So werden aus Wahlplakaten Pullis

Tausende Wahlplakate im Saarland sind auf Kunststoff, auf Polypropylen (PP) gedruckt worden. Jetzt, nach den Wahlen, werden die Plakate abgehängt, geschreddert und in China zu Fleece-Pullis oder Spielzeug verarbeitet.

Saarbrücken. Noch hängen sie vielerorts windschief an Laternenmasten oder Baumstämmen, aber ihre Zeit läuft ab: Die vielen tausend Werbeplakate für Europa- und Kommunalwahlen im Saarland, auf denen Politiker mit ihren Gesichtern mal erfolgreich, mal weniger erfolgreich um Stimmen warben, werden in diesen Tagen eingesammelt. Doch wo landen die verbrauchten Plakate? "Unsere Plakate werden ganz normal entsorgt. Über die Firma Braun und Klein in Ensheim, wo sie auch gedruckt worden sind", erklärt FDP-Sprecherin Birte Thiel.

Auch die CDU-Saar hat in Ensheim drucken lassen und entsorgt auch dort ihre alten Schätzchen. "Wir haben schätzungsweise zwei Drittel Polypropylen-Plakate gehängt, das andere Drittel waren Papierplakate", berichtet CDU-Landesgeschäftsführer Jörg Kohl. Der Trend zu den wetterfesteren Kunststoff-Plakaten ist klar absehbar.

SPD und Linke haben in derselben Firma ihre Bewerber auf PP bringen lassen. "Nur NPD-Plakate würden wir niemals drucken. Aus Prinzip nicht und weil wir einige Mitarbeiter mit ausländischen Wurzeln haben", betonte Braun-Klein-Mitinhaber und Mitgeschäftsführer Gerhard Klein. Er bestätigte, dass die PP-Plakate auch wieder in Ensheim zurückgenommen werden, um über Entsorger weiterverwertet zu werden.

Zunächst werden die nun in trauter Eintracht über- und untereinander liegenden Politiker-Plakate von einer Saarbrücker Firma zu ein Meter hohen Ballen gepresst. Anschließend ins Allgäu verfrachtet, werden die Ballen dort zu PP-Granulat geschreddert.

Am Ende jedoch verlassen die nunmehr politisch unkenntlich gemachten Wertstoffe Europa. Wie ein Sprecher einer Vermarktungsfirma in Kaiserslautern der SZ berichtete, werde das Granulat in großen Containern über eine holländische Firma nach China verschifft. Dort würde das Granulat etwa in der Textilindustrie zur Herstellung von Fleece-Pullis oder in der Spielwarenindustrie verwendet.

Linkspartei-Sprecherin Birgit Huonker sagt, dass ihre Partei die Plakate nicht zurückgebe, sondern selbstständig über kommunale Wertstoffhöfe entsorge. Auch SPD-Sprecher Thorsten Bischoff sagt, dass die SPD ihre Polypropylen-Plakate über Wertstoffhöfe entsorge, wo sie "hundertprozentig recycelt" würden. Den weiteren Recycling-Weg kennen aber weder Huonker noch Bischoff.

Nur die Grünen haben im Wahlkampf auf Papier gesetzt. Wie Landesgeschäftsführer Markus Tressel sagte, würden die Plakatträger aus Hartfaser-Material mehrfach überklebt. "Wie bei den Tapeten zuhause." Nicht mehr taugliche grüne Papierplakate würden von einer Recycling-Firma entsorgt. Im bevorstehenden Landtagswahlkampf wollen die Grünen laut Tressel jedoch auch wieder PP-Plakate einsetzen, wie bereits 2004.

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Dietmar Klostermann (SZ)

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