Sparen an der Integration

Saarbrücken. Franz-Josef Koenen trifft die Nachricht völlig unerwartet. Der 57-jährige Soziologe wird seinen Arbeitsplatz bei der Arbeitsstelle für Migration und gegen Fremdenfeindlichkeit (AMF) in Völklingen Ende des Jahres verlieren. Das Projekt ist eines von vier Integrationsprojekten, das laut Sozialministerium "auslaufen" wird

 Zahra Eftechari (r.) kümmerte sich bei der Bouser Bildungsmesse 2009 um junge Einwanderer. Archivfoto: Bodwing

Zahra Eftechari (r.) kümmerte sich bei der Bouser Bildungsmesse 2009 um junge Einwanderer. Archivfoto: Bodwing

Saarbrücken. Franz-Josef Koenen trifft die Nachricht völlig unerwartet. Der 57-jährige Soziologe wird seinen Arbeitsplatz bei der Arbeitsstelle für Migration und gegen Fremdenfeindlichkeit (AMF) in Völklingen Ende des Jahres verlieren. Das Projekt ist eines von vier Integrationsprojekten, das laut Sozialministerium "auslaufen" wird. Insgesamt spart das Ministerium in der Integrationspolitik 253 000 Euro ein. Die halbe Stelle von Koenen - rund 30 000 Euro im Jahr - wird nicht mehr finanziert. "Das ist ein herber Verlust", sagt Koenen, der nach eigenen Angaben seit 21 Jahren bei dem Projekt beschäftigt war. Angesichts der aktuellen Debatte über Islam und Integration sei die Einsparung sogar ein "absurder Treppenwitz". Denn gerade in Völklingen, wo der Anteil muslimischer Mitbürger wie auch der NPD-Wähler hoch ist, sei der interreligiöse Dialog umso wichtiger. Neben Seminaren und Vorträgen bietet die Arbeitsstelle unter anderem Moscheeführungen an.

Vermitteln zwischen Kulturen

Auch die AMF in Dillingen ist von der Einsparung betroffen. Allerdings wird Zahra Eftechari, die seit zwölf Jahren die Arbeitsstelle leitet, bei der Awo, dem Trägerverein, unterkommen. Die gebürtige Iranerin hat Sprach- und Integrationskurse für Frauen, Seminare und Arbeitsgruppen organisiert - mit dem Ziel, Fremdenfeindlichkeit abzubauen und in so genannten interkulturellen Runden Einheimische und Migranten in Kontakt zu bringen. "Das Besondere an dem Projekt war meine Rolle als Migrantin, die zwischen Menschen verschiedener Kulturen vermittelt", sagt Eftechari.

Suche nach Alternativen

Ebenfalls gestrichen wird die Kommunale Migrationssozialarbeit (Komig) im Landkreis Saarlouis, deren Träger die Caritas ist. "Diese Einsparung trifft uns hart", sagt Hermann-Josef Nieren, Geschäftsführer des Caritasverbandes Saar-Hochwald. Zur Zeit werde noch nach Alternativen gesucht. Das Besondere an dem Projekt, das seit vier Jahren existiert, sei es, Migranten zu helfen, in Vereinen Fuß zu fassen. "Da gibt es viele Hemmschwellen von beiden Seiten. Wenn der erste Schritt begleitet wird, fällt die Integration leichter", sagt Caritas- Geschäftsführer Nieren.

Das Stadtmitteprojekt Homburg, ein Jugendtreff und eine Beratungsstelle für Jugendliche mit Migrationshintergrund, wird ebenfalls nicht mehr vom Land bezuschusst. "Der Sozialausschuss wird noch über die Finanzierung beraten. Die Stadt hofft, das Projekt zusammen mit dem Landkreis fortzuführen, aber wahrscheinlich nur in abgespeckter Form", sagt Jürgen Kruthoff, Sprecher der Stadt Homburg.

Gaby Schäfer, Integrationsbeauftragte der Landesregierung, begründet die Einsparungen damit, Doppelstrukturen vermeiden zu wollen. Die Themen Toleranz und Fremdenfeindlichkeit würden unter anderem vom Landesinstitut für präventives Handeln (LPH) abgedeckt. "Gerade zu den Themen Toleranz und Fremdenfeindlichkeit besteht inzwischen ein dichtes Netz an Angeboten in Schulen, Kitas, Vereinen und in der freien Jugendarbeit. Auch das LPH leistet hierzu einen wichtigen Beitrag", sagt Schäfer. Nach wie vor gebe es über 40 Integrationsprojekte.

Zudem würden trotz Spardrucks zwei neue Stellen für Integrationslotsen geschaffen. Modellprojekte seien zudem nicht auf Dauerfinanzierung angelegt. Aufgaben wie die Jugendarbeit seien bei den Kreisen und dem Regionalverband angesiedelt.

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