Spiel um Schrecken des Alterns

Saarbrücken · Auf Initiative der Schauspielerin Birgit Giokas feiert am Freitag ein hochgelobtes Zwei-Personen-Drama des französischen Autors William Pellier im Schlosskeller Premiere.

 Die Saarbrücker Schauspielerin Birgit Giokas mit ihrem französischen Bühnenpartner Alphonse Walter. Foto: Iris Maurer

Die Saarbrücker Schauspielerin Birgit Giokas mit ihrem französischen Bühnenpartner Alphonse Walter. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

"Meine Frau und ich bringen uns in zwei Wochen um." Mit diesem Paukenschlag beginnt "Wir waren - La vie de marchandise", ein Theaterstück des französischen Autors William Pellier. 2012 erlebte das Zwei-Personen-Drama seine Schweizer Uraufführung und lief während "Primeurs", dem Festival zeitgenössischer frankophoner Dramatik, als szenische Lesung am Saarländischen Staatstheater (SST). Dort erhielt es den Publikumspreis und wurde vom SR als Hörspiel produziert. Nun feiert das Stück im Schlosskeller Premiere, in einer Kooperation des Saarbrücker Parnass-Theaters mit dem Lothringer Theater aus Meisenthal.

Pelliers Text kann als Sozialreport gelesen werden und verstört mit drängenden gesellschaftlichen Fragen: Wie gehen wir mit einer immer älter werdenden Gesellschaft um? Wie gehen alte Menschen selbst damit um? Das namen- und kinderlose alte Ehepaar in Pelliers Stück glaubt, eine Lösung gefunden zu haben: Es plant seinen eigenen Selbstmord, solange man noch Herr über seine Sinne und Kräfte ist. Doch die Beiden verpassen den richtigen Zeitpunkt und landen im Pflegeheim, wo die Situation eintritt, die sie vermeiden wollten.

"Ich habe das Stück bei Primeurs entdeckt. Es hat mich berührt, ich wollte es unbedingt machen", erzählt die freie Schauspielerin Birgit Giokas (Parnass-Theater). Für die Regie gewann sie ihren Kollegen Sepp Scheepers, ehemaliges festes Mitglied im Schauspielensemble des SST, mit dem sie schon mehrere freie Produktionen realisiert hat. Ihr Bühnenpartner ist der Franzose Alphonse Walter. Er leitet das Lothringer Theater in Meisenthal bei Saargemünd, das in einer ehemaligen Fabrik untergebracht ist und Stücke auf französisch und in Mundart aufführt. Das semi-professionelle Theater profitiert von einer Kulturstiftung - Bedingungen, von denen Giokas nur träumen kann. Zwar erhält sie für die Produktion unter anderem einen Zuschuss vom Saarbrücker Kulturamt, doch der reiche gerade für Gagen, Rechte und sonstige Kosten.

Sprechtheater hat es schwer

"Ohne die Unterstützung von Uni und Regionalverband hätte ich nicht produzieren können", sagt Giokas - die städtische Förderpolitik lasse das Sprechtheater ausbluten. Einen Proberaum konnte sie auf eigene Initiative in der Bruchwiesenschule organisieren. Viel Ausstattung braucht das Stück nicht, statt eines Bühnenbilds genügt eine Video-Projektion (Robert Ditsch). Die Handlung wird wenig chronologisch über Rückblenden erzählt; das Stück ist als Dialog zwischen den zwei Personen und dem Publikum angelegt. Jedoch muss dieser Dialog vom Ensemble erst interpretiert werden: Es gibt keine Satzzeichen, und es ist unklar, wer gerade spricht - sie oder er? Im Unterschied zum französischen Originaltext, der extrem umgangssprachlich geschrieben sei und somit realistisch Kleinbürgermentalität und gut situiertes Arbeitermilieu spiegele, sei die deutsche Übersetzung weitaus literarischer, erzählt Walter.

Premiere von "Wir waren - La vie de marchandise": Freitag, 25. Oktober, 20 Uhr, Schlosskeller. Wieder: 6., 8., 15. und 16. November. Karten an der Abendkasse

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