser Schicksale durch Rücksicht und Klugheit hätten verhindert werden können. In unserer Klinik schauen viele mit Sorge auf die nächsten Wochen, da wir dann die nicht absehbaren Folgen der Nichteinhaltung der Corona-Regelungen an den Feiertagen tragen werden. Insofern wünsche ich mir, dass die Menschen sich an die Regelungen und den Lockdown halten.“
Klaus Leist, Pastor in der Pfarreiengemeinschaft St. Wendel: „Heiligabend ist für mich ein ganz besonderer Tag im Jahr. Am späten Vormittag werde ich eine alleinstehende Person, die in den vergangenen Wochen einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat, besuchen und beschenken. Den Nachmittag werde ich in Ruhe mit adventlicher Musik gestalten und mich auf die beiden Christmetten um 18 Uhr in der Pfarrkirche in Bliesen und um 22 Uhr in der Basilika vorbereiten und mich auf Weihnachten einstimmen.
Für Heiligabend und die Weihnachtstage wünsche ich mir, dass die Botschaft von Weihnachten, die Botschaft der Menschwerdung Gottes, die Botschaft der Liebe, des Friedens, der Freude und die Erfahrung der Nähe Gottes die Herzen der Menschen erreicht und ihnen Hoffnung, Mut und Zuversicht schenkt.“