So lässt sich die Liebe zum Lesen wecken

Persönliche, sinnliche Erfahrung - das ist ein Kernelement in Gudrun Sulzenbachers Übungen. Die promovierte Pädagogin aus Südtirol schreibt Kindersachbücher und veranstaltet Workshops zur Leseförderung. Der Friedrich-Bödecker-Kreis (siehe: "Stichwort") lädt sie häufig zu Lesungen ein

Persönliche, sinnliche Erfahrung - das ist ein Kernelement in Gudrun Sulzenbachers Übungen. Die promovierte Pädagogin aus Südtirol schreibt Kindersachbücher und veranstaltet Workshops zur Leseförderung. Der Friedrich-Bödecker-Kreis (siehe: "Stichwort") lädt sie häufig zu Lesungen ein.So wie die Lehrer bei ihrer Fortbildung an der Erweiterten Realschule in Überherrn (ERS) sollen auch die Schüler später durch Erfahrung profitieren. "Es ist wichtig, Schlüsselqualifikationen nicht isoliert zu lernen", sagt sie. Dazu gehören lesen, vorlesen und zuhören. An dem Workshop nehmen über 20 Lehrerinnen und Lehrer von den Erweiterten Realschulen in Überherrn und Wallerfangen und der Gesamtschule Riegelsberg teil.

Spielerische Szenarien

In den Übungen geht es darum, sich von üblichen Lesegewohnheiten zu befreien. In spielerischen Szenarien werden Konzentration gesteigert und Kreativität gefördert. Auch das Interesse am Lesen soll geweckt werden.

"Auf Kongressen sprechen häufig alle dieselbe Sprache", erklärt Sulzenbacher das Prinzip ihrer Methoden, "aber jeder hat seine eigenen Bilder im Kopf. Hier machen die Teilnehmer alles selbst und erfahren es unmittelbar."

Im Filmsaal der ERS haben die Lehrer dazu einen Sitzkreis gebildet. In ihrer Mitte liegen aufgeschlagene Kindersachbücher zu den unterschiedlichsten Themen - Unterwasserwelten, Handwerk, das alte Ägypten. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind reich bebildert und mit vielen kleinen Textblöcken gestaltet.

"Bei Kindern muss das Interesse noch mehr als bei Erwachsenen durch Gestaltungsmittel aufrechterhalten werden", sagt Sulzenbacher. Zwischentitel sind ein solches Gestaltungsmittel. So heißt auch eine der Übungen. Dabei tragen die Teilnehmer in Zweiergruppen aus einem der Bücher Zwischentitel vor, die sie besonders gut finden.

Danach werden sie selbst aktiv: Für die kurzen Textblöcke in einem Übungstext müssen sich die Teams spannende und treffende Zwischentitel überlegen. Am Ende werden sie mit denen aus dem Originaltext verglichen.

Der Sinn dieser Übung? Sie schärft das Bewusstsein für den Zusammenhang von sprachlicher Form und Inhalt. Wer einen Zwischentitel überlegt, setzt sich intensiv mit dem Text auseinander.

In Überherrn ist Sulzenbacher jetzt zum vierten Mal. Anke Jänicke war immer dabei. Sie ist Deutschlehrerin an der ERS und hat die Fortbildung mit der Tirolerin organisiert. Schon oft hat sie Methoden aus den Lehrgängen in ihren Klassen umgesetzt.

Praktischer Ansatz hilft

So wie die Wäscheleine: "Die Schüler haben sich sehr dafür interessiert und die Bücher aus der Übung danach ausgeliehen", erzählt sie. Auch den praktischen Ansatz bei den Workshops schätzt Jänicke: "Wenn man die Übungen selbst gemacht hat, kann man sie später viel leichter in der Klasse umsetzen."

Auch im direkten Kontakt mit Kindern geht es darum, verschiedene Sinne anzusprechen. So wie bei der Autorenlesung zu ihrem Kindersachbuch über "Ötzi" in der Stadtbibliothek Saarlouis. Dort erzählt die Autorin von ihren Recherchetouren in die Ötztaler Alpen, projiziert Bilder auf eine Leinwand. Dazwischen spielt sie ein Stück aus ihrem Hörbuch zum Thema vor. Pause, einmal alle aufstehen und strecken. Weiter geht's. Am Ende darf jeder noch ein Stück gegerbtes Ziegenleder anfassen, das Sulzenbacher nach Vorbild von Ötzis Unterhose anfertigen ließ.

Georg André von der Stadtbibliothek ist vom lebendigen Vortrag begeistert: "Die vielen praktischen Elemente waren für die Kinder sehr interessant." Zudem fördert der Kontakt zu Autoren das Interesse an Büchern. "Wenn die Kinder einen Autor erleben, bekommen sie einen besseren Zugang zum Buch", sagt André.

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