Sondermüll-Deponie in Fitten? LUA: Deponie erfüllt technische Voraussetzungen

Fitten. Große Aufregung im Merziger Stadtrat wegen der Mülldeponie Fitten. Grund: Die für die Deponie zuständige Aufsichtsbehörde, das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA), hat auf einen Antrag des Deponiebetreibers, des Entsorgungsverbandes Saar (EVS), die Betriebsgenehmigung für die Deponie neu gefasst

Fitten. Große Aufregung im Merziger Stadtrat wegen der Mülldeponie Fitten. Grund: Die für die Deponie zuständige Aufsichtsbehörde, das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA), hat auf einen Antrag des Deponiebetreibers, des Entsorgungsverbandes Saar (EVS), die Betriebsgenehmigung für die Deponie neu gefasst. Damit werden für bestimmte Schadstoffarten, die auf der Deponie abgelagert werden dürfen, die Grenzwerte (im Behördendeutsch: "Zuordnungswerte") neu festgesetzt (siehe Infokasten).Kritiker argwöhnen, dass damit "durch die Hintertür eine Sondermüll-Deponie in Fitten" eingerichtet wird, wie es Stadtratsmitglied Dieter Heinrich formulierte. Heinrich wies darauf hin, dass die Deponie Fitten seinerzeit "unter strengen Auflagen als Hausmülldeponie" genehmigt worden sei. Er kritisierte auch, dass das LUA die Stadt Merzig lediglich über die Genehmigungsänderung informiert habe, aber der Stadt keinerlei direkte Beteiligungsmöglichkeit eingeräumt worden sei. Für Heinrich untragbar: "Hier müssen zwingend die Ortsräte gehört werden."

Dies sei aus formalen Gründen nicht möglich, erläuterte Oberbürgermeister Alfons Lauer: "Das Einvernehmen der Kommune ist in dieser Angelegenheit verfahrensrechtlich nicht erforderlich." Heinrichs geforderter Widerspruch gegen die Genehmigungsänderung werde wirkungslos bleiben.

Dies bezweifelte SPD-Fraktionschef Dieter Ernst: "Ich weiß nicht, ob die Stadt tatsächlich kein Einspruchsrecht besitzt." Nach all den negativen Erfahrungen, die Merzig in der Vergangenheit mit der Deponie Fitten gemacht habe, sei allem, was "aus Saarbrücken" zu deren Betrieb geäußert werde, zu misstrauen, fand Ernst: "Wehret den Anfängen, ist das vielleicht der erste Schritt hin zu einer Giftmülldeponie?" Auch Patrick Maurer sah für die FDP noch "erheblichen Informations- und Diskussionsbedarf". Bernd Seiwert (CDU) sagte: "Uns hat irritiert, dass eine so umfassende Änderung der Einbringungs-Richtlinien quasi per Verwaltungsakt vollzogen wurde." Dennoch widersprach er dem Verdacht, dass durch die jetzt vollzogene Genehmigungsänderung die Lagerung von Giftmüll in Fitten möglich gemacht werden solle: "Die davon erfassten Schadstoffarten sind alles Abfallstoffe, die mit dem Wohnen, Leben und Arbeiten der Menschen in dieser Region zu tun haben." Andreas Frech (Freie Wähler) erklärte, ihn verwundere die kontroverse Diskussion im Stadtrat, nachdem die vorhergehende Beratung im Ausschuss, bei der ein LUA-Vertreter die Details der Genehimgungsänderung erläutert habe, ganz anders abgelaufen sei. Frech gab zu bedenken: "Wir können nicht ständig den Müll, den wir selbst erzeugen, irgendwo anders hinkarren." Auch Grünen-Fraktionschef Klaus Borger, unterstrich, dass es nicht um die Neu-Genehmigung der Deponie gehe, sondern um eine Neufassung der Einlagerungsbestimmungen auf Basis der bestehenden Genehmigung. Fitten sei, wie Bürgermeister Fredi Horf ergänzte, als "Deponie für mineralische Abfälle (Deponieklasse II)" zugelassen. Dies bedeutet, dass zum Beispiel alter Straßenbelag aus Aufbrucharbeiten im Straßenbau dort abgelagert werden kann. "Hier wird etwas gemacht, was zum Vorteil vieler Bürger und Firmen in dieser Stadt ist."

Das sah Matthias Görgen, CDU-Ratsmitglied und Ortsvorsteher von Fitten, allerdings anders: "Ich habe meine Probleme mit einer wie auch immer gearteten Erweiterung der Betriebsgenehmigung für diese Deponie." Er könne noch heute den Betreibern der Anlage "nicht alles abnehmen und glauben". Saarbrücken. Das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) erklärte auf SZ-Anfrage, die Anlage in Fitten sei in der ursprünglichen Betriebsgenehmigung von 1984 und 1998 ausschließlich zur Lagerung von Hausmüll vorgesehen. Allerdings sei seit 2005 die Ablagerung von unbehandeltem Hausmüll nach EU-rechtlichen Vorgaben verboten. Schon 2002 wurde durch das damals zuständige Umweltministerium "ein umfangreicher Katalog an Abfällen zur Ablagerung zugelassen". Es handele sich dabei im Wesentlichen "um ein Spektrum an mineralischen Abfällen aus industriellen Prozessen (zum Beispiel Gießereisande), aus Anlagen der Abfallbehandlung, Abwasserbehandlung und Wasseraufbereitung sowie aus dem Bereich Siedlungsabfälle". Dieser Katalog zugelassener Abfälle sei durch die jetzt erfolgte Genehmigungsänderung nicht erweitert worden. Allerdings seien die "Zuordnungswerte" (worunter man Grenzwerte verstehen kann) für die maximale Schadstoffbelastung bestimmter Abfälle neu gefasst worden.

Kontrollmechanismen

So zum Beispiel im Falle der Polycyclischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), die in Kohle und Erdöl enthalten sind und deren bekannteste Vertreter das Naphtalin ist. PAK finden sich unter anderem in alten Straßenasphalten, in Teerpappe oder Teer-Imprägnierungen. Nach der jetzt vollzogenen Genehmigungsänderung dürfen in Fitten Abfälle eingelagert werden, die bis zu 400 Milligramm PAK pro Kilo enthalten - wobei bereits bei einer Konzentration von 100 Milligramm pro Kilo diese Abfälle nach den Kriterien des Abfallrechtes als potenziell gefährlich gelten. Das LUA weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass für die Einlagerung der Abfälle in der Bundes-Deponieverordnung verbindliche Auflagen zu Betriebsabläufen, Kontrollmechanismen und Sicherungsmaßnahmen gemacht werden. Die Deponie Fitten erfülle die technischen Voraussetzungen zur Ablagerung der genannten schadstoffhaltigen Abfälle. cbe

hintergrund

Folgende Stoffe dürfen laut der Genehmigung des LUA unter anderem auf der Deponie Fitten eingelagert werden: ölhaltige Bohrschlämme, Metallabfälle, Rost- und Kesselasche, Schlacken, Gießformen und -sande aus der Eisen- und Stahlproduktion, schwefelhaltige Abfälle aus der Ölentschwefelung, Rotschlammm aus der Aluminium-Oxid-Herstellung. cbe

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