Sicherheitslage So ist das Saarland auf Terror vorbereitet

Saarlouis · Ein Einsatz von Polizei und Bundeswehr liefe nicht reibungslos, lautet die Bilanz einer gemeinsamen Übung.

 Im März 2017 veranstalteten Polizei und Bundeswehr erstmals eine gemeinsame Übung zur Terrorismus-Abwehr.  In Saarbrücken informierten sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (rechts) und die damalige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) über die Zusammenarbeit.

Im März 2017 veranstalteten Polizei und Bundeswehr erstmals eine gemeinsame Übung zur Terrorismus-Abwehr. In Saarbrücken informierten sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (rechts) und die damalige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) über die Zusammenarbeit.

Foto: picture alliance / Oliver Dietze/Oliver Dietze

Drei Tote, 19 Verletzte in Münster. Zwölf Tote, 55 Verletzte in Berlin. 35 Tote, mehr als 300 Verletzte in Brüssel. Terroristen und Amokläufer versuchen, bei Anschlägen so viele Menschen wie möglich zu treffen. Darauf müssen Sicherheitsbehörden und Rettungskräfte vorbereitet sein – auch im Saarland.

Im vergangenen Jahr fand im Saarland und in vier weiteren Bundesländern erstmals eine gemeinsame Antiterror-Einsatzübung von Bundeswehr und Polizei statt. Am Mittwoch zog das Landeskommando Saarland bei einem Workshop zur Zivil-Militärischen Zusammenarbeit im Saarland in Saarlouis Bilanz.

Die Größe beziehungsweise Kleinheit des Saarlandes habe sich bei der Übung als Vorteil erwiesen, erläuterte Polizeioberrat Thorsten Weiler vom Innenministerium. Die kurzen Wege und die Überschaubarkeit der handelnden Personen erleichterten den Informationsaustausch zwischen den unterschiedlichen Gruppen. Problematisch werde es hingegen, wenn es darum geht zu entscheiden, ob die Bundeswehr im konkreten Fall überhaupt eingesetzt werden darf.

Aufgrund der komplizierten Entscheidungswege sei das übergeordnete Ziel, im Bedarfsfall schnellstmöglich auf die Fähigkeiten der Bundeswehr zugreifen zu können, in keinem der fünf Bundesländer erreicht worden, sagte Oberst Klaus Peter Schirra, Kommandeur des Landeskommandos Saarland. Fälle, in denen die Bundeswehr im Innern mit hoheitlichen Befugnissen eingesetzt werden sollen, müssen auf Ebene des Bundesministeriums entschieden werden. Zuvor durchlaufen die Anträge mehrere Stufen auf Landesebene. So kam es, dass ein Antrag zur Entsendung eines Sanitätstrupps zweieinhalb Stunden bis zur Genehmigung brauchte, so Schirra. Bei einzelnen Anträgen habe die Bearbeitung bis zu vier Stunden gedauert.

„Das geht in solch einer Lage nicht“, sagte der Kommandeur. Alle Beteiligten hätten das erkannt und würden darum daran arbeiten, das Verfahren einfacher und effizienter zu machen. In einer konkreten Gefahrenlage würden die Dinge ohnehin unkomplizierter geregelt, ist Schirra überzeugt: „Wenn mich mein Landrat anruft, setze ich die Truppen schon mal in Bewegung. Stoppen kann man sie immer noch, wenn das Nein aus Berlin kommt.“

Obwohl dem Einsatz der Bundeswehr im Innern durch das Grundgesetz enge Grenzen gesetzt sind, kann ein Bundesland zur Unterstützung der Polizei bei Naturkatastrophen oder „in einem besonders schweren Unglücksfall“ Streitkräfte anfordern. Für sogenannte Massenanfälle von Verletzten unterhalb der Katastrophenschwelle ist der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) Saar zuständig. Dabei geht es um eine Situation mit bis zu 50 Verletzten, die zeitlich und örtlich begrenzt ist. Das kann ein Brand, eine Explosion, ein Bus- oder Zugunglück oder eben ein Amok- oder Terrorfall sein. Für die Rettungskräfte bedeuten solche Ausnahmezustände zunächst Chaos. „Ziel ist es zu verhindern, dass sich das Chaos von der Einsatzstelle in die Krankenhäuser verlagert“, sagt ZRF-Sprecher Lukas Hoor.

Die Koordination im Ernstfall erfolgt über die Integrierte Leitstelle des Saarlandes beim Klinikum Saarbrücken. 120 Einsatz-, Kranken- und Rettungswagen können von hier aus entsandt werden. Innerhalb von 15 bis 20 Minuten müssen zwei leitende Notärzte am Ort des Geschehens sein, erklärt Dr. Thomas Schlechtriemen, Leiter des Rettungsdienstes im Saarland. Weitere Einsatzfahrzeuge sollen schon Minuten nach dem Notruf eintreffen.

Entscheidend ist, die Bedarfslage der Patienten schnellstmöglich einzuschätzen. Zur Orientierung nutzen die Einsatzkräfte einen Algorithmus, eine genau festgelegte Abfolge von Handlungsanweisung, mit denen der Zustand der Patienten bewertet wird. Je nach Kategorie werden sie versorgt und in die Krankenhäuser der Region verteilt. Die Kliniken sind verpflichtet, die Patienten aufzunehmen – unabhängig von ihrer sonstigen Auslastung, erläutert Schlechtriemen.

Im Terror- oder Amokfall verschärft sich die Arbeit für die Rettungskräfte noch dadurch, dass sie im Einsatz selbst zu potenziellen Ziele von Attacken werden. Darum gehen sie nicht selbst in die Gefahrenzone, erläutert Lukas Hoor. Die Polizei müsse die Opfer in solchen Fällen zunächst aus der Gefahrensituation herausbringen.

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